Mittheilungen über Schulwesen. — Literaturberich
Obertribunal entschieden hat, geuügen, wenun der Himmel auch nur
gesehen werden kann, wenn der Beschauer steht, sitzt oder kniet; allein
es genügt nicht, wenn das Erblicken nur möglich ist bei einer ganz
verrenkten Stel ung des menschlichen Körpers: hier, wenn man rück—
wärts gebeugt mit emporgerichteten Angen den Kopf fest an die nuterste
Scheibe des Fensters andrückt. (Entscheidg. d. Reichsgerichts v. 26. Febr.)
Woij. Itg.)
Wenn ein Bauunternehmer berufsmäßig baut, um die
bebauten Grundstücke mit Gewinn zu veräußern, nicht aber, um sie
zu vermiethen, so betreibt er ein Gewerbe; eine Forderung für in
Beziehung auf diesen Gewerbebetrieb gelieferte Materialien unterliegt
dann der kurzen Verjährung des Pr. Gesetzes vom 31. März 1838 nicht.
(Enticheidung des Reichsgerichts vont ?5. April,)
Aulage neuer Stratzen; Pflichten der Anlieger. (Endurtheil (11)
bom 12. April 1886, Entschd. Bd. 13 S. 161 ff.)
1. Bei der Anlegung einer neuen, oeder bei der Verlängerung
einer schen bestehenden Straße im Sinne des 8 15 des Gesetzes vom
2. Juli 1875 bilden die Grunderwerbskosten einen Theil der zur
„Freilegung“ der nenen Straße erkorderlichen Kosten. Aus der Be—
stinmung im 8 14 des Gesetzes kann das Gegentheil nicht hergeleitet
werden, weil die 88 13 und 14, welche von der Entschädigung wegen
Entziehung oder Beschränkung des durch die Festsetzung nener F«lucht,
linien betroffenen Grundeigenthums handeln, außer allem Ausammen—
hange mit 8 15 stehen.
2. Durch Ortsstatut kann festgestellt werden, das auch der Werth
der von einem angrenzenden Eigenthümer unentgeltlich hergegebenen
Straßenfläͤchen nach dem Durchschnittspreise der entgeltlich überlassenen
Flaͤchen jenen Kosten beigerechnet, daun aber von dem Gesammtkosten—
beitrage jenes Eigenthümers wieder abgesetzt werde.
3. Auch in Ansebung der bereits bei Anlegung einer neuen Straße
(theilweise) bebauten Grundstücke können die angrenzenden Eigenthümer
zum Ersatze der Kosten des Grunderwerbes, sobald sie Gebäude an
der Straße errichten, verpflichtet werden. Für die Annahme, daß
der 8 15 nur unbebaute Grundstücke betreffe, bietet der Wortlaut
keinen Anhalt: als einzige Voraussetzung für eine Heranziehung der
„angrenzenden Eigenthümer“ stellt das Gesetz die Thatsache hin, daß
„sie Gebäude an der neuen Sträaße errichten“; ein Gebäude kann aber
an der nenen Straße auch dann errichtet werden, wenn das Grund
stück bereits (theilweise) mit Gebäuden besetzt ist. (Archivef. Eisenb.)
Mittheilungen über Schulwesen.
Gewerbliches Unterrichtswesen. An vielen Orten
Deutschlands ist ein erfreulicher Aufschwung des gewerblichen
Schulwesens zu bemerken; insbesondere sind gewerbliche Fort—
bildungsschulen in vielen Städten begründet, resp. erweitert worden.
Ueber die Aufgaben und Ziele dieser Anstalten herrschen, wie bei
der großen Mannigfaltigkeit der Anforderungen, welche an die—
selben gestellt werden, nicht anders zu erwarten ist, noch sehr
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leitenden Fachmännern das Bedürfniß eines engeren Anschlusses
der Lehrer gewerblicher Unterrichtsanstalten empfunden, durch
welchen eine einheitliche Organisation und ein einheitlicher Lehr—
gang an diesen Austalten angebahnt werden könnte.
Bei Gelegenheit der Ausstellung von Schülerarbeiten der
Handwerkerschule zu Berlin trafen in Folge dessen am 12. und
13. April d. J. die Direktoren gewerblicher Lehranstalten: Ahrens—
Kiel, Dr. Boodstein-Elberfeld, Clauß-Dresden, Dr. Fiedler—
Breslan, Jesseu-Berlin, Lachner-Hildesheim, Meisel-Halle, Prof.
Dr. Nagel-Elbing, Reuter-Iserlohn, Romberg-Köln, Professor
Stiller-Düsseldorf zusammen, um über die Gründung eines
Verbandes von Lehrern gewerblicher Schulen Deutschlands zu be—
rathen und ein vorläufiges Statut zu entwerfen. Dieses Statul
nennt als Zweck des zu gründenden Verbandes: Austausch der
Erfahrungen unter den Mitgliedern und Beratung wichtiger
Fragen, welche das gewerbliche Schulwesen betreffen, und als
Mittel zur Erreichung des Zweckes: Abhaltung einer Jahres—
versammlung, die abwechselnd in verschiedenen Stadten des Reiches
fagt und Benutzung eines Organs, das der Verbreitung seiner
Ansichten dient und Ort, Zeit und Tagesordnung des Vereinstages
kundgiebt. Als Vereinsorgan wurde die bereits bestehende, von
Lachner in Hildesheim herausgegebene „Zeitschrift für gewerblichen
Unterricht“ in Aussicht genommen. Die erste Zusammenkunft
sollte im Herbst d. J. stattfinden und die bis dahin noch ver—
fügbare Zeit zur Werbung von Mitgliedern und insbesondere
zur Heranziehung der süddeutschen Fachgenossen benutzt werden.
Nachdem nund? dieser Zweck erreicht worden, ist von Seiten des
einstweiligen Ausschusses an die Fachgenossen eine Einladung
zur Gründung eines Verbandes »euticher Gewerbeschulmänne
und zur Theilnahme an der ersten, am 25. bis 27. September
dieses Jahres in Dresden stattfindenden Wander-Versammlung
dieses Verbandes ergangen.
Das mit Freuden zu begrüßende Vorgehen wird hoffentlich
den gewünschten Erfolg haben. Wir werden unseren Lesern
seiner Zeit über die weitere Entwickelung dieser Angelegenheit
berichten.
Literaturbericht.
Meyers Konversations-Lerikon. Vierte, gänzlich um—
gearbeitete Auilage. Mit 3000 Abbildungen im Text, 3550 Illustrations—
tafeln, Karten und Plänen.
Die neue Auflage dieses bekannten Sammelwerkes der gesammten
Wissenskunde ist bis zum achten Bande gediehen, und wie wir schon
früber unsern Lesern die Anschaffung desselben empfablen, se können wir
jetzt, wo weitere Bände vorliegen und ven neuem den Beweis liefern, in
wie umfassender Weise den Bearbeitern die Aufgabe gelungen ist, das
Riesenwerk auf der Höhe der Zeit zu erhalten, unsern früheren Rath
nur wiederholen.
Bei der Prüfung des Werkes haben wir selbstredend die auf das
Bauwesen bezüglichen Artikel einer ganz genauen Durchiicht unterzogen
uind gefunden, daßz mit deren Ausarbeitung erste Kräfte betraut sein
mußzten, denn nur so ist es möglich, trotz der gedrängten Kürze eine
Quintessenz alles dessen zu bieten, was der heutige Stand der Bau—
wissenschaft enthält.
Wir glauben, den Beweis für das eben Gesagte nicht besser er—
bringen zu können, als dadurch, daß wir einen beliebigen Artikel der
Beurtheilung unferer Leser unterbreiten, und zwar wäbhlen wir den
über Fries. Auf dem knappen Raum von kaum einer Seite hat es
der Bearbeiter verstanden, mit Hilfke einiger exakten Zeichnungen ein
klares Bild des bezüglichen Themas zu liefern und wenngleich der
Begenstand damit selbstredend auch nicht entfernt erschöpft ist, so ist
der Kern der Sache doch so prägnant getroffen worden, daß nicht
nur der Laie, sondern auch der Fachmann davon voll befriediat wird.
Der betreffende Artikel hat folgenden Wortlaut:
„Fries, im allgemein ästhetischen Sinn die Vermittelung einer
Fläche mit einer Begrenzungslinie derselben durch Einschaltung einer
ichmalen oder „linearen“ Flache; in der Architektur der schmale Flächen—
treifen zwischen einer größeren Wandfläche und deren oberm Rande.
Diese Friesstreifen wurden in der romanischen und gothischen Architektur
mit Zierformen versehen, deren Elemente die Bezeichnungen für die
verschiedenen Gattungen der Friese bestimmt haben, von denen neben—
stehende Abbildungen einige vorstellen. So in der romanischen Bau—
tunst der Rundbogenfries (Fig. 1), bestehend aus aneinander gereihten,
»albkreisförmigen, mit ihren Schenkeln auf kleinen Konsolen auffetzenden
Bogen, die sich unterhalb des Dachgesimses hinziehen; der Kreuzungs—
»ogenfries (Fig. 29, eine Reibe sich durchschneidender Rundbegen; der
Schuppenfries (Fig. 39, der Zahniries (deutsches Band, Stromschicht,
Fig. 4), bestehend aus diagonal auf die hobe Kante gestellten Back—
steinen; der aus abwechselnden quadratischen, schachbrettartig geordneten
Erhöhungen und Vertiefungen gebildete Schachbrettfries (Würfelfries,
Fia. 5); im analo-normännischen Baustil der Schnabelkepffries
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