Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 45, Bd. 4, 1885)

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Die Ventilation öffentlicher Gebäude. — Die Buchführung des Baugewerksmeisters. 
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Es wird nicht allein eine stetige Veränderlichkeit des Luftstroms 
stattfindeu, sondern auch die Heizungsanlagen werden ganz beson— 
derer Vorrichtungen benöthigt sein, um dieser Veraͤnderlichkeit 
entgegenwirken zu können. Man wird zu großen Reserveanlagen 
seine Zuflucht nehmen müssen. Eine geringe Luftströmung wird 
fast immer exreicht werden können. 
Die erste Klasse der Apparate, welche nicht selbstthätig sind. 
deren Wartung und Pflege aber nur unbedeutend ist, besteht aus 
Anordnungen, welche die Wirkung der natürlichen Ventilation durch 
Erzeugung eines künstlichen Temperaturunterschiedes ergänzen 
Wir können z. B. einen weiteren Heizkanal mit einem Heizofen 
im Kellergeschoß anlegen und dahinein von dem zu ventilirenden 
Raume Kanäle leiten. In ähnlicher Weise wird die Anlage einer 
Reihe von Gas- oder Heißwasserröhren einen künstlichen Luft— 
strom herbeiführen. Letztere lassen sich gewöhnlich leichter an— 
bringen, als Heizkanäle. Derartige Anlagen haben den Vortheil 
einer weit gleichmäßigeren und sicheren Wirkung, wie die Anlage 
der selbstthaͤtigen Ventilatoren. Es ist hier wenigstens möglich, eine 
Berechnung der wirkenden Kraft aufzustellen, welche durch den 
Verbrauch einer bestimmten Menge Heizmaterials hervorgebracht 
werden kann. Alle diese Anschläge sind allerdings immer leicht 
Fehlern unterworfen, sobald diese Anlagen starken heftigen Wind— 
stößen ausgesetzt sind. Alle diese Apparate sind als Exhaustoren 
angelegt. Durch dieselbe wird die verdorbene Luft herausgesogen, 
während frische Luft durch passend angebrachte Lufteinlässe ein— 
dringen kann. Die einströmende frische Luft wird vor ihrem 
Eintritt angewärmt durch die verschiedenen Heizvorrichtungen, ge— 
schlossene Oefen, Heißwasser- oder Dampfröhren, Gasheizung oder 
gewöhnliche Feuerungen. Die sonstigen Apparate zum Einführen 
der Luftströme können bei dieser wie bei der 3. Abtheilung ent— 
weder als Exhaustoren oder Injektoren konstruirt werden. 
In dieser Gruppe haben wir zuerst jene Apparate, welche 
so eingerichtet sind, daß sie Schraubenventilatoren durch Wasser⸗ 
kraft treiben. Der Apparat besteht aus einer horizontalen Turbine, 
au dem einen Ende einer Spindel befestigt, auf welcher die Flügel 
des Schraubenventilators sitzen. Die Spindel dreht sich auf sauber 
abgerichteten Drehspitzen von hartem Material, wie Phosphorbronze, 
mit guten Schmiervorrichtungen versehen. Die Turbine wird durch 
den Stoß feiner Wasserstrahlen in Bewegung gesetzt und treibt 
auf diese Weise den Schraubenventilator. 
Verity Bros' Patent-Ventilator ist ein gutes Beispiel für 
diese Art von Apparaten, während ein anderer, Asrophor genannt 
durch die Agenten von Treutler & Schwarz, Berlin, in England 
eingeführt wird. Die Resultate und die Kosten dieser beiden 
Apparate sind nahezu einander gleich. Verity's Apparat arbeitet 
mit einem Druck von 35—50 Pfd. auf den OQ“ in seiner mittleren 
Größe mit dem Verbrauch von ca. 45 1pro Stunde und fördert 
9,95 12,7 Kbm pro Minute. Bei geringerem Wasserdruck wird 
das Wasserquantum um so größer, wenn man ähnliche Resultate 
erhalten will. Der Asrophor ist noch billiger in der ersten Anlage, be— 
sonders in den bedeutenderen Größen, als Verity's Patent, aber er erfor— 
dert ein größeres Quantum und einen höheren Druck des Wassers, um 
eine gleiche Wirkung hervorzubringen,. Wo eine konstante Wasser— 
leitung vorhanden ist, ist der Asrophor sehr wohl zu verwenden, 
da der Druck in den Hauptleitungsröhren gewöhnlich ungefähr 
680 Pfd. pro OI“ beträgt. Andernfalls müssen Reservoire angelegt 
werden. Diese Anlagen haben mancherlei Vortheile wegen des 
geringen Aufwandes an Wartung und Pflege, welche sie erfordern, 
wegen der Einfachheit ihres Arbeitens und wegen der Leichtigkeit, 
mit welcher sie regulirt und nach Bedürfniß angehalten werden können. 
Das Drehen eines Stopfhahnes ist Alles, was erforderlich ist, 
um den Apparat anzuhalten oder zu reguliren. Ihre Nachtheile 
find ihr Hang zum Versagen während Frostwetter oder wegen Mangel 
an Wasser und das geringe Quantum der erreichbaren Kraft 
Der größte Apparat nach dem Patent Verity ist ein Extraktor 
von 113 ͤbm pro Minute und das größte Exemplar des Asrophors 
saugt nur 85 kbm pro Minute ab bei 5451 Wasser pro Stunde 
Fin weiteres Beispiel der Anwendung von Wasserkraft zur Er— 
zeugung eines Luftstroms haben wir in dem Wasserstrahlventilator 
Aeolus“, wenn auch in diesem Falle kein bewegender Mechanismus 
horhanden ist, sondern nur ein einfacher konischer Sprühregen von 
Wasser, aus einer senkrecht abwärts gerichteten Röhre unter be⸗ 
trächtlichem Druck, welcher, weil er in einer Röhre wirkt, einen 
entsprechend abwärts gerichteten Luftstrom hervorbringt. Die 
Wirkung ist also einfacher, als bei den Turbinenventilatoren, während 
der Wasserverbrauch größer, aber die Gesammtleistung nicht bedeutend 
ist. Der größte Apparat extrahirt an 142 Kbmm pro Minute bei 
nem Wasserverbrauch von 910 1 pro Stunde und 45 Pfd. 
Druck. Die dritte Abtheilung der Ventilatiousapparate ersordert 
eine fortwährende Wariung und Pflege. Diese Rotationsventila— 
toren werden durch Dampf⸗, Gas- oder irgend eine andere konti— 
nuirliche Kraft hetrieben. Die Luftkanäle müssen rein, glatt und 
an allen Ecken abgerundet sein. Alle Verbreiterungen sind zu ver⸗ 
meiden, so daß dem Durchströmen der Luft möglichst wenig Wider— 
stand entgegengesetzt wird. Die dritte Abtheilung der Ventilations— 
apparate ist die am meisten vorzuziehende und die Apparate führen 
hatsächlich zu dem einzigen Wege, ein durchaus zufriedenstellendes und 
virksames Ventilationssystem in einem weitläufigen und komplizirten 
jffentlichen Gebäude herzustellen. Welches der verschiedenen Systeme 
nan nun aber auch einrichten mag, Einfluß- und Ausflußöffnungen 
nüssen stets getheilt und bestimmt ausgeführt werden. Zweifel 
zinsichtlich ihrer Funktion dürfen nicht, bestehen. Der größte 
Theil des Publikums glaubt immer, daß nur ein Exhaustor in 
Betrieb zu setzen ist und daß dann schon die frische Luft irgend 
wie und irgend woher zuströmen wird. Eine bestimmte Menge 
rrischer Luft wird auch stets durch Fenster, Thüren und Mauern 
indringen. Bei der Anlage von Exhaustoren muß man durch freie 
Tinflußöffnungen für den Ersatz der schlechten abgesogenen Luft 
urch frische Sorge tragen. Man hat also einfach Löcher in den 
Vänden anzubringen, durch welche die frische Lust nach Belieben 
inströmen kann. Mit diesem System ist aber der Nachtheil ver⸗ 
nüpft, daß nicht alle Oeffnungen gleich weit von dem Exhaustor 
entfernt und dieselben einem möglichen Druck der Atmosphäre je 
iach der Windrichtung ausgesetzt sind. Es ist deshalb bei der 
Anlage der Exhaustoren diese Tendenz der unaleichen Einströmung 
zrischer Luft möglichst abzuschwächen. 
Nimmt man andererseits an, daß frische Luft hineingetrieben 
und die verdorbene Luft durch die Propulsivkraft der einströmenden 
Luft genöthigt wird, schnell abzuziehen, so kann man einen gleich— 
mäßigen, gut vertheilten, regelmäßigen Strom frischer Luft erzielen 
Die Funktion der Ausflußöffnung wird aber großen Temperatur— 
differenzen oder starkem Winddruck ausgesetzt sein. Man wird 
also sehr eingehend die Weite und Anzahl der Ausflußöffnungen 
vorher feststellen müssen und die Oeffnungen auch mit sorgfältig 
wnusgeführten Windschutzkappen zu versehen haben wenn man günstige 
Erfolge erzwingen will. Jede dieser beiden Methoden hat Nach— 
heile und führt leicht zu Ünzuträglichkeiten, da leicht Zugluft ent 
tehen kann. Wollen wir daher ein zufriedenstellendes Ventilations— 
yystem herstellen, welches sichere Ersolge verspricht, so müssen wir 
h»eide Methoden vereinigen — d. h. wir müssen frische Luft ein— 
reiben und gleichzeitig verdorbene absaugen. Beide Apparate 
müssen mit einer kontinuirlich wirkenen Kraft betrieben werden. 
Ferner, ist ‚darauf, rpege daß unter keinen Umständen der 
S„trom der frischen Luft als kompakte Masse durch den zu ventilirenden 
Raum streichen darf, da sonst Theile der inneren Atmosphäre 
außerhalb dieses Luftstroms stagniren werden, ähnlich, wie die 
Winkel eines Mühlenteichs, in welchen trotz heftiger Durchströmung 
das Wasser beinahe ruhig stehen bleibt. 
Die Richtung der Oeffnungen sollte stets vertikal sein, da 
der horizontale Eintritt der Luft sehr geeignet ist, heftige lokale 
Luftströmungen zu erzeugen, von größerer Stärke, als die der 
rischen Luft und auf diese Weise kalte Zugluft hervorzubringen. 
Ein Hauptmittel, der Zugluft vorzubeugen, besteht in der Anlage 
ines Vorraumes, in welchem die frische Luft sowohl gereinigt 
wie erwärmt werden kann. Hier wird der etwa vorhandene Zug 
heseitigt und die frische Luft kann in einem gleichmäßigen, regel— 
naͤßigen Strome einfließen. Die Heizung eines Gebäudes durch 
einen Strom erwärmter Luft, welche sobald als thunlich, nachdem 
sie verdorben ist, ausgetrieben wird, ist natürlich theurer, als die 
Jewöhnliche Heizung eines und desselben Luftkörpers. Will jedoch 
das Publikum Ventilation haben, so muß es darauf vorbereitet 
werden, daß es dafür zahlen muß. Selbstverständlich sind die durch 
diesen Waͤrmeverlust entstehenden Mehrkosten nicht unbedeutend. 
Builder, 24. Januar 1885.) R 
Die Buchführung des Baugewerksmeisters.“) 
Das Allgemeine deutsche Handelsgesetz verpflichtet alle Die— 
jenigen zu einer regelrechten Buchführung, welche Kaufleute sind. 
Ein Kaufmann im Sinne des Gesetzes ist aber Derjenige, welcher 
irgend welche beweglichen Gegenstände kauft und diese entweder in 
derselben oder in veränderter Form wieder verkauft oder veräußert 
Der werkthätig schaffende Meister, der sein Geschäft nur pro— 
fessionell (d. h für Andere auf Bestellung arbeitend) betreibt, ist 
gesetzlich zur Haltung und Führung von Geschäftshüchern nicht 
verpflichtet. Betreibt er aber neben seiner Thätigkeit als aus 
füblender Meifter einen Handel mit Bauholz oder anderen Bau 
*) Wir halten obiges Thema, dem wir in voriger Nummer bereits 
eine kurze Ausführung widmeten, für wichtig genug, um es nochmals aus— 
führlich durch die Feder eines bewährten Mitarbeiters unseres Blattes besprechen 
zu lassen. Die Red.
	        

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