Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 45, Bd. 4, 1885)

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Das neue Submissions-Verfahren. — Ueber Ziegeldächer in nördlichen Ländern. 
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Ministers der öffentlichen Arbeiten über die Vergebung von 
Leistungen und Lieferungen jedenfalls in seiner Hauptsache nach 
zin bedeutender Fortschritt gegenüber dem bisherigen Submissions— 
Lerfahren. 
Wir begrüßen daher diesen Erlaß des Ministers der öffent— 
ichen Arbeiten und geben der Hoffnung Raum, daß auch die 
zroße Anzahl städtischer und kommunaler Behörden dem Vorgehen 
der preußischen Regierung folgen werde, wie dies ia bereits in 
einigen Städten wirklich der Fall ist. 
Wenn auch unter den neuen Bestimmungen neue Uebelstände 
inzweideutig hervortreten, was erst noch die Praxis zeigen wird, 
o sind doch eine große Anzahl Schäden des alten Versahrens in 
Wegfall gekommen und dem Submittenten ist wenigstens Sicher— 
heit geboten, daß nur wirklich reelle Angebote berücksichtigt werden 
ind die Schleuderkonkurrenz dadurch beseitigt wird. Das haupt— 
ächlich Maaßgebende für den Zuschlag ist die Leistungsfähigkeit des 
Lieferanten, und die Angemessenheit d.s Preises der angebotenen 
Waaren und Arbeiten, rücksichtslose Ausschließung von Angeboten, 
velche eine in offenbarem Mißverhältniß zu der betreffenden 
Leistung oder Lieferung stehende Preisforderung enthalten, nach 
velchem eine entsprechende „tüchtige“ kunstacrechte Ausführung nicht 
»rwartet werden kann. 
Ein sehr wesentlicher Punkt des neuen Submissions-Ver— 
ahrens ist der, daß große und umfangreiche Arbeiten derart in 
leinere Loose zerlegt werden müssen, daß auch kleineren Unter— 
iehmern, Gewerbetreibenden und Handwerkern die Bewerbung er— 
möglicht wird. Bei größeren Bauten hat die Vergebung nach den 
einzelnen Titeln des Anschlags — den verschiedenen Handwerks— 
weigen entsprechend — zu erfolgen, umfanareiche Anschlaastitel 
ind in mehrere Loose zu theilen. 
Werthvoll für die gesammte Gewerbsthätigkeit sind ohne 
Zweifel die neuen Verordnungen über die Leistung der Zahlungen 
uind Abschlagszahlungen, welche bisher so vielfach Anlaß zu be— 
rechtigten Klagen gab. Auch die Bildung von Schiedsgerichten 
zur Schlichtung der Meinungsverschiedenheiten ist grundsätzlich 
hdurchaus richtig. Nicht weniger liegen die neuen Bestimmungen 
äber Kautionen und Konventionalsträfen, über das Maaß der den 
Anternehmern vertragsmäßig aufzuerlegenden Verpflichtungen, über 
die Beseitigung des früheren Vorbehalts einer einseitigen Ver— 
nehrung oder Verminderung der verdungenen Lieferungen, über 
zie Lieserungs- und Zuschlagsfristen u. s. w. im Interesse des 
zesammten Gewerbestandes und damit zugleich im Interesse des 
Fiskus. 
Die Bestimmung, daß Nachgebote grundsätzlich ausgeschlossen 
ein sollen, wird von den Produzenten gewiß sympathisch aufge⸗— 
iommen werden. Der Wegfall der Abgebote vom Kostenanschlag 
dagegen hat, so richtig es an sich auch ist, doch eine Kehrseite, in— 
dem durch diese Bestimmungen die größeren Unternehmer begünstigt 
verden. Im Baugeschäft z. B. ist der große Unternehmer, dessen 
Beschäft nach allen Richtungen kaufmännisch betrieben wird, viel 
eichter im Stande, ganz bestimmte Einheits- bezw. Gesammtpreise 
priori abzugeben als der einzelne Handwerker, für welchen der 
„ehördliche Köstenanschlag immer einen gewissen Anbalt für seine 
PBreisforderung bot. 
Auffallend erscheint es, daß das Urtheil über Leistungsfähig— 
eit des Fabrikanten, Werth der Leistung, Angemessenheit des 
Preises, wie bei dem früheren Submissions Verfahren, dem freien 
Ermessen eines einzelnen Oberbeamten überlassen bleibt. Ebenso 
Ferhält es sich mit der Abnahme der Arbeiten. In beiden Fällen 
väre den Gewerbetreibenden für die richtige Beurtheilung ihrer 
Angebote und der geleisteten Arbeiten und Lieferungen größere 
Sicherheit geboten worden, wenn die Beurtheilung einer Sach— 
verständigen-Kommission zu unterliegen hätte, und dem betreffenden 
Dberbeaniten doch noch ein entscheidendes Wort beim Zuschlag 
erblieben wäre. 
Warum bei engeren Submissionen der Zuschlag dem Mindest— 
'ordernden unbedingt zufallen soll, ist nicht einzusehen, denn auch 
inter den bei engeren Submissionen konkurrirenden Firmen kann 
iicht die Preisfiellung allein maaßgebend sein, es kommen dabei 
»ielmehr genau dieselben Verhältnisse in Betracht, wie es bei 
zffentlichen Ausschreibungen der Fall ist. 
Vor allen Dingen erregt es Befremden, daß auf die als 
Regel aufgestellte öffentliche Ausschreibung von Arbeiten und 
Lieferungen keine Veröffentlichung des Terminresultates folgen soll. 
Dieser Punkt ist in höchstem Grade bedenklich. Die Gründe, 
vpelche in den Sachverständigen-Konferenzen von verschiedenen 
Seiten für die Geheimhaltung der Submissions-Resultate vorge— 
bracht wurden, sind nicht stichhaltig. Es mag ja sein, daß nament— 
ich in Zeiten wirthschaftlichen Niederganges die Veröffentlichung 
der Angéebote den Produzenten insofern unbequem sein mag, als 
aiedrige Offerten auf den Preisstand des betreffenden Artikels im 
illgemeinen Handel einwirken, aber viel wichtiger als diese Er— 
vägung ist doch die Nothwendigkeit, der öffentlichen Meinung das 
Maäterial zu liefern, mittelst dessen die für die Beurtheilung der 
virthschaftlichen und handelspolitischen Lage hochwichtigen Ver— 
zleiche zwischen den Angebotspreisen bei öffentlichen Verdingungen 
ind den Preisen des Weltmarktes angestellt werden können. Die 
Heheimhaltung der Resultate kann nur den Zweck haben, die von 
den Vereinigungen der Produzenten geforderten hohen Preise der 
Deffentlichkeit vorzuenthalten und die denselben unbequeme Kritik 
inmöglich zu machen. Angesichts des großen Interesses, welches 
eder Steuerzahler an der Höhe der für Lieferungen für öffentliche 
Zwecke angesetzten Etatspositionen hat, erscheint es in der That in 
sohem Gräde bedenklich, daß der Minister in diesem wichtigen 
Zunkte dem Verlangen einer Anzahl Industrieller nachzegeben hat. 
Daß dieselben vorzugsweise ein Interesse an der Geheimhaltung 
der Anbietungspreise haben, liegt für jeden Uubefangenen, der die 
Lerhältnisse kennt, auf der Hand. Die Handwerker und das 
dleingewerbe, welche schon bei den Sachverständigen-Konferenzen 
iur sehr ungenügend vertreten waren, sind in diesem wichtigen 
Zunkte gewiß nicht ausschlaggebend jür die ministerielle Ent— 
chließung gewesen. 
Für die Geheimhaltung der Angebote, von der es übrigens 
ehr fraglich ist, ob sie überhaupt praktisch durchzeführt werden 
ann, ist kein einziger stichhaltiger Grund angeführt worden, sie 
ient nur zur Vermeidung der öffentlichen Kritik und zum grund— 
ätzlichen Ausschluß ausländischer Angebote; denn man macht es 
»em Auslande unmöglich, Angebote zu stellen, wenn es Nichts von 
en von der inländischen Konkurrenz geforderten Preisen erfährt. 
debrigens wird es immerhin möglich sein, wenn nicht eine sehr 
zenaue Kontrolle eingeführt wird, daß auch Personen Zutritt er— 
angen können, von denen man das Geheimniß erfahreu kann, selbst 
venn sie als Bewerber oder als Vertreter von Sabmissionen er— 
cheinen. Wir würden daher vorziehen, entweder das bisherige 
Zerfahren der Oeffentlichkeit beizubehalten, oder aber dieielbe ganz 
zuszuschließen und zwar auch für den Submittenten. Nach dem 
ieuen Verfahren der theilweisen Geheimhaltung wird immerhin 
twas davon in die Oeffentlichkeit dringen, die Konkurrenz erfährt 
soch etwas und wenn es auch aus dritter oder vierter Hand ist, 
ind wenn auch die Zaählen bereits mehrfach unwillkürlich geändert 
ind und das ängebliche Resultat ein wesentlich anderes ist, als in 
Wirklichkeit. Dieser Fall ist der schlimmste, er kann aber nicht 
n, weshalb wir für Oeffentlichkeit oder absolute Aus— 
chließung und Aufhebung der Abhaltung von Terminen eintreten 
nüssen. Niemand wird ja leugnen können, daß für den Industriellen 
zie Kenntniß seiner Konkurrenz eine der ersten Bedingungen des 
rationellen Geschäftsbetriebes ist. Schneidet man dem Auslande 
ind außerdem den zufällig an einer Verdingung nicht theilnehmen— 
»en inlaͤndischen Industriellen diese Kenntniß durch Geheimheiltung 
zer Angebote ab, so wird zweifellos das Jiteresse des Ganzen zu 
gunsten von Sonderinteressen geschädigt. Wir möchten also dringend 
empiehlen, den Passus über die Geheimhaltung der Angebote aus 
zen neuen Bestimmungen zu streichen. Andernfalls ist zu erwarten, 
aß im preußischen Landtage diese so wichtige Angelegenheit zur 
Zurache gebracht werden wird. 
Der eben besprochene prinzipielle Fehler der neuen Be— 
timmungen soll uns indessen nicht abhalten, die im Gesammt—⸗ 
nteresse' des deutschen Gewerbfleißes liegenden guten Seiten der 
seuen Verordnung anzuerkennen. Wir sind ganz damit einver— 
tanden, daß bei der Zuschlagsertheilung nicht vorzugsweise die 
iiedrige Preisstellung entscheidet, sondern daß die Auswahl unter 
en drei Mindestfordernden vorbehalten bleibt und nicht etwa, wie 
s ein Theil der Sachverständigen wollte, der Mindestiordernde 
zrundsätzlich ausgeschlossen wird, Diese neue Bestimmung hält 
inseres Eraͤchtens die richtige Mitte zwischen den Interessen des 
Fiskus und denjenigen der anbietenden Industriellen. Ein weiterer 
vortheil für die Submittenten und die Behörden liegt darin, daß 
ie neuen Bestimmungen „Allgemeine“ sind und nicht jeder 
Zubmission angehängt werden, sondern daß einfach auf dieselben 
is allgemein bekanut verwiesen wird. Ebenso ist hier zu er— 
vähnen die Summe, bei welcher die Errichtung eines Vertrages 
ibgesehen werden konnte, die von 500 Mk. auf 1990 Mk. erhöht 
vorden ist. Für die Rechtsgültigkeit des Uebereinkommens ist auf 
onstige einfache, etwa briefliche, wie im Geschäits-Verkehr ühliche 
Weise nachzukommen. 
Ueber Ziegeldächer in nördlichen Ländern. 
(GHierzu 5 Fig.) 
Es ist eine bekannte Thatsache, daß die zur Dachdeckung in 
Mittel und Süddeutschland viel verwendeten Dachsteine (die so— 
senannten Biberschwänze) sich, ie weiter man nach Norden kommt.
	        

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