Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 47, Bd. 6, 1887)

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Berichte ans Städten. 
in der forstlichen Presse und in Forstvereinen eingehend be— 
sprochen zu werden. Hierzu neue Anregung zu geben, ist der 
Zweck dieser Zeilen. Während unserer zehnjährigen redaktionellen 
Thätigkeit, bemerkt dazu das „Handelsbl. f. Walderzeugn.“, 
haben wir vielfach Gelegenheit gehabt, die Veränderungen, welche 
sich bei den aus dem Schwarzwald auf dem Neckar, Main und 
Rhein nach Aschaffenburg, Mannheim, Mainz und Heilbronn ver— 
flößten und von diesen Holzstapelplätzen den rheinischen Märkten 
zugeführten Fichten? und Tannen-Langhölzer vollziehen, zu be— 
obachten. Diese Floßhölzer werden in Süddeutschland und 
namentlich am Rhein als Gebalkholz dem sogenannten Landholz 
(nicht geflößten), welches aus dem Walde unmittelbar der Be— 
arbeitungsstätte zugeführt wird, stets vorgezogen, trotzdem sich 
der Preis des Flehholzes, gegenüber dem nicht geflößten, um 
50 pcct. höher siellt, und zwar aus folgenden Gründen: 1. Floßz— 
holz wird vom Holzwurme nicht angegriffen; 2. Floßholz ist für 
Bauten, namentlich als Gebälk, dauerhafter. Durch das Flößen 
kfommt das Holz dauernd mit fliebendem Wasser (das Versenken 
des Holzes in stehendem Wasser bewirkt das Gegentheil, wie 
Versuͤche gelehrt haben) und Luft in Verbindung und es tritt 
zunächft eine chemische Zersetzung der stickstoffhaltigen Stoffe ein; 
diese Zersetzungsprodnkte werden aber ebenso wie allenfalls vor— 
handene Laͤrven des Holzwurmes durch den erneuten Wasser⸗ 
zufluß ausgespült, wodurch der weitere Fortgang der Zersetzungs⸗ 
horgänge aufgehoben wird. Nachdem das Flößen vorüber, wird 
ein Audtrocknen des Holzes von selbst bedingt, während bei dem 
dandholze der Stamm gefällt, auf den Werkplatz gefahren und 
baldmöglichst verarbeitet wird. Bei diesem Verfahren ist aber 
in Anetrocknen des Holzes nicht möglich und so kommt es häufig 
vor, daß Hölzer, zu Gebälken verwendet, welche nicht forgfältig 
geschält und gehörig gelagert wurden, vor ihrer Verwendung in 
hreim eigenen Safte erstickt sind, „trockenfaul“ und mürbe werden. 
Da die Gebälke im Bau durch ihre Berührung mit dem nassen 
Mauerwerke noch Wasser aufnehmen, jedenfalls aber durch, das 
bedingte Verschaalen von allen Seiten von der Luft abgeschnitten 
werden, kann nicht allein das vorhandene Wasser nicht nur nicht 
verdunsten, sondern auch der noch vorhandene Pflanzensaft wird 
ebenfalls nicht vertrocknen können, dagegen aber in Gährung 
übergehen. Durch die Gährung werden die Zellen zerstört und 
erfolgt hieraus die Auflösung des Holzes. Auch als Vorbeugungs⸗ 
mittel gegen den Borkenkäfer ist das baldige Verflößen des Holzes 
nach dem Einschlage zu nennen, indem hierdurch die Brut ge— 
sodlet wird. Wir haben die todten Käfer häufia an geflößtem 
Holz gefunden. 
Evangelischer Kirchenbau in Rußland. Ueber 
evangelische Kirchenbauten rufsischen Stils veroͤffentlicht Bau— 
meister Altendorff in Leipzig in dem ,christl. Kunstbl.“ einige 
zusführlichere Mittheilungen, denen wir folgende Angaben ent⸗ 
nehmen: In den russisch-polnischen Gebieten ist der evangelisch⸗ 
hristliche Kirchenbau fast garnicht entwickelt; die Gemeinden sind 
meist nicht groß genug, eigene Gotteshäuser zu errichten und 
vehelfen sich inzwischen mit gewöhnlichen Versammlungsräumen 
als Betsaälen: Etwa beabsichtigte Gemeindebauten werden meist 
durch die Forderung der Regierurg zurückgedrängt, den russischen 
Baustil für die gewünschten Kirchen zu wählen. Neuerdings 
hat ein Fabrikant in Sosnowice sich erboten, auf eigene Kosten 
eine evangelische Kirche zu erxichten und hat nur nach sehr langen 
Verhandlunden die Erlaubuiß 'dazu erhalten, nachdem der ur— 
sprüngliche im romanischen Stil aufgestellte Entwurf in mannich— 
tacher Weise abgeändert werden. Der Architekt selbst bezeichnet 
ihn jetzt als modern gothisch-romanisch und die von ihm in der 
angegebenen Zeitschrift bekannt gegebene Skizze, wie sie die Re⸗ 
zierung als zulässig anerkannt hat, trägt wirklich den Stempel 
ines unerfreulichen trockenen Mischstils, wofür der Erfinder 
nicht mehr verantwortlich gemacht werden kann. Die Vorder⸗ 
frout erhält statt des Thurmes einen bescheidenen Giebelaufbau 
mit einer kleinen Glocke; die Seiltenansicht hat unten Flachbögen, 
darüber kleine gothische Spitzbogenfenster; der Altar darf nicht 
frei stehen, er muß nach russischer Art an die Wand gesetzt 
werden; der ganze Innenbau wird den Nationalkirchen nach— 
zebildet. Die Erwartung, daß ein solches Halbding in Zukunft als 
'mustergültig“ für den evangelischen Kirchenbau in Rußland sein 
onnte, möchte wohl Niemand theilen 
Berichte aus Städten. 
Berlinu. Die moderne Berliner Bauweise. Die neuen 
Häuserfronten in Berlin, namentlich im Centrum, und ganz besonders 
n der Leipziger- und Friedrichstraße, machen einen äußerst statt⸗ 
lichen Eindruck. Wie oft ist nicht die Anerkennung dem modernen 
Berlin gespendet worden! Und in der That, wenn das „stattlich“ 
Bezug hat auf die Massenhaftigkeit der einzelnen Bauwerke, so 
äßt sich jenem Lobe beistimmen, denn Breite und Höhe der 
Facaden sind von geradezu imponirenden Dimensionen. Aber 
ofern der ästhetische Maaßstab angezogen werden soll, kommt 
nan zu einem völlig entgegengesetzten Urtheil. Was den meisten 
»ieser Bauten fehlt, schreibt das „Berl. Tagebl.“, ist die har—⸗ 
nonische Verbindung zwischen Eisen und Stein. Das moderne 
Heschäftsleben verlangt große Räume mit möglichst vielen und 
weiten Schaufensteröffnungen und wenigen Pfeilern und Wänden. 
Dieser Forderung ist seit etwa zwanzig Jahren das Eisen entgegen— 
gekommen, aber, wie gesagt, auf Kosten der ästhetischen Seite 
her Architektur. Im Erdgeschoß und den beiden folgenden Stock— 
verken der Häuser löst sich die Façade in luftigster Weise in 
Fisen und Glas auf, während sich über diesem scheinbar un— 
tabilen Unterbau die schweren, geschlossenen Mauermassen der 
ibrigen zu Wohnzwecken aufthürmen. So gewinnt man den 
Findruck, als ob der obere Theil der Fagaden geradezu 
'n der Luft schwebe, oder die dünnen Eisenpfeiler der unteren 
Konstruktion nicht im Stande seien, die gewaltige Belastung zu 
fragen. Etwas, das allen ästhetischen Gesetzen der Architektur 
und besonders ihren Lehren von dem Verhältniß zwischen Stütze 
und Last Hohn spricht, macht sich in wirklich unschoöner Weise be— 
merkbar. Und an alledem ist die Verbindung zweier Materialien 
zon so verschiedenen Festigkeitsverhältnissen, wie Eisen und Stein, 
chuld. Eine gußeiserne Säule von 100 Quadratcentimeter Ouer⸗ 
chnitt trägt vielleicht dieselbe Last, wie eine Steinsäule von 
2500 Quadratcentimeter Querschnitt. Einige wenige Eisensäulen 
hon ganz geringen Querschnittsdimensionen tragen die gewaltigsten 
Steinmassen. Unser Auge, welches in die innere Natur der 
Materialien nicht einzudringen vermag, urtheilt einfach nach dem 
Aeußern und fühlt sich durch jene räumliche Disharmonie, durch 
dieses Mißverhältniß der einzelnen Bauglieder unter einander 
und durch diese unstabile Auflösung der unteren Façadenhälfte 
geradezu beleidigt und beängstigt. Man sehe sich die Fronten im 
Fentrum Berlins an und man wird Beispiele in Menge finden. 
Die aufgeklebten Ornamente aus der italienischen, französischen 
ind deutschen Renaissance, womit wir uns so gern selbst be— 
rügen, und die alterthümlichen, meist weniz gerechtfertigten 
Thurm- und Giebelbauten sind nicht im Stande, den Eindruck 
u verwischen, daß jene Architektur, welche in Eisen und Stein 
Jaut, organische und demgemäß harmonische Werke bisher nicht 
zeschaffen hat. Diese modernen Ladenhausbauten sind, unserer 
Ansicht nach, äußerlich noch nicht zur wirklichen Vollendung vor— 
zedrungen. Es wird überhaupt schwer sein, in dieser Verbindung 
von Eisen und Stein und von Laden- und Wohnhausbau etwas 
virklich Befriedigendes zu schaffen. Immermehr muß sich die 
Ansicht Bahn brechen, daß die Geschäftshäuser im Innern 
»er Stadt dieser ihrer Bestimmung ausschließlich gewidmel 
ind demgemäß, ähnlich wie in den großen Städten Amerikas 
nur in Eisen konstruirt werden. 
Berlin. Nach den gemachten Erfahrungen wird das zu 
leberdachungen von Durchfahrts- und Hofkellern verwendete 
Wellblech, glicichviel, eb dasselbe verzinkt oder mit Mennige— 
instrich veisehen ist, in kurzer Zeit vom Rost ergriffen und durch 
denselben, namentlich in nicht luftdicht abgeschlossener Lage, zer— 
stört. Da der Zeitpunkt, bis zu welchem solche Ueberdeckungen 
hinreichend tragfähig bleiben, nicht festzustellen ist und daher be— 
fuͤrchtel werden muß, daß dieselben, insbesondere beim Befahren, 
Aufftellung von Lasten ꝛc. plötzlich ganz oder theilweise einstürzen. 
vodurch Gefahr für Leben und Gesundheit herbeigeführt werden 
kann, so hat das Polizeipräsidium, wie wir hören, beschlossen, 
folche Wellblechüberdeckungen in Zukunft nicht mehr 
zuzulassen und die sämmtlichen Bauinspektionen demgemäß 
mit Anweisungen versehen.
	        

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