Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 45, Bd. 4, 1885)

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Berichte aus verschiedenen Städten. — Entscheidungen. 
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durch einen monumentalen Giebel im Stil der Schloßapotheke 
(altdeutsche Renaissance) seinen Abschluß erhalten soll. Es würde 
dann aber nach der Spree ein ziemlich weiter Raum zur Ver— 
fügung bleiben, den man unseres Erachtens, um die ganze Ostseite 
des Schlosses hart vom Spreeuferrande aus sich erheben zu lassen, 
sehr wohl zu einem ähnlichen Ban ausnutzen könnte, wie er sich 
jetzt nach der Lustgartenseite zu erhebt. Zwischen diesem Theil des 
Schlosses und der großen Schlüter'schen Hanptfront liegt eng ein— 
geklemmt ein hohes, thurmartiges Gebäude, das ebenfalls im Stil 
des 16. Jahrhunderts restaurirt und thurmartig erhöht zu werden 
verdiente. Die Ansicht des alten Baues neben dem Schlüter'schen 
zroßen viereckigen Schloß würde hierdurch an malerischem Reiz 
außerordentlich gewinnen. Die jetzt zum Theil verbauten Arkaden 
des Haupttheiles des alten Schlosses nach der Wasserseite zu müßten 
restaurirt und mit einer Gartenterrasse nach dem Flusse zu ver— 
ziert, eudlich der Thurm an der Kurfürstenbrücke höher geführt 
und vollendet werden. Die Wasserseite des Schlosses würde dann 
einen eben so malerischen als großartigen Eindruck auf den Be— 
schauer machen und der modernen Burgstraße gegenüber sich sehr 
vortheilhaft abheben. Man hofft in Architektenkreisen, daß in ähn— 
licher Weise bei den jetzt erforderlichen Umbauten auch über das 
Nothwendige hinaus vorgegangen werden möge 
zleichfalls bis auf die nere Ausschmückung fertig gewordenen 
Vergrößerungsbau der Hl. Geistkirche war die komponitende 
Thätigkeit des Architekten (städtischer Baub eamte Löwel) insosern eine 
beschränkte, als derselbe sich in der Stilform (Barock) au die schon 
bestehenden Haupttheile des Baues anzuschließen hatte, doch ist die 
Aufgabe glücklich gelöst und wird dieser Monumentalbäu einen 
stimmungsvollen Abschluß des Marktplatzes bilden. Dieser lestere 
erfährt gegeuwärtig gleichfalls gründliche Umänderung, indem an 
Stelle der primitiven Verkaufsstände und hölzernen Buden, welche 
either über die Fläche nahezu regellos zerstreut waren, zweckent— 
prechende Bauwerke treten Es ist eine Halle für Fleisch- 
»erkäufer, sowie eine solche für Wildpret- und Brodhändler und 
ein Kiosk für Früchtenhändler bereits vollendet und erfüllen diese 
in der Hauptsache aus Eisen und Stampfbeton konstruirten Bau— 
lichkeiten vollkommen die praktischen Anforderungen, wie auch ihre 
Formenbildung das Auge befriedigt. Von Erbauung einer Central— 
marfkthalle wurde Umgang genommen, da für Lagerung großerer 
Massen von Viktualien ꝛc. anderweitig genügende Räume vor— 
handen sind, also lediglich die Beschaffung von Verkaufsplätzen in 
Betracht kam, hierfür aber Räume von bedentenden Höhenver— 
hältnissen von keinerlei praktischem Werth sind. 
An der Ecke des Promenadenplatzes und der Maffeistraße 
ist der Neubau, welchen die Bayrische Vereinsbank für ihre Geschäfts— 
lokalitäten errichten läßt, im Eutstehen begriffen und zeigt dessen 
ganz in Haustein durchgeführte Façade (Architekt Mertens äußerst 
reiche Gliederung und Ornamentirung, welche uns zunächst wohl 
etwas fremdartig erscheint, da der hiesigen Architektur im All— 
gemeinen eine viel kräftigere Formengebung zu eigen ist. 
Obwohl es nun nie in der Absicht dieser Berichte gelegen 
war, kritisch tadelnd aufzutreten, sondern Mittelmäßiges und 
Schlechtes im baulichen Treiben der Stadt einfach mit Stillschweigen 
übergangen wurde, so können wir diesmal doch nicht vermeiden, 
einen Ban in den Kreis dieser Besprechung zu ziehen, welcher 
teines Zweckes halber schon eine würdigere Behandlung verlangt 
hätte, als ihm leider zu Theil geworden ist. Im vergangenen 
Jahre wurden von der Staatsregierung im Auftrage des Landtags 
au der Prannerstraße mehrere Privatgebäude erworben und jollte 
nus deren Grundfläche in Verbindung mit den bestehenden Theilen 
»es alten Ständehauses ein jetzigen Anforderuugen entsprechender 
Neubau hergestellt werden: — die diesbezüglichen Arbeiten wurden, 
»bwmohl hei der Schwierigkeit der Auigabe eine Konkurrenz sicher 
m geroesen wäre, Herrn Baurath Siebert übertragen. 
Da hier der Raum mangelt, eine eingehende Beschreibung der 
Grundrißdispositionen, wie anch des Façadeaufbaues zu geben, so 
mag nur erwähnt sein, daß erstere nach dem Urtheile Betheiligter 
keineswegs glücklich gelöst ist und betreffs letzterer wäre doch vor 
Allem der Würde des Baues gemäß zu erwarten gewesen, daß 
nicht die allergewöhnlichste Pußmanier hierbei zur Durchführung 
zekommen waͤre. Eine Behandlung der Facade in edlerem, 
venigstens echtem Material hätte freilich auch eine bessere Stili— 
irung vorausgesetzt und der höchst primitive Fabrikschornstein, 
velcher das Gebäude überragt und den man der elektrischen Be— 
euchtung resp. der Betriebsmaschine derselben halber nicht ent— 
»ehren zu können glaubte — hätte freilich wegbleiben müssen. 
ẽEs ist eben wieder einmal der Beweis geliefert, daß ein vorzüg— 
licher Veamter und Ingenieur nicht unbedingt auch Archlleltpein 
muß. J 
Dresden. Ueber den Umbau des hiesigen Zeug— 
hauses, zu welchem der letzte Landtag die Summe von 1248571Mftt. 
bewilligte, werden jetzt allgemein die lebhaftesten Klagen laut, die 
vor 2 Jahren bereits von dem hiesigen Architektenverein erhoben, 
damals aber nicht genügend berücksichtigt wurden. Man beklagl 
jetzt nicht allein das Verschwinden eines altehrwürdigen Bauwerkes, 
sondern vor allen Dingen, daß der mit großem Kostenaufwande 
hergestellte Neubau wieder alle die Fehler enthält, welche dem 
alten Gebäude anhafteten. Man behauptet sogar, daß sich derselbe 
als völlig unbrauchbar erweisen werde, das Staatsarchiv, sowie 
das mineralogische und zoologische Museum, die in dem Neubau 
untergebracht werden sollen, in sich aufzunehmen. Da nun dieser 
Bau lediglich auf Grund der von dem Oberlardbaumeister Canzler 
herrührenden Pläne ausgeführt und den mehrfach ausgesprochenen 
Wünschen wegen Veranstaltung eines Konkurrenzausschreibens nicht 
entsprochen wurde, so verlangen die hiesigen Architekten jetzt mehr 
als je den Bruch mit dem bisher üblichen System der Beauftragung 
hochgestellter Staatsarchitekten mit Monumentalbauten, zumal sich 
ein solcher schon in vielen andern Staaten vollangen be 
Muünchen. Man schreibt uns: Einen Riücckblick auf die 
zauliche Thätigkeit der Stadt während des abgelaufenen Sommers 
werfend, finden wir, daß diese eine gegen die vorhergegangenen 
Jahre lebhaftere uud insbesondere aber bessere gewesen ist: — es 
hat sich der schleudernde Spekulationsban vermindert — es wird 
wieder mehr Sorgfalt auf Material und Konstruktion verwendet 
und insbesondere können wir mit Genugthuung bemerken, daß 
anstatt der seither allgemein üblichen billigsten Verputzweise der 
Façaden mit Kalk, Gips uud Cement der Ziegelrohbau in Ver— 
bindung mit Stein-Gesimsen und Gewänden im steten Zunehmen 
begriffen ist. Es sind besonders in der Altstadt eine Auzahl sehr 
werthvoller Bauplätze zur Verwendung gelangt, indem alte Bau— 
lichkeiten, als nicht mehr zeitgemäß, beseitigt wurden, so z. B. 
am Graben, am Oberanger, an der Blumenstraße ꝛc., aber auch 
einige ganz neue Bauquartiere wurden dem Betriebe übergeben, 
so ein Terrain in nächster Nähe des Englischen Gartens und der 
Maximilianstraße gelegen, und ein anderes im Westen der Stadt, 
seither als Militärübungsplatz benutzt; dieses letztere dürfte sich 
der Nähe zahlreicher industrieuͤer Etablissements wegen insbesondere 
zur Anlage von Arbeiterhäusern eignen. 
Die Stilweise anlangend, so ist z. Z. noch die sogenannte 
deutsche Renaissance vorherrschend, doch zeigt fich, wie vorauszu— 
sehen war, in der Ornamentirung der Façaden und insbesondere 
der Innenräume unverkenubare Neigung zum Rokoko, woran viel 
Ursache sein mag, daß dasselbe im Kunstgewerbe sich bereits großer 
Vorliebe erfreut, und da die meisten unserer Architekten auch für 
letzteres entwerfend thätig sind, von diesen der Keim auch auf die 
Architektur übertragen wurde; schen wir doch bereits beim wohl—⸗ 
habenden Bürgerstand, der in dieser Beziehung hier tonangebend 
ist, unmittelbar neben der altdeutschen Wohnstube einen Salon im 
Geschmacke Ludwig XIV. her- und eingerichtet, und so wenig wir 
derartige ästhetische Verirrungen auch billigen können, so sind sie 
immerhin nicht mißzuverstehende Winke des Zeitgeistes. 
Im öffentlichen Bauwesen treten besonders hervor: der Neu— 
bau der Synagoge von Architekt A. Schmidt, welcher, bereits unter 
Dach gebrächt, soweit das Aeußere anlangt sehr vortheilhafte 
Vertheilung der Massen erkennen läßt; die Stilform ist die des 
romanischeu Centralkuppelbaues, die Ausführung erfolgt im Ziegel— 
rohbau in Verbindung mit Kalktuff und Sandstein. Beĩ dem 
Entscheidungen. 
Die Zeichnung der Genossenschafts-Vorstände. 
Ein Urtheil des Reichsgerichts vom 27. Maärz 1885 spricht sich in 
interessauter Weise über die schrijtliche und mündliche Willens⸗ 
erklärung der zu gemeinsamer Zeichnung verpflichteten Vorstände 
einer Genossenschaft aus und zwar in folgender Weise: 
„In Ansehung der von dem Vorstande einer Genossenschaft 
einzugeheuden Rechtsgeschäfte schreibt der aus dem Handelsgesetz— 
»uche Artikel 229 fast wörtlich herübergenommene 8 19 des 
Henossenschaftsgesetzes vor, daß der Vorsiand in der durch den 
Besellschafisvertrag bestimmten, Form seine Willenserklärungen 
undzugeben und für die Genossenjschaft zu zeichnen habe, und daß, 
wenn nichts darüber bestimmt sei, die Zeichnnug durch sämmtliche 
Mitglieder des Vorstandes erforderlich sei. Im Anschlusse hieran 
ind 'unter Verweisung auf 8 19 des Gesetzes ordnet das Statut 
des klagenden Vereins in 8 6 an, daß die Zeichnung selbst da— 
durch zu geschehen habe, daß die Zeichnenden zu der Firma des 
Vereines hre Namensunterschrift hinzufügten, daß aber die Zeich— 
nung rechtliche Wirkung dem Vereine gegenüber nur habe, wenn 
sie mindestens von zwei Vorstandsmitgliedern erfolgt sei. 
Jene gesetzliche Vorschrift muß jedoch einschräukend ausgeledt. die
	        

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