Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 45, Bd. 4, 1885)

Das Regierungsgebäude in Kamerun. — Das neue Submissionsverfahren. 
Das Regierungsgebäude in Kamerun. 
Von geschätzter Seite wird uns geschrieben: 
Unter vorstehendem Titel bringt die neueste Nummer des 
„Centralblattes der Bauverwaltung“ einen durch Ansicht und 
Grundriß des Gebäudes erläuterten Artikel, der auch für unsere 
Leser nicht ohne Interesse sein dürfte. Bekanntlich soll das Gebiet 
von Kamerun einer der Hauptstützpunkte unseres Handels werden, 
das neue Regierungsgebäude soll daher den Mittelpunkt für Ver— 
waltung und Rechtspflege in einem ziemlich ausgedehnten Land— 
striche abgeben. Da die Gebäude, in denen die Verwaltung zur 
Zeit untergebracht ist, ungesund sind und in ihrer nur den ersten 
Bedürfnissen entsprechenden, mehr provisorischen Bauart der Stel— 
lung des für die genannten Gebiete ernannten Gouverneurs gegen— 
über der Bevölkerung durchaus nicht entsprechen, mußte man sich 
bald zur Errichtung eines Neubaus entschließen. Im Auftrage 
des Kaiserlichen Gouverneurs von Kamerun, Freiherrn von Soden, 
arbeitete daher der Regierungs-Baumeister W. Scharenberg in 
Berlin ein Projekt aus, welches nach der klaren Grundrißanordnung 
und der vortrefflich ausgeführten Ansicht unseren Landsleuten ein 
behagliches Heim zu bieten verspricht, zugleich aber auch der Land⸗— 
schaft zur Zierde gereichen wird. 
Als Bauplatz wurde die sogenannte Joß-Platte, welche sich 
am linken Ufer des Kamerun-Flusses ungefahr 15 meüber dessen 
Spicgel erhebt, ausgewählt. Nicht weit von dieser Stelle entfernt 
befindet sich die Muͤndung des in seinem unteren Laufe mächtigen 
Flusses, und ganz nahe bei liegt das von der Deutschen Verwal— 
tung vorläufig gemiethete Missionshaus. Wo sich demnächst das 
hübsche Deutsche Regierungshaus erheben wird, breiteten sich ehe— 
mals die ärmlichen Hütten des Joß-Dorfes aus, die bekanntlich 
bei den ersten kriegerischen Unternehmungen unserer Marine in 
diesen Gebieten der Zerstörung anheimfielen. Weithin kann der 
Blick von dieser hochgehobenen Stätte aus nach allen Richtungen 
der Windrose schweifen, ein prachtvolles Panorama eröffnet sich 
von hier dem Beschauer. Westlich sieht man den Fluß in mächti— 
zen Wogen zum Meere wallen, weiter glänzt die weite Fläche 
des Meeres und von der Ferne grüßt das Felseneiland Fernando— 
Po herüber. Nördlich beherrscht der Blick das weitgedehnte 
Kamerungebirge mit seinen beiderseitigen Ausläufern, einen mäch— 
tigen Bergzug, der bis zu bedeutender Höhe hinauf in das dichte 
Grün des Urwaldes eingehüllt ist. Zahlreiche Felskegel, die höchste 
Erhebung der 4200 mm hohe Götterberg, dessen Gipfel nicht selten 
in Schnee eingehüllt ist, ragen aus der Bergmasse empor. Einen 
anderen, aber nicht weniger anziehenden Charakter trägt die Aus— 
sicht nach Süden und Osten hin, wo der Oberlauf verschiedener 
kleiner Flüsse und Flußarme und wo die Höhenzüge des Binnen— 
landes sichtbar werden. Auch das Gelände in nächster Nähe des 
Gebäudes wird dereinst des Reizes nicht entbehren, da der Boden 
außerordentlich fruchtbar und zur Herrichtung gärtnerischer An— 
iagen durchaus geeignet ist. Gegenwärtig ragen hohe Palmen auf 
dem Platze gen Himmel, Gebüsche von Mango- und Baumwoll⸗ 
bäumen breiten sich aus, zum Theil wuchert hier ein Untergras, 
dessen Ausrottung nicht geringe Schwierigkeiten zu bereiten pflegt. 
Trinkwasser hofft man in nächster Nähe durch Abteufung eines 
Brunnens zu gewinnen; gegenwärtig wird es aus mäßiger Ent— 
fernung bezogen. Die Lage der Baustelle dürfte besonders aus 
dem Grunde glücklich gewählt sein, weil die kühlenden Seewinde 
sie von allen Richtungen leicht bestreichen können, während gleich— 
zeitig durch die erhöhte Lage die großen Regenmengen, welche hier 
zu Lande manchmal wochenlang ununterbrochen bei einmal geöff— 
neten Schleusen des Himmels herniederströmeu, schnellen Abfluß 
nach der Bucht finden. 
Hier in Kamerun, wie überhaupt im tropischen Afrika wird 
jede Bauthätigkeit durch das Fehlen aller Fahrwege nicht wenig 
erschwert. Die Verbindung der verschiedenen Orte besteht nur in 
ichmalen, in vielen Windungen sich hinschlängelnden Negerpfaden, 
auf denen sich die Eingeborenen, mit ihren Lasten beschwert, im 
Gänsemarsch fortbewegen. Es wird daher zunächst erforderlich 
werden, die Landestellen am Flusse mit dem hochgelegenen Bau— 
platze durch zweckmäßige Straßen zu verbinden. Ferner wird das 
Bauen in Kamerun durch den Mangel an Maerialien sehr er— 
schwert, da die Gegend selbst nur Bruchsteine und Mauersand als 
einzige Baustoffe liefert, alles andere ist daher aus weiter Ferne 
herbeizuschaffen. Glücklicherweise sind wenigstens die Bauleute in 
der Nähe zu haben, da die Baseler Missionsgesellschaft die Neger 
an der englischen Goldküste, vornehmlich in“ Accra, bereits seit 
langer Zeit nicht nur zur Religion, sondern auch zur Arbeit er— 
zogen hat. Unter der Leitung eines deutschen Werkmeisters können 
diesen Eingeborenen daher leicht alle an Ort und Stelle vorzu— 
nehmenden Arbeiten anvertraut werden. Bei der Wahl des Baͤu— 
materials dränate sich wohl zunächst das Holz auf, das ja bei den 
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irwüchsigen Bauten der Neger, sowie bei dem Häuserbau der 
Faktoreien eine so große Rolle spielt. Aus Gründen der Dauer— 
haftigkeit entschloß man sich jedoch für eine Konstruktion in Stein, 
da man beobachtet hat, daß das Holz in jenen tropischen Gegenden 
den Angriffen des Wetters und der Insekten nur kurzen Widerstand 
entgegenzusetzen im Stande ist. 
Der beabsichtigte Neubau besteht nun aus einem Hauptgebäude 
und dem abgesondert liegenden Küchenbau. Das Haupthaus ist 
im etwa einen Meeter gegen das umliegende Terrain gehoben. Auf 
einer stattlichen Freitreppe betritt man, von der Küste kommend, 
eine rings um das Erdgeschoß laufende, offene Säulenhalle. Diese 
»ei allen Bauten der Europaäͤer in jenen Breiten übliche Halle soll 
zie sengenden Strahlen der Sonne von den Mauerflächen des Ge— 
»äudes möglichst abhalten und zugleich als Flur den Verkehr 
wischen den verschiedenen Räumen vermitteln. Nach Westen hin, 
den herrschenden Seewinden leicht zugänglich, öffnet sich die Halle 
u einem geräumigen Hofe, der mit einem Dach von Segeltuch 
gedeckt werden kann. Aus dieser Halle erhebt sich dann das Bau— 
verk theils ein-, theils zweigeschossig. An der Küstenfront liegt im 
Erdgeschoß ein Vorflur mit einer die beiden Geschosse des Mittel— 
»aus verbindenden eisernen Wendeltreppe, rechts von diesem ist die 
danzlei, links ein geräumiges Wohn- und Empfangszimmer, das 
Zentrum der ganzen Anlage, angeordnet. Links von diesem, durch 
inen Durchgang nach dem Hofe getrennt, schließt ein großes Eß— 
immer die Küstenfront ab. Empfangs- und Eßzimmer sollen zur 
zemeinsamen Benutzung aller Regierungsbeamten in Kamerun 
zienen, also gleichsam ein kleines Kasino bilden. In einem recht— 
vinklig zur Küstenfront angeordneten Flügel sind noch drei geräu— 
nige Wohn- und Schlafzimmer, darunter eins für Gäste unter— 
gebracht, ferner schließen sich nach hinten noch 2 Dienerzimmer, 
eine Vorrathskammer und ein Badezimmer an. In dem höher 
jseführten, die Gegend weit beherrschenden Mittelbau der Küsten— 
ront liegen die Wohn- und Schlafzimmer des Gouverneurs nebst 
Dienergelaß und Badezimmer. Der Küchenbau ist mit dem Hofe 
es Haupthauses durch einen bedeckten Gang verbunden. 
Zur Herstellung der Fundamente soll ein vulkanischer Bruch— 
tein, der in der Nähe, am Fuße des Kamerungebirges gebrochen 
vird, verwendet werden, während das aufgehende Mauerwerk aus 
Backsteinen bestehen wird. Die Innen- und Außenwände werden 
nit Kalk Cementmörtel geputzt und erhalten sämmtlich zur möglichsten 
Fsolirung gegen die Einwirkungen der Hitze Luftschichten von 6 em 
Stärke. Die Wände der Dienerzimmer werden aus leichtem Fach— 
verk errichtet und innen und außen verschaalt, wobei der Zwischenraum 
nit Asche oder einem anderen isolirenden Stoffe ausgefüllt wer— 
»en soll. Die Decken werden aus Gewölben zwischen eisernen 
Trägern, das Dach dagegen aus Holz hergestellt und mit Dach— 
»appe abgedeckt. Alle Fußböden erhalten zur Erzielung möglichst 
ühler Raume Steinplatten- oder Fliesenbelag, ebenso sollen die 
Fenster aus demselben Grunde nach tropischer Sitte bis zum 
Frußboden der Räume herabreichen und Jalousienverschlüsse erhalten. 
Im auch die Säulenhalle möglichst vor den sengenden Strahlen 
»er Sonne zu schützen, werden die Oeffnungen derselben mit Vor— 
sängen aus Leinen oder Binsengeflecht geschlossen. Wände und 
Decken des Küchengebäudes sollen aus Eisenwellblech, das nach 
nnen mit Holz verkleidet wird, hergestellt werden. 
In, der Nähe des Regierungsgebäudes wird außerdem noch 
ein bedeckter Sitzplatz für 30—40 Personen für Versammlungen, 
jerner noch ein Wachtgebäude nebst Arrestlokal errichtet. Die Kosten 
der Gesammtanlage sind, zu 96 000 Mek. veranschlagt worden, wo— 
hei sich beim Hauptgebäude pro Quadratmeter bebauter Grund— 
fläche 139 Mek. ergeben. Da der größte Theil der beim Neubau 
xforderlichen Materialien aus Deutschland bezogen werden muß, 
ind die Bautheile selbstverständlich möglichst in bearbeitetem Zu— 
tande zu verladen. 
Hoffen wir, daß dieser Bau auch das Seinige zur Beförde— 
rung X deutschen Handels in ienen fernen Gebieten beitragen 
nöge! 
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Das neue Submissions Verfahren. 
Nachdem wir die neuen gesetzlichen Bestimmungen und Aende— 
rzungen des bisherigen Submissionas-Verfahrens unseren Lesern in 
mehreren Nummern unseres Blattes bekannt gegeben haben, so 
zlauben wir in Nachstehendem die Stellungnahme unseres Standes 
zum neuen Submissions-Verfahren zu bekunden und folgen wir 
darin den Auslassungen des „Dentschen Bauunternehmers“, denen 
wir voll und ganz beipflichten. 
Zustande gekommen durch längere Vorarbeiten unter Mit— 
wirkung einer Anzahl Gewerbetreibender und Groß-Industrieller 
Deutsichlands, ist der vom 17. Juli d. J. dat. Erlaß des preußischen
	        

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