Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 45, Bd. 4, 1885)

Die Mauerlatte in konstruktiver und architektonischer Beziehung. 
Fi⸗— 
Zum Beschlusse unserer Veröffentlichung über die Geub'schen 
Neubauten bringen wir in der heutigen Nummer die Façaden 
Details des Werkstattgebäudes. Wie schon früher bemerkt, wurde 
die Vorderfront der Werkstatt aus rothen und gelben Nippes'er 
Blendsteinen hergestellt unter Verwendung weniger Formsteine. 
Fig. 6 stellt die Ansicht, Fig. 7 einen Vertikalschnitt und Fig. 8 
Die Mauerlatte in konstruktiver und architek 
tonischer Beziehung. 
(Hierzu 3 Fig.) 
Als ein Hauptübelstand bei Massivbauten ist das Einlegen 
von Holzkonstruktionstheilen in die Wände zu betrachten und sind 
deshalb schon vielfache Versuche gemacht, demselben abzuhelfen 
Der erste Schritt, welchen man in dieser Sache that, war 
der, die im Mauerwerk liegenden Holzkonstruktionstheile möglichst 
zu beschränken d. h. alle irgend entbehrlichen Holztheile ganz fort— 
zulassen. Für einen solchen entbehrlichen Konstruktionstheil gal— 
aun vor Allen die Mauerlatte: ob mit Recht oder Unrecht, werden 
wir sehen. 
Dieselbe ist und war dazu bestimmt einerseits das Zulegen 
der Balken zu erleichtern, andrerseits vornehmlich den Druck der 
Balken gleichmäßiger auf die ganze Wand zu vertheilen; diesen 
Bestimmungen genügte sie, wenigstens so lange sie intakt blieb, 
durchaus, hatte aber gleichzeitig den Nachtheil, in ihrer luftdicht 
abgeschlossenen Lage bald durch Fäulniß angegriffen zu werden und 
dadurch Veranlassung zum Versacken wie auch zur Fäulniß der 
aufliegenden Balken zu geben. 
Man suchte nun zunächst dadurch, daß man die Mauerlatte 
dicht an die Innenfläche der Wand verlegte, wenigstens eine Luft— 
zuführnung zu ermöglichen, da aber das Holz in den meisten Fällen 
nicht sichtbar blieb, vielmehr einen Kalk oder Lehmverputz erhielt, 
so konnte auch bei dieser Konstruktion von keinem Schutz zur Kon— 
serpviruna des Holzes die Rede sein 
Fio. 1 
Fia. 2 
Es wurde deshalb in Vorschlag gebracht, die Mauerlatte ganz 
frei vor die Wand auf Konsolen zu legen und damit wäre in 
Wirklichkeit der Zweck vollkommen erreicht; allein schaut man sich 
nach Ausführungen um, welche diese Konstruktion zeigen, so wird 
man bald genug erkennen, wie dieselbe nur äußerst selten ange— 
wendet ist, einerseits weil angeblich solche Anordnung eine Erhöhung 
der Baukosten veranlaßt, andererfeits weil meistentheils die Mühe 
gescheut wird, diese Konstruktion mit der Innenarchitektur der betr. 
Räume in geeignete Verbindung zu bringen. Jedenfalls ist dies 
eine sehr bedauerliche Thatsache. deren Werth noch höher anzu— 
und 9 zwei Horizontalschnitte durch das Erdgeschoß bezw. erste 
Stockwerk dar. Im Uebrigen dürften die Figuren durch das in 
der vorletzten Nummer Gesagte genügend erläntert sein. 
Berlin, im Auqust 1885. 
Peiffhoven, 
Read.Baumeister. 
schlagen ist, wenn die aus dieser Konstruktion hervorgehenden Konse— 
quenzen in Betracht gezogen werden. 
Ein Blick auf die obenstehende Figur 1 zeigt schon, daß bei 
vorgelegter Mauerlatte die in die Wand eingreifenden Balkenköpfe 
unbeschadet der Stabilität und Solidität der Balkenlage wie des 
ganzen Gebäudes fortgelassen, die Balken also vor der Mauer ab— 
geschnitten werden können, so daß auch sie vor Feuchtigkeit und 
Fäulniß geschützt werden. Sonach würden, wenn man dieselbe 
Anordnung auch bei den Mittelwänden träfe, die Holztheile einer 
Balkenlage sämmtlich vollständig frei zu liegen kommen, eine Fäulniß 
derselben könnte also nicht mehr stattfinden. 
Die von den durchgehenden Balken bewirkte Verankerung der 
Frontwände läßt sich durch Verbindung entsprechender Balken mittelst 
einer durch die Wand reichenden Eisenschiene leicht bewerkstelligen. 
Zu dem Vortheil der besseren Konservirung des Holzes tritt 
außer der Möglichkeit einer interessanteren und dabei einfachen 
Durchbildung der Innenarchitektur noch der konstruktive Vortheil 
der Verringerung der freitragenden Balkenlänge, woraus unter 
Umständen ganz erhebliche Vortheile resultiren koönnen. 
Wählt man z. B. als Konsolen für die Mauerlatte größere 
Kragsteine oder kurze Stückchen Eisenbahnschienen oder J Träaͤger 
in entsprechender Bekleidung, und läßt dieselben je nach den Um— 
tänden 0,3-0,620 und darüber frei vortreten, so kann die Mauer— 
atte um ebenso viel von der Wand entfernt gelegt werden (S. oben⸗ 
tehende Fig. 2) und die freie Balkenlänge wird entsprechend verkürzt, 
rin Umstand, der bei größeren Zimmertiefen von erheblichem Werthe 
ein kann, insofern, damit allzu große Holzstärken und schwerfällige 
Konstruktionen vermieden werden. 
Für ein Zimmer von 6,5—7,0 mm Tiefe, wie sie besonders 
in Schulen und andern öffentlichen Gebäuden gar nicht selten sind, 
würden die freien Balkenlängen auf 5,5 und 6,0 mm reduzirt werden 
und demnach folgende Vergleichsrechnung ergeben: Hat das Zimmer 
bei Om Länge und 7,0 m Tiefe keine vorgelegten Mauerlatten, 
so sind bei 9,9 m Entfernung der Balkenmitten, abgesehen von 
etwaigen Halbholzbalken längs der Scheidewände, erforderlich 
10 Balken à 7,5m. Länge. Das erforderliche Widerftandsmoment 
derselben unter Annahme von 500 Kg agleichmäßiger Relastung 
vro 1qm Fläche ergiebt sich als 
300. 09 
W-BS0O. — —vot. 39030 
Haben nun die Balken eine Höhe von 32 cm, so muß deren 
Breite Pp nach der Formel 
p. he—W— auä— 
23 cm betragen und erfordert deshalb diese Balkenlage einen Holz— 
aufwand von 10. 7,5. 28/339 ⸗ 5,5020 Kbm, welche zum Preise von 
156 Mk. pro kbmm 5,520. 45 — 248,4 Mk. Kosten verursachen. 
Liegen in demselben Raum die Balken auf 0, m vor der 
Wand herlaufenden Mauerlatten, so berechnen sich die Balken, wenn 
man von den, weniastens in Schulen nicht belasteten Enden. welche
	        

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