2009
Berichte aus Städten. — Konkurrenzwesen.
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Ob verzinktes Eisenblech zur Bedachung geeignet ist, oder
nicht, läßt sich noch nicht entscheiden; es werden darüber eifrig
Erfahrungen gesammelt. Die Zinkschicht, welche den Ueberzug
bildet, scheint in vielen Fällen zu dünn gewählt worden zu sein,
so daß dieselbe den Witterunaseinflüssen nicht lange wider—
stehen kann.
Berlin. Viele unserer öffentlichen Gebäude werden im
Winter vermittelst Luftheizung erwärmt; unter den hiesigen
Schulen, meldet die „Volks-Zeitung“, bei denen diese Heizmethode
angewendet wird, befinden sich auch das Königstädtische Gym—
Aden und das Königstädtische Realgymnasium. Bei diesen
Anstalten hat sich nun im Laufe der Jahre herausgestellt, daß
die Luftheizung für die Gesundheit sehr nachtheilig ist. Die
heiße Luft, welche aus der Zentralheizung in die Klassenräume
ttrömt, ist zu trocken, oft werden auch kleine Kohlentheilchen in
das Zimmer geführt ꝛc. Daher ist der Aufenthalt in diesen
Räumen während vier bis fünf Stunden hintereinander sowohl
ür die Schüler, als auch für die Lehrer, welche noch dazu an—
haltend sprechen müssen, durchaus unzuträglich, da sich Schwindel,
Kopfschmerz, Uebelkeit ꝛc. einstellen, die nur durch die schlechte
Luft in den Klassenräumen veranlaßt sein können. Die genannten
Anstalten, welche sich in der Elisabethstr. 57/58 befinden, haben
iich aus den genannten Gründen am Ende des vergangenen
Winters veranlaßt gesehen, an den Magistrat eine Petition zu
enden und um Abschaffung der Luftheizung, sowie um Ersetzung
derselben durch eine andere Heizart, wenn möglich Wasserheizung,
zu bitten. Der Magistrat hat dieses Gesuch gebilligt, und laut
einer kürzlich erschienenen Verfügung ist zur Errichtung einer
Wasserheizung in den genannten Anstalten die Summe von
37 300 Mk. bewilligt worden. Der Umbau wird voraussichtlich
in den diesjährigen Hundstagsferien in Angriff genommen werden.
Berlin. Von der neuen Bauordnung. Wie gemeldet
wird, ist nunmehr prinzipiell entschieden, daß die neue Bau—
ordnung in einem sehr wesentlichen Punkte zur Abänderung ge—
langt, in dem Punkte nämlich, welcher bei Neubauten verbietet,
die Seitenflügel in der Höhe des Vorderhauses aufzuführen.
Die betreffende Aenderung wird bereits in den nächsten Tagen
erscheinen. Da damit die Bauordnung in einem der wichtigsten
und schädlichsten Punkte durchlöchert ist, steht zu hoffen, daß
auch weitere Abänderungen derselben erfolgen und der traurige
Einfluß, den dieselbe auf die Enwickelung des Baugeschäfts
Jeübt hat, beseitigt werden wird.
Berlin. Die Subkommission des Magistrats, welche sich
mit der Einrichtung städtischer Schuttabladestellen beschäftigte,
hat dem Magistrat Bericht abgestattet; sie schlägt vor, zunächst
bier Abladestellen zu errichten, und zwar an der Grenze des
tädtischen Weichbisdes im Norden, Nordosten, Südosten und
Osten. Die vier Plätze werden dann zusammen etwa 28 Morgen
Flächeninhalt haben; jedem Platze soll ein Aufseher vorstehen,
dem die nöthigen Arbeiter unterstellt werden. Der Magistrat
hat sich im Prinzip mit den gemachten Vorschlägen einverstanden
erklärt, behält sich jedoch die bestimmte Feststellung der Plätze
noch vor. Die Angelegenheit soll soweit beschleunigt werden,
daß die Einrichtung, wenn möglich, mit dem 1. Juli d. J. schon
in's Leben treten kann.
Berlin. Die Vorsitzenden der zwölf Baugewerks
Berufsgenossenschaften waren vor Kurzem hier zusammen—
getreten, um über den Gesetzentwurf, betr. die Ausdehnung der
ünfallversicherung des Baugewerbes, zu berathen. Im Allgemeinen
rinigte man sich dahin, daß das Gesetz als ein wohlbercchtigtes
anzuerkennen, weil es eine fühlbar hervorgetretene Lücke aus—
zufüllen bestimmt sei, indem es die große Anzahl von Personen
zuch dem Versicherungszwange unterwerfe, welche bei Erdarbeiten
oder von Arbeitgebern beschäftigt werden, die nicht Gewerbtreibende
eines Baubetriebes seien. Einzelne Wünsche zu mehreren Para—
graphen wurden genau formulirt. Den Verhandlungen wohnt
iuch der Präsident des Reichsversicherungs-Amtes, Bödicker, bei.—
Berichte aus Städten.
Berlin. Der von der gemischten Deputation dem
Magistrat vorgelegte Entwurf, die Errichtung eines gewerblichen
Schiedsgerichts, enthält über die Bildung des Gerichtes folgende
Bestimmungen: das gewerbliche Schiedsgericht besteht aus dem
Vorsitzenden, oder einem Stellvertreter desselben und den Bei—
sitzern; der Vorsitzende und dessen Stellvertreter, deren Zahl vom
Ermessen des Magistrats abhängt, sollen vom Magistrat aus
der Zahl derjenigen seiner Mitglieder, welche zum Richteramte
oder zur Bekleidung von höheren Verwaitungsämtern befähigt find
oder aus der Zahl der in gleicher Weise befähigten Gemeinde—
beamten, Magistratsassessoren oder juristischen Hilfsarbeiter auf un—
bestimmte Zeit ernannt werden, sie dürfen aber weder Arbeitgeber
noch Arbeitnehmer sein; im Fall die Bildung mehrerer ständigen
Abtheilungen des gewerblichen Schiedsgerichts nothwendig werden
sollte, so —9* für die Zahl der Vorsitzenden und deren Stell—
vertreter der einzelnen Abtheilungen dieselben Wahlvorschriften
gelten. Die Beisitzer sollen zur Hälfte aus Arbeitgebern und
und zur Hälfte aus Arbeitnehmern bestehen; ihre Gesammtzahl
ist zunächst auf 420 festgesetzt, jedoch soll die Zahl, falls es die
Geschäftslage erfordert, durch Beschluß der Gemeindebehörden
vermehrt oder vermindert werden können; die erforderlichen Räum—
lichkeiten, sowie die nöthigen Büreau- und Schreibkräfte und
Unterbeamten sollen dem gewerblichen Schiedsgericht vom Magistrat
überwiesen werden; die Kosten der Einrichtung und Unterhaltung
des Schiedsgerichts sollen, soweit sie durch eigene Einnahmen
nicht gedeckt werden, von der Stadtgemeinde getragen werden.
Die Wahl der Beisitzer aus dem Kreise der Arbeitgeber soll
durch Wahl seitens der im Gemeindebezirke von Berlin an—
sässigen Arbeitgeber, die Beisitzer aus dem Kreise der Arbeit—
nehmer durch Wahl der im Gemeindebezirke von Berlin beschäf—
tigten Arbeitnehmer auf die Dauer von sechs Jahren erfolgen;
alle zwei Jahre soll ein Dritttheil der Beisitzer jeder Kategorie
ausscheiden und durch Neuwahl ersetzt werden, wobei Wieder⸗
wahl zulässig sein soll; die das erste und zweite Mal Aus—
scheidenden sollen durch das Loos bestimmt werden; wahlberechtig!
sollen sein als Arbeitgeber alle selbständigen Gewerbetreibenden,
welche zur Zeit der Wahl das einundzwanzigste Lebensjahr zurück—
gelegt haben, mindestens einen Gesellen, Gehilfen, Lehrling oder
Fabrikarbeiter beschäftigen und ihr Gewerbe in Berlin ange—
meldet haben; als Arbeitnehmer alle Gesellen, Gehilfen, Lehr—
linge und Fabrikarbeiter, welche zur Zeit der Wahl das ein—
undzwanzigste Lebensjahr zurückgelegt haben und entweder in
einem gewerblichen Unternehmen im Gemeindebezirk von Berlin
wohnen und mindestens bis 14 Tage vor der Wahl in einem
gewerblichen Unternehmen im Gemeindebezirk von Berlin in
Arbeit gestanden haben; das Geschlecht soll keinen Unterschied in
der Wahlberechtigung machen; die Wahl der Beisitzer soll inner—
halb der letzten drei Monate des Kalenderjahres nach Wahl—
bezirken stattfinden, welche mit den zur Wahl der Stadtverord—
neten gebildeten 42 Wahlbezirken der dritten Abtheilung zu—
sammenfallen; wie viel Beisitzer in jedem Wahlbezirk von den
Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu wählen sind, soll vom Magistrat
bestimmt werden. Ferner soll das gewerbliche Schiedsgericht als
Einigungsamt dienen bei drohenden oder ausgebrochenen Arbeits-
einstellungen, sowie bei allen, die Löhne und Arbeitsverhältnisse
betreffenden Streitfragen, sobald es von beiden betheiligten Par—
cheien darum angegangen wird; in solchen Fällen soll der Ober—
bürgermeister oder ein von ihm aus den Mitgliedern des Magistrats
bestellter Stellvertreter den Vorsitz führen. Der Magistrat hat
der Vorlage in allen Punkten zugestimmt und wird die Geneh—
migung der Stadtverordnetenversammlung nachsuchen.
Konkurrenzwesen.
Preisausschreiben von Kunstschmiedearbeiten. In
Bezug auf das von Seiten des Vorstandes des Badischen Kunst—
gewerbevereins erlafsene Preisausschreiben ist uns von diesem Vorstand
olgende Notiz zugegangen:
Der Einsendungstermin für fertige Kunstschmiedearbeiten ist, viel—
seitigem Wunsche entsprechend, um einen Monat — vom 1. Juni aui
J. Juli — verlegt worden. Die Zahl der eingegangenen Anmeldungen
ift eine sehr große, sodaß über 200 Gegenstände, darunter viele von
drößerem Umfange und Werthe, eintreffen werden. Die mit der Kon—
furrenz verbundene Ausstellung wird im Großh. Orangeriegebäude
zu Karlsruhe stattfinden und voraussichtlich Mitte Juli eröffnet werden.
Außer den fertigen Kunstschmiedearbeiten soll sich gleichzeitig, jedoch
*) Der obige Entwurf für Errichtung eines gewerblichen Schiedsgerichts
zeichnet sich durch außerordentlich geschickte Ausarbeitung aus und verdient,
in anderen Städten als Grundlage genommen zu werden. Wir zweifeln
nicht, daß er so augenommen und sich auch in der Praxis bewäbren, auch
viel dazu beitragen wird, das unfruchtbare Processiren einzusgränten
ie Red.