Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 47, Bd. 6, 1887)

Die Wiederbelebung der Gothik. 
gegen Sonnnenhitze, Staub und Insekten, sondern auch im 
Winter gegen Kälte schützen und bei geöffneten Fenstern eine 
dorzügliche Ventilation schaffen, ohne Zug zu erregen. 
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Unm nun noch die hygienischen Eigenschaften dieser 
Baracke kurz zusammen zu fassen, so zeichnet sie sich aus durch 
nahezu unbegrenzte Feuersicherheit, Wetterbeständigkeit, Wider— 
ttand gegen Krankheits- und Ansteckungsstoffe, Abhaltung von 
Angeziefer. Vermeibdung von Hausschwamm: ferner erreicht man 
urch die doppelten Umfassungswände, das Gewölbedach, den 
Zohlfußboden und die Wasserrinnen kühle Temperatur im 
Sommer, warme, wohlthuende im Winter, Beseitiqung von 
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zufgefangen und fortgeführt wird; ferner vollkommenste Lüftung 
durch Wände, das Gewmölbedach und den Hohlfußboden, deren 
nnere Lufträume außerdem desinfizirbar sind. Diese Des— 
nfizirbarkeit dürfte ganz besonders von größtem Werthe in 
gefundheitlicher Beziehung sein, da der oben bereits genannte 
Hesundheits-Ingenieur Stumpf durch ein, längere Jahre hin— 
zurch wahrendes, luftdichtes Einkapseln von altem Stein- und 
Mörtelmaterial von der Artillerie-Kaserne am Kupfergraben in 
Berlin festgestellt hat, daß das gewöhnliche poröse Mauerwerk 
Beruch anzieht und festhält. Beim Oeffnen dieser Kapseln nach 
mehreren Jahren entströmte denselben nämlich ein gleicher Ge— 
ruch („Kasernen-Geruch“), wie solchen Stumpf zur Zeit im 
zedachten Gebäude wahrgenommen hatte. Besonders hervor— 
zuheben ist noch, daß die nach Innen erwärmten Umfassungs⸗ 
wände den Vorzug vor allen andern Wandarten deshalb baben, 
weil sie den in ihrer Nähe liegenden Kranken nicht einseitig 
die Körperwärme entziehen. 
Die Baukosten dieser Baracke stellen sich mit Ausschluß 
der Fundamente, des Kellers und der Heizanlage auf den 
Quadratmeter zu rund 160 Mark — ein Preis, welcher zwischen 
den Baukosten eines soliden Massivbaues und eines Fachwerk— 
haues liegt. Mit Rücksicht auf die Dauerhaftigkeit der Rabitz- 
Baracke und die dadurch erzielte Ersparung von Reparaturkosten 
vürde sich auf die Dauer der Vergleich noch erheblich günstiger 
zum Vortheil dieser Baracke gestalten, dieselbe dürfte daher wohl 
illen berechtigten Anforderungen entsprechen und kann den Be— 
jörden und Krankennanstalten zur Einführung bestens anempfohlen 
verden Schluß folat.) 
Die Wiederbelebung der Gothik. 
Wenn man von einem Menschen sagen kann, daß er schon 
von Kindheit auf dem Ziele seines Lebens mit unentwegbarer 
Bestimmtheit zustrebte, so ist dies bei Gilbert Scott der Fall. 
Er ist eine jener bevorzugten Naturen, die mit einem inneren 
Verständniß ihrer Begabung versehen sind und bei denen sich 
alle Kräfte frühzeitig schon der Thätigkeit zuwenden, welche den 
Beruf des Lebens bilden soll und die zumeist auch ungewöhn⸗ 
iche Erfolge erringt. 
George Gilbert Scott wurde, wie wir dem „Deutschen 
Bauunternehmer“ entlehnen, 1811 zu Gawcott in der Nähe 
„on Bockingham geboren. Schon als Knabe zeigte er einen 
vahren Enthusiasmus für alte Kirchen, eine Manie, an alten 
Ruinen den Spitzbogenstil zu bewundern, in den Schlössern und 
Botteshäusern aus der mittelalterlichen Zeit stundenlang sich 
Jerumzutreiben Eine merkwürdige Neigung für einen Knaben — 
jewiß. Was konnte ihn, den gänzlich unerfahrenen, an solch' 
Altem Gemäuer interessiren? Was verstand er damals von 
Architektur und ihren verschiedenen Stilarten? Wie kam er 
dazu, sich in eine Begeisterung für den längst abgethanen Spitz- 
„ogen zu versetzen, während er kaum in Büchern lesen, kaum 
chreiben und zeichnen gelernt hatte? Vielleicht ist es der Genia— 
ilät gegeben, im eigensten Empfinden die natürlichsten Gesetze 
der Kunst zu errathen und es in einer Geschmacksrichtung zu 
iußern, welcher der Verstand nur zu folgen brauchte, um ver— 
geblich von ihm Erdachtes zu verwirklichen. Thatsache ist, daß 
ille Geschichte unserer Künste immer ein Zurückgreifen auf die 
roßen Werke der Vergangenheit beweist, nm eine neue schöpferische 
Aera zu eröffnen. Die Renaissance erstand auf den Ruinen 
es Alterthums, welche eine Kluft von zweitausend Jahren von 
hr schied. Wie sie in ihren Entfaltungen überfruchtet und ver— 
Aüht war, suchte der Geschmack instinktartig an den Werken 
er ersten Rengissance und den charaktervollen Arbeiten des 
Mittelalters sich wieder zu veredeln. Heute sehen wir diesen 
Beschmack an den mittelalterlichen Kunstwerken sehr ausgebreitet 
ind sehr bestimmt entwickelt. Man liebt das Schreinwerk, den 
Zausrath, die Möbel, die irdenen Gefäße aus jener Zeit; man 
immt sie als Vorbilder der modernen Leistungen und das 
zunstgewerbe verjüngt sich zum großen Theil in deren Her— 
tellung mit Berücksichtigung der modernen Ansprüche und Eigen— 
seiten. Ebenso bemerken wir dies bei den Bauten. Es ist 
in Zurückgreifen auf den gothischen wie den Renaissancestil 
uperkennbar. Was eine aßsonderliche Liebhaberei des iungen
	        

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