die Kunst des Arbeitens.
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uch zugleich die Kellertreppe. Diese von drei inneren Wänden
umschlossenen Vorrathsräume sind gegen die Einwirkungen er—
remer Temperaturen möglichst geschützt.
Wohnstuben nebst Kammermn erhielten eine möglichst sonnige
dage und bieten hinreichenden Raum für kleinere häusliche Be—
chaftigungen, den Speisetisch ꝛc. und auch einen, dem Verkehr
nicht ausgesetzten trockenen Platz zur Aufstellung von Betten;
nuch die Kammern gewähren hinreichend trockene Wandräume
zur Aufstellung von Betten, Schränken ꝛc.
Die Balkendecke des Hauses erhielt einen halben Windel—
hoden und über demselben, in der ganzen Ausdehnung des Dach—
»odenraumes, einen acht ein starken Lehmauftrag.
Nicht weit entfernt von den Hausthüren der Wohnungen
iiegen die zu jeder der letzteren gehörigen Ställe zur Einstallung
»on Kuh und Schweinen, Aufbewahrung von Brennmaterial ꝛc.;
zuch bei der Benutzung der ersteren ist jede Gemeinschaftlichkeit
ausgeschlossen, um Anlaß zu Zank und Streit zwischen den
Nutznießern des Vierfamilienhauses möglichst zu vermeiden.
PBaurath F. Engel.
ichtig arbeiten würden, so wäre die sogenaunte soziale Frage
gelöst, und auf einem anderen Wege wird sie überhaupt nicht
zelöst werden. Mit bloßem Iwang kann das aber schwerlich
emals gemacht werden und daraus entsteht auch, selbst wenn
die physischen Mittel eines Zwanges Aller gegen Alle immer vor—
»anden wären, keine fruchtbare Arbeit. Es kommt also darauf
in, zeitig im Menschen die Lust zur Arbeit zu wecken, und da—
mit kommen wir wieder auf den richtigen „pädagogischen“ Boden.
Diese Lust kann nicht anders entstehen, als durch Ueber—
egung und Erfahrung, niemals durch Lehre, und, wie sich leider
agtäglich erweist, auch nicht durch das Beispiel. Die Erfahrung
iber zeigt folgendes Jedem, der es an sich selbst erproben will:
Die gesuchte Ruhe ist zunächst nicht in völliger oder möglichst
zroßer Unthätigkeit des Geistes und des Körpers zu finden, sondern
uimgekehrt nur in angemessen angeordneter Thätigkeit beider. Die
zanze Natur des Menschen ist auf Thätigkeit eingerichtet und
ie rächt sich bitter, wenn er dies willkürlich ändern will. Er
st freilich aus dem Paradiese der Ruhe verstoßen, aber Gott
sjat ihm den Befehl zur Arbeit nicht ohne den Trost der Noth—
vendigkeit derselben gegeben. Die wirkliche Ruhe entsteht daher
iur inmitten der Thätigkeit, geistig durch den Anblick eines
gedeihlichen Fortganges einer Arbeit, der Bewältigung einer
lufgabe, körperlich in den natürlich gegebenen Ruhepausen,
vährend des täglichen Schlafes, des täglichen Essens und in der
ostbaren Ruhe-Oase des Sonntags. Ein solcher Zustand einer
yeständigen, ersprießlichen, nur durch dicse natürlichen Pausen
interbrochenen Thätigkeit ist der glücklichste, den es auf Erden
iiebt, der Mensch soll sich gar krin anderes Glück wünschen.
Ja, man kann sogar noch einen Schritt weiter gehen und hinzu—⸗
ügen: es kommt dann nicht einmal so sehr viel auf die Natur
»er Thätigkeit an. Jede wirkliche Thätigkeit, die nicht eine bloße
Zpielerei ist, hat die Eigenschaft, interessant zu werden, sobald
ich der Mensch ernstlich in sie vertieft; nicht die Art der Thätig—
eit macht glücklich, sondern die Freude des Schaffens und des
Belingens. Das größte Unglück, das es giebt, ist ein Leben
»hne Arbeit und ohne Frucht derselben an seinem Ende. Da—
her giebt es auch und muß es geben ein Recht auf Arbeit; es
st dies sogar das ursprünglichste aller Menschenrechte. Die
„Arbeitslosen“ sind in der That die wahren Unglücklichen in
ieser Welt. Es giebt ihrer aber so viele (und noch mehr sogar
n den sogenannten oberen Ständen, als in den unteren), welche
urch das Bedürfniß zur Arbeit getrieben werden, während die
inderen durch falsche Erziehung, Vorurtheil und die allmächtige
Sitte, die in gewissen Kreisen die eigentliche Arbeit ausschließt,
u diesem großen Unglück fast hoffnungslos und erblich ver—
irtheilt sind. Wir sehen sie ja jedes Jahr ihre innere Oede
ind Langeweile auch in unsere Berge und ihre Kurorte tragen,
yon denen sie vergeblich Erfrischung erwarten. Ursprünglich ge—
rügte ihnen noch der Sommer, um sich durch etwelche koöͤrperliche
nstrengung wenigstens vorübergehend von ihrer Krankheit, dem
Müßiggang, zu erholen, nun müssen sie schon den Wiuter auch
azu nehmen und nächstens werden die Spitäler, zu denen sie
hereits unsere schönsten Thäler gemacht haben, das ganze Jahr
ür diese unruhige Menge offen sein, die Ruhe überaäll sucht
ind sie nirgends findet — weil sie sie nicht in der Arbeit sucht.
Sechs Tage sollst du arbeiten“, nicht weniger und nicht mehr.
Mit diesem Rezepte würden die meisten nervösen Krankheiten
inserer Zeit geheilt werden (soweit sie nicht bereits der Fluch
iner Abstammung von arbeitslosen Eltern sind) und die meisten
durärzte und Irrenärzte ihre Praxis einbüßen. Das Leben soll
nau überhaupt nicht „genießen“, sondern früchtbringend gestalten
vollen. Wer das nicht einsieht, der hat bereits seine geistige
Hefundheit verloren und es ist nicht denkbar, daß er auch die
örperliche insoweit behält, als es nach seiner natürlichen Be⸗
chaffenheit und bei richtiger Lebensart wäre. „Unfer Leben
vähret 70. und wenn es hoch kommt, so sind es 80 Jahre, und
vpenn es Mühe und Arbeit gewesen, so ist es köstlich gewesen.“
So sollte der Spruch lauten. Vielleicht lag das auch in seinem
ursprünglichen Sinne.
Diäjenigen Arbeiter sind die glücklichsten, die sich ganz in
hre Arbeit versenken, die darin aufgehen können, die Künstler,
deren Geist gänzlich von ihrem Gegenstand erfüllt sein muß,
wenn sie ihn erfassen und wiedergeben sollen, die Gelehrten, die
außer ihrem Fache kaum noch Sinn für irgend etwas anderes
vaben, ja selbst die „Origindle“ aller Gaffuüngen, die mitunte—
Die Kunst des Arbeitens.*)
dach einem Aufsatze des Herrn Professor Hilty in Bern
aus den „Bündner Seminarblättern“
Die Kunst des Arbeitens ist die wichtigste aller Künste.
Denn wenn man diese einmal recht verstehen würde, so würde
ja jedes andere Wissen und Können unendlich erleichtert werden.
Dessen ungeachtet verstehen verhältnißmäßig immer nur Wenige
richtig zu arbeiten, und selbst in einer Zeit, in welcher vielleicht
nehr als jemals früher von „Arbeit“ und „Arbeitern“ gesprochen
wird, kann man eigentlich eine wirkliche Zunahme und größere
Verbreitung dieser Kunst nicht auffallend bemerken, sondern geht
»iel eher die allgemeine Tendenz dahin, möglichst wenig, oöder
tur für eine kurze Zeit im Leben zu arbeiten, den übrigen Theil
desselben hingegen in Ruhe zuzubringen.
Es sind das also, wie es scheint, Gegensätze, die sich aus—
chließen, Arbeit und Ruhe? Das ist zu allernächst zu unter—
uchen, denn mit dem bloßen Preisen der Arbeit, zu dem Jeder—
mann bereit ist, kommt noch nicht die Lust zu derselben. Und so
ange die Unlust zur Arbeit ein so verbreitetes Uebel, beinahe
eine Krankheit der modernen Völker ist, und sich Jeder so bald
ils immer möglich dieser theoretisch gepriesenen Sache praktisch
zu entziehen sucht, ist von irgend welcher Verbesserung der so—
zialen Zustände gar nicht die Rede. Sie wären in der That
»öllig unheilbar, wenn dies Gegensätze wären.
Denn nach Ruhe sehnt sich jedes Menschenherz. Der Ge—
ringste und Geistesärmste kennt dieses Bedürfniß und auch der hoch—
dliegendste Geist sucht nicht ewige Anstrengung; ja selbst die
Phantasie hat für ein späteres, glücklicheres Dasein kein anderes
Wort gefunden, als das der „ewigen Ruhe“. Ist die Arbeit
nothwendig und die Ruhe ihr Gegensatz, dann ist das Wort:
„Im Schweiße deines Angesichtes sollst du dein Brot essen“
wirklich ein Wort des bitteren Fluches und die Erde in der
That ein Jammerthal. Denn in jeder Generation können dann
mmer nur Wenige ein „‚menschenwürdiges“ Dasein führen und
auch diese — worin der eigentliche Fluch liegt — nur dadurch,
daß sie Ihresgleichen zur Arbeit zwingen und in der Knechtschaft
der Arbeit erhalten. So sehen es in der That die Schriftsteller
)er' antiken Welt an; die harte, hoffnungslose Arbeitssklaverei
von Vielen mußte einem Einzigen die Mittel bieten, als freier
Bürger eines politisch gebildeten Staatswesens zu leben, und
aoch in unserem Jahrhundert haben die Bürger einer großen
Republik, an ihrer Spitze sogar christliche Geistliche mit der
Bibel in der Hand, den Satz verfochten, daß gewisse Menschen—
assen zur Arbeit für Andere auf ewige Zeiten hinaus erblich
»erurtheilt seien. Kultur wächst nur auf dem Boden des Reich—
chums, Reichthum nur durch Kapitalansammlung, diese nur aus
der Akkumulirung der Arbeit derer, die dafür nicht den richtigen
Lohn erhalten, ergo aus Ungerechtigkeit. Das sind ja die Saͤtze,
die jetzt im Vordergrunde der Diskussion stehen. Wir wollen
ie nicht auf ihre relative oder vollständige Wahrheit prüfen,
sondern nur so viel als wabhrscheinstch behaupsen: Wenn Als—
*) Eine geistvolle Betrachtung und von größtem Interesse für Jeder—
nann-Wwir glauben, uns mit dem Abdruck derselben den Tant unferer veser
u verdienen Die RaedIffinn