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Gasmotoren für Orte ohne Gasanstalt. — Die hygienischen und technischen Anforderungen an Zwischendecken in Wohnräumen. 536
Gasmotoren für Orte ohne Gasanstalt.
Wohl kein Motor hat sich so rasch in die Kleinindustrie
eingeführt und ist zu so großer Beliebtheit gelangt, als der
Basmolor. Die Gruünde hierfür sind zu bekannt, als daß es
hier noch einer weiteren Aufführung derselben bedürfte. Leider
steht es aber dem Gasmotor gegenüber der Dampfmaschine,
dem Heißluftmotor ꝛc. äußerst hinderlich im Wege, daß man
—
Jasfabriken bestehen, da das nöthige Betriebsgas sonst nicht,
oder nur unter Aufwendung ganz bedeutender Kosten zu er—
halten war. In Folge dessen konnte sich der Gasmotor nur
in größeren Orten verbreiten, hat aber hier alle anderen Mo—
soren für die besonderen Zweige des Kleingewerbes siegreich
nus dem Felde geschlagen.
Es ist aber klar, daß noch sehr viele Gasmotoren sich in
leineren Ortschaften, ja sogar auf dem Lande als sehr nutz—
bringend erweisen würden, namentlich auch i.en Baugewerbe, zu
leineren elektrischen Beleuchtungsanlagen u. s. w., daß die Gas—
notorenfabrikation sich mithin große Absatzgebiete erschließen
könnte, wenn es gelänge, einen Gasmotor zu bauen, der unab—
hängig von einer Gasfabrik aufgestellt werden könnte, dessen
Anwendung also in dem entlegensten Theile des Landes, in
der kleinsten Ortschaft möglich waͤre. Diese Aufgabe angestrebt
und gelöst zu haben, ist das Verdienst des um die Gasmotoren—
Konstruktion sehr verdienten Mechanikers Christian Reith—
mann in München, der fich seinen diesbezüalichen Apparat
üngst patentiren ließ.
Derselbe ging von der Idee aus, daß das unmittelbare
Finspritzen von Kohlenwasserstoff-Oelen in den Cylinder der
Maschine selbst Unzuträglichkeiten im Gefolge habe, und in der
That sehen wir, daß die Petroleum-Motoren u. s. w., welche
nach diesem System gebaut sind, von dem Maschinenmarkte
nach und nach verschwinden. Bei dem Reithmann'schen Motor
dient zur Gasbildung für die Maschine ein ebenso einfach wie
iinnreich konstruirter Gasapparat, der nur mit leichten Kohlen—
vassersteff-Oelen gefüllt zu werden braucht, um in Thätigkeit
zu treten, und bei dem die Gasbildung durch die heißen Aus—
buffgase der Maschine gefördert wird.
Der Apparat besteht aus zwei luftdichten, übereinander an—
zebrachten Behältern, von denen der obere mit Betriebsöl ge—
üllt wird. Dasselbe dringt durch eine eigenthümliche Vorrich—
ung nach unten, jedoch stets blos in einem gewissen Maaße,
vird in diesem Behälter durch Gewebe aufgesaugt und zieht
durch diesen Raum, angelockt durch die saugende Wirkung des
Maschinenkolbens, atmosphärische Luft durch, die sich auf ihrem
Wege durch verdunstetes Oel in Oelgas verwandelt. Zu diesem
Zwecke dienen Rohre, von denen das längere gekrümmte zur
Maschine führt, während das kurze Ende den Einsaugkopf
pildet. Die unteren Rohre haben den Zweck, die Erwärmung
des Apparats 3 —R
interstützen. Bei dem ganzen Apparate ist nichts nöthig, als
»en oberen Behälter mit Oel aufzufüllen und die Gasmaäschine
ist wie jede andere, welche unmittelbar an die Leuchtgasbereitung
ingeschlossen ist, betriebsffähig. Die Kosten des Betriebes gegen—
äber Steinkohlengas sind bei den gewöhnlichen Leuchtgaspreisen
urchaus günstige zu nennen. Ingenieur L. Th. Meyer in
München ist mit der Verwerthung dieses Motors seitens des
Frfinders beauftraat.
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die hygienischen und technischen Anforderungen
an Zwischendecken in Wohugebäuden.
Bei der Auswahl des Füllmaterials für Zwischendecken ist
Vorficht geboten. Füllmaterialien, welche augefüllt sind mit
Fäulnißsteffen und Faͤulnißerregern (Keimen von Pilzen u. s. w.),
'ind die Erzeuger gefährlicher Krankheiten und die Verbreiter
des Hausschwammes. Es ist daher begreiflich, daß sich in
neuester Zeit die Wissenschaft mit diesem Gegenstande sehr ein—
zehend beschäftigt hat. Zu den hierüber veröffentlichten, sehr
verdienstvollen Arbeiten der Herren Dr. Emmerich, Hartig,
Böppert, Polleck, Gaffky u. A. gesellt sich ein Vortrag des Herru
Architekten Chr. Nußbaum in München, den derselbe auf der
siebenten Generalversammlung des „Vereines für Gesundheits⸗
technike in Hannover gehalten hat. Dieser sehr bemerkenswerthe
Beitrag zu der häufig erörterten Frage: „Welches Füllmaterial
st das beste?“ enthält die Ergebnisse einer Reihe von Versuchen,
velche Herr Nußbaum im hygienischen Institute zu München mit
Füllmaterialien für Zwischendecken angestellt hat und die weiteren
reisen zugänglich gemacht zu werden verdienen. Unter Be—⸗
iutzung dieses Vortrages soll es versucht werden, den Lesern d. Bl.
niach den „Mittheilungen über Landwirthschaft“ über diesen wich—
igen Gegenstand alles das mitzutheilen, was sie wisseu müssen,
im sich bei ihren Neubauten vor koörperlichen und sachlichen
Schäden zu bewahren.
Die Mißstände, welche unseren gebräuchlichen Zwischendecken
inhaften, bestehen häufig in der Durchlässigkeit der Fußböden,
n dem Durchdringen des Schalles (wenn nämlich das Füll—⸗
naterial ganz fehlt, oder nur in geringer Höhe eingebracht wor⸗
»en ist), ferner in dem Gehalte des Fuͤllmateriales an Fäulniß-—
toffen, an Mikroorganismen, an im Wasser löslichen Salzen n. s. w.
ind endlich in dem frischgeschlagenen, auch wohl kranken Holze,
das zur Verwendung gekommen war.
Die Hygiene verlangt von einer gesunden Zwischendecke,
»aß sie nicht nur ein vollständig reines, pilzfreies, trocknes Füll—
naterial erhalte, welches nicht vor dem Verlegen der Fußboden—
dielen durch die Bauhandwerker verunreinigt werden darf, son—
ern auch ein stark poroses Material, um das Holzwerk ven⸗
iliren zu können, ferner einen luft- und wasserdichten Abschluß
noder unmittelbar unter dem Fußboden, damit das Füllmaterial
sor Nässe und Verunreinigung bewährt werde, endlich ein
rocknes, gesundes, gegen Feuchtigkeit geschütztes Bauholz und
»inen wirksamen Schußz gegen Ausbreituug von Schadenfeuern.
Die Technik stellt an das Füllmaterial noch die weiteren
Anforderungen, nämlich: daß es moͤglichst wenig wiege, daß es
eicht und ohne erhebliche Kosten in die Decke eingebracht wer⸗—
»en könne, daß es nicht zu theuer sei und daß es die Wärme
chlecht leit, um an Brennmaterialien zu sparen. In welcher
Weise nun am zweckmäßigsten allen diesen hygienischen und
echnischen Anforderungen Rechnung getragen wird, will ich im
Folgenden darzustellen versnuchen und zunachst das Küllmaterial
esprechen.
Zur Füllung der Zwischendecken wurden bisher Bauschutt,
zewaschener Sand, reiner Kies, Gerberlohe, Lehm Coösch),
Steinkohlenasche und Schlacken benutzt, weniger häufig Schlacken⸗
volle, Kieselguhr, Korkziegel, Schilfbretter und in allerneuester
zeit versuchsweise Torfmoos (Torfmullh) und sogenannter Kalktorf.
Bauschutt ist zwar ein sehr billiges, aber nach den Unter—
uchungen von Dr. Emmerich u. A. ein völlig unbrauchbares,
ygienisch verwerfliches Deckenfüllmaterial, welches für das Haus
elbst durch Erzeugung und Verbreitung des Hausschwammes,
owie für dessen Bewohner durch Einführung von Ungeziefer
ind durch Hervorrufen von Infektionskrankheiten schwere Ge—
ahren bringt und daher durch baupolizeiliche Gejetze bei hohen
Strafen verboten werden sollte!
Gewaschener Sand und reiner Kies sind zwar vom Stand—
»unkte der Gesundheitslehre gute und empfehlenswerthe Füll—
naterialien. Sie sind jedoch nicht vor Verunreinigungen durch
die Bauarbeiter zu bewahren, weil ihr großes Gewicht bedingt,
»aß sie in die Zwischendecken eingebracht werden, so lange noch
m Neubau geeignete Vorkehrungen zum Befoͤrdern der Mate—
ialien vorhanden sind. Da die Fußbodendielen erst später
zelegt werden dürfen, so liegen diese Füllmaterialien längere
zeit offen und sind selbst bei Ueberwachung der Arbeiter er⸗
ahrungsmäßig Verunreinigungen ausgesetzt. Kies und Sand
vermögen ferner den Schall nur in einer größeren Schichthöhe
20,bis 30 cm) zu dämpsen und nur in dieser Stärke einen
enügenden Schuß gegen Temperaturunterschiede zu gewähren.
kFine so hohe Sand⸗ oder Kiesschicht hat aber ein ziemlich be—
)eutendes Gewicht, welches größere Balken, dickere Einschub—
retter und stärkere Umfassungswände erfordert und somit die
derstellung des Neubaues wesentlich vertheuert. Aus allen
diesen Gründen können diese beiden Füllmaterialien vom tech—
nischen Standpunkte aus als vortheilhafte nicht angesehen werden.
Gerberlohe besitzt zwar ein geringes Gewicht, ist aber feuer—
zefährlich und daher auch nicht empfehlenswerth.
Lehm und Steinkohlenasche saugen begierig Feuchtigkeit an
und bieten nach den Untersuchungen von Prof. Dr. Hartig