Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 45, Bd. 4, 1885)

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Die Ventilation öffentlicher Gebäude. — Mittheilungen aus der Praxis. 
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frische Luft, daher muß die schlechte Lust am tiefsten Punkte ab— 
zeführt werden. Dieses Gesetz ist aber nur dann richtig, wenn 
die verdorbene und frische Luft dieselbe Temperatur haben. Gehen 
wir nun auf die Bildung der schlechten Luft zurück, so finden wir, 
daß dieselbe ausgestoßen wird, mag dies nun durch die Lungen 
oder durch die Haut geschehen, mit einer Temperatur von ca. 320 C. 
Wegen dieser ziemlich hohen Temperatur hat also die schlechte Luft 
zuerst das Bestreben, in die Höhe zu steigen, wobei jedoch die Ver— 
dorbenheit der Luft die Geschwindigkeit des Emporsteigens mäßigen 
wird. Bei einer bestimmten Temperatur der frischen Luft hörl 
das Steigen der schlechten, 320 warmen Luft auf. 
Diese Temperatur der frischen Luft beträgt ungefähr 29,40 C. 
Vergessen darf man dabei nicht, daß beim Aufsteigen die schlechte 
Luft diffundirt und die frische Luft in gewissem Grade verdorben 
wird. Bedeutend mehr geneigt zum Aufsteigen sind die sich bei 
der Gasbeleuchtung entwickelnden heißen Verbrennungsgase. Wird 
dennoch frische Luft am höchsten Punkte einer geraäͤumigen Halle 
eingeführt, so wird sie den aufsteigenden Säulen verdorbener Luft 
begegnen und selbst verschlechtert werden, ehe sie die Insassen des 
Raumes erreicht hat. Diese Verschlechterung wird ee 
zunehmen, bis die von den Bewohnern ausgeathmete Luft die 
Maximalgrenze der Verdorbenheit für guten Zufluß frischer Luft 
erreicht häben wird. Trotzdem hat das abwärts gerichtete Einfluß— 
ystem Vortheile wie Vermeidung der Zugluft und gleichmäßige 
Zuführung der Luft uach allen Punkten des in Rede stehenden 
Raumes. In Deutschland und Oesterreich besteht das allgemein 
gebräuchliche System in der Zuführung der frischen Luft im oberen 
Theil des Raumes während des Winters und im unteren Theil 
des Raumes während des Sommers, wobei das Abziehen der 
schlechten Luft jedesmal in entgegengesetzter Richtung erfolgt. 
Aus allen unseren Betrachtungen geht nun hervor, daß unser 
Hauptaugenmerk bei der Ventilation eines Gebäudes darauf ge⸗ 
richtet sein muß, eine gleichmäßige Zufuhr frischer Luft, die so 
wenig als möglich mit der schlechten, bereits verbrauchten Luft in 
Berührung kommt, vorzusehen. Letztere ist so schnell als irgend 
möglich zu entfernen In den gewöhnlichen Fällen ist eine Luft— 
zuführ von mindestens 028 kbm erforderlich, welche bei besonderen 
Gebäudearten bis auf O,85—-0,9 kbm eäoben steigt. 
Andererseits haben wir festgestellt, daß Zugluft durch sorg— 
fältige Regulirung des Luftstroms, Temperatur und Feuchtigkeits— 
gehalt der frischen Luft vermindert werden muß. Die sofortige 
Verschlechterung der einströmenden Luft wird am besten verhindert 
durch Einführung am tiefsten und Absaugen der verbrauchten Luft 
m oberen Theile des Raumes. 
Es sind jetzt die verschiedenen Methoden der Ventilation zu 
vetrachten, welche zu diesen Zielen führen sollen. Anuf dreierle 
Art und Weise können wir unseren Zweck erreichen: 1. Wir können 
frische Luft hineintreiben und durch die propulsive Kraft der frischen 
Luft den Abzug der schlechten Luft herbeiführen. 2. Wir könner 
die schlechte Luft absaugen und der frischen Luft Gelegenheit geben, 
die Stelle der ersteren einzunehmen oder 3. wir können die frische 
Luft zum Eintritt zwingen und gleichzeitig die schlechte Luft ab— 
saugen. Welche von dieser Methode zu wählen ist, wird im 
Wesentlichen von den Geldmitteln abhängen, welche für die Ven— 
tilationseinrichtung zur Verfügung stehen. — 
Unter natürlicher Ventilation soll die Ventilation verstanden 
werden, welche in einfachster Weise durch die natürliche Kraft der 
in Bewegung befindlichen Luft hervorgebracht wird. Künstliche 
Ventilation soll im Gegensatz hierzu die durch Anwendung einer 
mechanischen Kraft hervorgebrachte Luftströmung und dadurch er 
zielte Ventilation sein. Die natürliche Ventilation hängt haupt 
sächlich von dem Temperaturunterschiede zwischen dem einströmenden 
und ausströmenden Luftstrom ab. Je größer der Temperatur— 
unterschied, desto größer die bewegende Kraft. Wenn einzelne 
Oeffnungen eines Raumes der direkten Einwirkung des Windes 
ausgesetzt sind, so wird dieser bestrebt sein, eine Luftströmung 
hervorzuͤbringen. Dies ist die Ventilation der Baracken und 
Krunkenhaus Pavillons. Der Luftdruck auf beiden Seiten der 
Baracke oder eines Pavillons ist selten oder nie derselbe und wenr 
daher die Fenster in den gegenüberliegenden Fronten geöffnet sind 
so wird fast immer eine Luftströmung entstehen, häufig aber auch 
ein sehr heftiger Luftstrom. In ähnlicher Weise wird, wenn zwe 
Reihen von Oeffnungen am oberen und unteren Theile eines 
Raumes oder einer Halle geöffnet sind, eine Luftströmung irgend 
einer Art sich fast immer bilden. So billig nun diese Art der 
Ventilation sein wird, so wenig wird sie befriedigen. Der ver— 
änderliche Druck des Windes oder der Temperatur wird einen 
fortwährend sich ändernden Luftstrom hervorbringen, so daß, wenn 
die Berechnung aufgestellt ist für eine mäßige Luftströmung, im 
heftigen Wind oder eine plötzlich eintretende Temperaturdifferenz 
einen jähen Wechsel herbeiführen wird, wenn nicht Einrichtungen 
zur automatischen Reduzirung der Einlaßöffnungen vorgesehen sind. 
Aber auch diese Einrichtungen werden sich dn den R e 
der Bewegung bald abnutzen. Ferner wird es praktifch vollständig 
unmöglich sein Heizungseinrichtungen zu treffen, welche sich deu 
—R 
öffentliche Gebäude kann diese Art der Ventilation also nie in 
Frage kommen. Trotzdem findet diese Ventilation Anwendung in 
Schulen, in denen nach jeder Stunde die Kinder die Schulzimmer 
verlassen müssen und in denen dann durch Oeffnen der Fenster 
frische Luft den Räumen wieder zugeführt wird. — 
Die mechanischen Einrichtungen für Ventilation kann man 
eintheilen in 1. Apparate ohne Wartung, d. h. selbstthätige, 
2. Apparate mit geringer Wartung und 3. Apparate mit konjtanter 
Wartung. 
Alle Einrichtungen der ersten Abtheilung beruhen hinsichtlich 
ihrer Wirkung auf der Thatsache, daß die Luft eine Flüssigkeit 
ist, welche in den meisten Fällen ihre Kraft vom Winde erhält. 
Finer der ältesten und lange Zeit hindurch beliebtesten, auto— 
matischen Apparate ist der sogenannte Syphonventilator von Charles 
Watson. Derselbe besteht aus zwei ungleich langen Röhren. 
Wenn alle sonstigen Oeffnungen, wie Thüren und Fenster, ge— 
chlossen sind, wird ein aufwaͤrtssteigender Luftstram der inneren 
Luft in der langen Röhre und ein abwärtsfallender Strom der 
äußeren Atmosphäre in der kurzen Röhre hervorgerufen. Die 
Luftströme bilden sich wegen der Temperaturunterschiede in beiden 
Röhren. Der Apparat hat wohl nur Beifall gefunden, weil er 
einer der ersten Ventilationseinrichtungen war. Die Uebelst ände 
des Apparats liegen klar vor Augen, man führt eben einfach einen 
kühlen, fallenden Luftstrom direkt auf die Köpfe der Insassen des 
Raumes. Man bringt also nur eine kühle Atmosphäre hervor. 
Da sich die einströmende frische Luft direkt mit der verdorbenen 
dermengt, kann von einer wirklichen Ventilation nicht die Rede 
sein. Eine ganze Reihe von selbstthätigen Ventilatoren geben die 
zerschiedenen Adjustirungen der archimedischen Schraube ab. Diese 
Apparate bestehen aus einer Windturbine, am oberen Ende mit 
einer Spindel verbunden, deren unterer Theil mit 2 oder mehreren 
Schraubenblättern versehen ist. Die durch den Wind in Bewegung 
gesetzte Turbine dreht sich und mit ihr die Spindel. Hierdurch 
wird eine Luftströmung von größerer oder geringerer Jutensivitä 
hervorgerufen. Sobald diese Apparate einmal aufjgestellt sind,t 
brauchen sie weder Wartung noch Pflege, bis sie in Folge Ab— 
autzung und Ausleierns oder Einrostens der bewegenden Theile, 
Zunahme der Reibung zum plötzlichen Stillstand kommen. Sie 
verlieren schnell an Wirkung und selbst die besten Apparate wirken 
nur kräftig bei starkem Winde. 
(Schluß folge., 
Mittheilungen aus der Praxis. 
Die Buchführung des Bauunternehmers. Wir 
interscheiden mit Bezug auf die Buchführung zwei Systeme: 
nämlich die einfache und die doppelte Buchführung. Die erstere 
eignet sich für solche Baugeschäfte, deren Besitzer ausschließlich als 
werthätig schaffende Unternehmer auftreten und im Auftrage An— 
derer Bauten ausführen. In solchem Falle handelt es sich um 
den Betrieb nur eines Geschäftszweiges, durch den entweder Ge— 
winn erzielt oder Verlust erlitten wird. Abgesehen von den Neben— 
oder Beibüchern sind zur regelrechten Buchhaltung erforderlich: 
Das Tagebuch (Kladde, Strazze), zur Eintragung solcher 
Geschäftsvorkommnisse, bei denen es sich um ein Em— 
pfangen oder Geben auf Kredit handelt. 
Das Kassabuch, bestimmt zum Buchen der sich auf baare 
Ausgaben oder baare Einnahmen beziehenden Posten. 
Das Hauptbuch zur Eröffnung der Conti für die 
Schuldner (Debitoren) und für die Gläubiger (Kreditoren). 
Außerdem geben die im Allgemeinen in jährlichen Zwischen— 
cänmen zu fertigenden Inventuren Aufschluß über den Stand des 
Vermögens. 
Die Nebenbücher, zu denen das Lohnbuch, das Materialien— 
buch, das Buch über die Geräthschaften, über das Fuhrwerk und 
über die einzelnen Bauarbeiten gehören, sind je nach der Art und 
der Ausdehnung des Geschäftes einzurichten. 
Betreibt der Bauunternehmer neben seiner Thätigkeit noch 
einen Handel mit Baumaterialien, kauft und verkauft er also z B. 
Steine, Bauholz, Dachpappe, Schiefer, Cement, Kalk ꝛc. oder ist 
er Besitzer von Steinbrüchen, Ziegeleien oder Schneidemühlen, so 
ist die einfache Buchführuug nicht mehr ausreichend, weil sie wohl 
den Gewinn oder Verlust im Großen und Ginzen nachweist, aber 
nicht über die Rentabilität jedes einzelnen Geschäftszweiges Aus— 
kunft ertheilt. Für solche Geschäfte muß die doppelte Buchführung
	        

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