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Die Ventilation öffentlicher Gebäude. — Mittheilungen aus der Praxis.
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frische Luft, daher muß die schlechte Lust am tiefsten Punkte ab—
zeführt werden. Dieses Gesetz ist aber nur dann richtig, wenn
die verdorbene und frische Luft dieselbe Temperatur haben. Gehen
wir nun auf die Bildung der schlechten Luft zurück, so finden wir,
daß dieselbe ausgestoßen wird, mag dies nun durch die Lungen
oder durch die Haut geschehen, mit einer Temperatur von ca. 320 C.
Wegen dieser ziemlich hohen Temperatur hat also die schlechte Luft
zuerst das Bestreben, in die Höhe zu steigen, wobei jedoch die Ver—
dorbenheit der Luft die Geschwindigkeit des Emporsteigens mäßigen
wird. Bei einer bestimmten Temperatur der frischen Luft hörl
das Steigen der schlechten, 320 warmen Luft auf.
Diese Temperatur der frischen Luft beträgt ungefähr 29,40 C.
Vergessen darf man dabei nicht, daß beim Aufsteigen die schlechte
Luft diffundirt und die frische Luft in gewissem Grade verdorben
wird. Bedeutend mehr geneigt zum Aufsteigen sind die sich bei
der Gasbeleuchtung entwickelnden heißen Verbrennungsgase. Wird
dennoch frische Luft am höchsten Punkte einer geraäͤumigen Halle
eingeführt, so wird sie den aufsteigenden Säulen verdorbener Luft
begegnen und selbst verschlechtert werden, ehe sie die Insassen des
Raumes erreicht hat. Diese Verschlechterung wird ee
zunehmen, bis die von den Bewohnern ausgeathmete Luft die
Maximalgrenze der Verdorbenheit für guten Zufluß frischer Luft
erreicht häben wird. Trotzdem hat das abwärts gerichtete Einfluß—
ystem Vortheile wie Vermeidung der Zugluft und gleichmäßige
Zuführung der Luft uach allen Punkten des in Rede stehenden
Raumes. In Deutschland und Oesterreich besteht das allgemein
gebräuchliche System in der Zuführung der frischen Luft im oberen
Theil des Raumes während des Winters und im unteren Theil
des Raumes während des Sommers, wobei das Abziehen der
schlechten Luft jedesmal in entgegengesetzter Richtung erfolgt.
Aus allen unseren Betrachtungen geht nun hervor, daß unser
Hauptaugenmerk bei der Ventilation eines Gebäudes darauf ge⸗
richtet sein muß, eine gleichmäßige Zufuhr frischer Luft, die so
wenig als möglich mit der schlechten, bereits verbrauchten Luft in
Berührung kommt, vorzusehen. Letztere ist so schnell als irgend
möglich zu entfernen In den gewöhnlichen Fällen ist eine Luft—
zuführ von mindestens 028 kbm erforderlich, welche bei besonderen
Gebäudearten bis auf O,85—-0,9 kbm eäoben steigt.
Andererseits haben wir festgestellt, daß Zugluft durch sorg—
fältige Regulirung des Luftstroms, Temperatur und Feuchtigkeits—
gehalt der frischen Luft vermindert werden muß. Die sofortige
Verschlechterung der einströmenden Luft wird am besten verhindert
durch Einführung am tiefsten und Absaugen der verbrauchten Luft
m oberen Theile des Raumes.
Es sind jetzt die verschiedenen Methoden der Ventilation zu
vetrachten, welche zu diesen Zielen führen sollen. Anuf dreierle
Art und Weise können wir unseren Zweck erreichen: 1. Wir können
frische Luft hineintreiben und durch die propulsive Kraft der frischen
Luft den Abzug der schlechten Luft herbeiführen. 2. Wir könner
die schlechte Luft absaugen und der frischen Luft Gelegenheit geben,
die Stelle der ersteren einzunehmen oder 3. wir können die frische
Luft zum Eintritt zwingen und gleichzeitig die schlechte Luft ab—
saugen. Welche von dieser Methode zu wählen ist, wird im
Wesentlichen von den Geldmitteln abhängen, welche für die Ven—
tilationseinrichtung zur Verfügung stehen. —
Unter natürlicher Ventilation soll die Ventilation verstanden
werden, welche in einfachster Weise durch die natürliche Kraft der
in Bewegung befindlichen Luft hervorgebracht wird. Künstliche
Ventilation soll im Gegensatz hierzu die durch Anwendung einer
mechanischen Kraft hervorgebrachte Luftströmung und dadurch er
zielte Ventilation sein. Die natürliche Ventilation hängt haupt
sächlich von dem Temperaturunterschiede zwischen dem einströmenden
und ausströmenden Luftstrom ab. Je größer der Temperatur—
unterschied, desto größer die bewegende Kraft. Wenn einzelne
Oeffnungen eines Raumes der direkten Einwirkung des Windes
ausgesetzt sind, so wird dieser bestrebt sein, eine Luftströmung
hervorzuͤbringen. Dies ist die Ventilation der Baracken und
Krunkenhaus Pavillons. Der Luftdruck auf beiden Seiten der
Baracke oder eines Pavillons ist selten oder nie derselbe und wenr
daher die Fenster in den gegenüberliegenden Fronten geöffnet sind
so wird fast immer eine Luftströmung entstehen, häufig aber auch
ein sehr heftiger Luftstrom. In ähnlicher Weise wird, wenn zwe
Reihen von Oeffnungen am oberen und unteren Theile eines
Raumes oder einer Halle geöffnet sind, eine Luftströmung irgend
einer Art sich fast immer bilden. So billig nun diese Art der
Ventilation sein wird, so wenig wird sie befriedigen. Der ver—
änderliche Druck des Windes oder der Temperatur wird einen
fortwährend sich ändernden Luftstrom hervorbringen, so daß, wenn
die Berechnung aufgestellt ist für eine mäßige Luftströmung, im
heftigen Wind oder eine plötzlich eintretende Temperaturdifferenz
einen jähen Wechsel herbeiführen wird, wenn nicht Einrichtungen
zur automatischen Reduzirung der Einlaßöffnungen vorgesehen sind.
Aber auch diese Einrichtungen werden sich dn den R e
der Bewegung bald abnutzen. Ferner wird es praktifch vollständig
unmöglich sein Heizungseinrichtungen zu treffen, welche sich deu
—R
öffentliche Gebäude kann diese Art der Ventilation also nie in
Frage kommen. Trotzdem findet diese Ventilation Anwendung in
Schulen, in denen nach jeder Stunde die Kinder die Schulzimmer
verlassen müssen und in denen dann durch Oeffnen der Fenster
frische Luft den Räumen wieder zugeführt wird. —
Die mechanischen Einrichtungen für Ventilation kann man
eintheilen in 1. Apparate ohne Wartung, d. h. selbstthätige,
2. Apparate mit geringer Wartung und 3. Apparate mit konjtanter
Wartung.
Alle Einrichtungen der ersten Abtheilung beruhen hinsichtlich
ihrer Wirkung auf der Thatsache, daß die Luft eine Flüssigkeit
ist, welche in den meisten Fällen ihre Kraft vom Winde erhält.
Finer der ältesten und lange Zeit hindurch beliebtesten, auto—
matischen Apparate ist der sogenannte Syphonventilator von Charles
Watson. Derselbe besteht aus zwei ungleich langen Röhren.
Wenn alle sonstigen Oeffnungen, wie Thüren und Fenster, ge—
chlossen sind, wird ein aufwaͤrtssteigender Luftstram der inneren
Luft in der langen Röhre und ein abwärtsfallender Strom der
äußeren Atmosphäre in der kurzen Röhre hervorgerufen. Die
Luftströme bilden sich wegen der Temperaturunterschiede in beiden
Röhren. Der Apparat hat wohl nur Beifall gefunden, weil er
einer der ersten Ventilationseinrichtungen war. Die Uebelst ände
des Apparats liegen klar vor Augen, man führt eben einfach einen
kühlen, fallenden Luftstrom direkt auf die Köpfe der Insassen des
Raumes. Man bringt also nur eine kühle Atmosphäre hervor.
Da sich die einströmende frische Luft direkt mit der verdorbenen
dermengt, kann von einer wirklichen Ventilation nicht die Rede
sein. Eine ganze Reihe von selbstthätigen Ventilatoren geben die
zerschiedenen Adjustirungen der archimedischen Schraube ab. Diese
Apparate bestehen aus einer Windturbine, am oberen Ende mit
einer Spindel verbunden, deren unterer Theil mit 2 oder mehreren
Schraubenblättern versehen ist. Die durch den Wind in Bewegung
gesetzte Turbine dreht sich und mit ihr die Spindel. Hierdurch
wird eine Luftströmung von größerer oder geringerer Jutensivitä
hervorgerufen. Sobald diese Apparate einmal aufjgestellt sind,t
brauchen sie weder Wartung noch Pflege, bis sie in Folge Ab—
autzung und Ausleierns oder Einrostens der bewegenden Theile,
Zunahme der Reibung zum plötzlichen Stillstand kommen. Sie
verlieren schnell an Wirkung und selbst die besten Apparate wirken
nur kräftig bei starkem Winde.
(Schluß folge.,
Mittheilungen aus der Praxis.
Die Buchführung des Bauunternehmers. Wir
interscheiden mit Bezug auf die Buchführung zwei Systeme:
nämlich die einfache und die doppelte Buchführung. Die erstere
eignet sich für solche Baugeschäfte, deren Besitzer ausschließlich als
werthätig schaffende Unternehmer auftreten und im Auftrage An—
derer Bauten ausführen. In solchem Falle handelt es sich um
den Betrieb nur eines Geschäftszweiges, durch den entweder Ge—
winn erzielt oder Verlust erlitten wird. Abgesehen von den Neben—
oder Beibüchern sind zur regelrechten Buchhaltung erforderlich:
Das Tagebuch (Kladde, Strazze), zur Eintragung solcher
Geschäftsvorkommnisse, bei denen es sich um ein Em—
pfangen oder Geben auf Kredit handelt.
Das Kassabuch, bestimmt zum Buchen der sich auf baare
Ausgaben oder baare Einnahmen beziehenden Posten.
Das Hauptbuch zur Eröffnung der Conti für die
Schuldner (Debitoren) und für die Gläubiger (Kreditoren).
Außerdem geben die im Allgemeinen in jährlichen Zwischen—
cänmen zu fertigenden Inventuren Aufschluß über den Stand des
Vermögens.
Die Nebenbücher, zu denen das Lohnbuch, das Materialien—
buch, das Buch über die Geräthschaften, über das Fuhrwerk und
über die einzelnen Bauarbeiten gehören, sind je nach der Art und
der Ausdehnung des Geschäftes einzurichten.
Betreibt der Bauunternehmer neben seiner Thätigkeit noch
einen Handel mit Baumaterialien, kauft und verkauft er also z B.
Steine, Bauholz, Dachpappe, Schiefer, Cement, Kalk ꝛc. oder ist
er Besitzer von Steinbrüchen, Ziegeleien oder Schneidemühlen, so
ist die einfache Buchführuug nicht mehr ausreichend, weil sie wohl
den Gewinn oder Verlust im Großen und Ginzen nachweist, aber
nicht über die Rentabilität jedes einzelnen Geschäftszweiges Aus—
kunft ertheilt. Für solche Geschäfte muß die doppelte Buchführung