Reform der Mühlenanlagen zur Abwendung von Mühlenbränder
240
Derselbe Baumeister baute die Mühle wieder auf und
b drutchelb Jahren brannte die unglückliche Mühle zum dritten
Male! ...
Nun hieß es, der Stadtbaumeister von B., ein schon alter
Herr, verstehe die Sache vermuthlich doch nicht recht; wie könne
auch sonst eine neugebaute Mühle so schnell und gänzlich ab—
brennen!
Man berief nun einen sonst sehr geschickten Bauingenieur
von W. («es sind dies jetzt etwa zehn Jahre her) und derselbe
stellte die Mühle ganz neu her, nach den besten Anforderungen
der Neuzeit, mit sogenanntem Kunstmühlen- oder eisernem Ma—
schinenbetrieb, wie man es in Frankreich, Enaland und Ameriko
schon längst hatte.
„Jetzt kann die Mühle nicht mehr brennen!“ sagte der In—
genieur zum Besitzer, „was soll denn brennen?! Vie eisernen
Maschinen fangen nicht Feuer, das Gebäude ist aus Stein und
Ziegeln, die Daͤcher sind mit Ziegeln oder Schiefer gedeckt, stellen—
weise sogar mit Eisenblech; man muß nur darauf sehen, daß
die Vorraͤthe an Getreide und Mehl immer schnell in die feuer—
sicheren Schuppen kommen, sodaß, wenn schon einmal Feuer irgend—
wie ausbrechen sollte, was ich nicht glaube und hoffe, es nicht
soviel Nahrung bekommt.“
Mit der Zeit aber riß der alte Schlendrian im Betriebe
der Mühle wieder ein; um Arbeit zu ersparen, wurden die
Fruchtsäcke und Mehlvorräthe massenweise in der Nähe der
Mühle selbst (d. h. fast unmittelbar in der Nähe des Mühl—
werkes selbst) aufgestapelt und dazu kam noch die unglückselige
moderne Hantiruug mit den Petroleumlampen.
Die neue, schöne Kunstmühle brannte binnen einem Jahre
ab, also zum vierten Male.
Wie ist nun solchen Kalamitäten dauernd abzuhelfen?!
Einzig und allein nur durch die Anwendung des
Pavillonsystems auf die Mühlenanlagen mit Zuziehung eines
wirklich feuersicheren Baues.
Keller und Parterre müssen mit feuersicheren und trag—
ähigen Gewölben versehen sein, oder mit sicheren Einwölbungs—
decken zwischen Eisenbalken (Traversen), welche außerdem durch
Lehmzöpfe oder Gypshäckselstuck auf Drahtgeflecht vor dem Er—
zlühen geschützt werden müssen.
Die Maschinen müssen selbstverständlich nur eiserne, so
zenannte „Kunst“⸗Maschinen sein mit Turbinenbetrieb. Von
den Mehlerzeugungsräumen oder den eigentlichen Mahlräumen
zehen kleine schmalspurige Förderbahnen zur Fortschaffung, resp
Herbeischaffung der Frucht- und Mehlsäcke; die Decke des ersten
Stockwerkes über dem Erdgeschoß ist ebenfalls mit eisernen
Traversen und Zwischenwölbung herzustellen. Alle Werk- und
Depoträume sind mit doppelten eisernen Thüren einzurichten;
auch die Fenster sollen eiserne Laden bekommen, um zur Nacht—
zeit und an Sonntagen besseren Schutz nach außen hin zu
geben.
Der Mehlraum, an sich isolirt, stehe mit den Depots
nur durch lange Korridore, mit Glasdach, leichtem Eisen und
Ziegeln (oder Stein) gebaut, in Verbindung; die Depots und
Schuppen oder benachbarten Ställe, Scheunen ꝛc. (Wohngebäude
nicht minder! müssen ebenfalls ohne Ausnahme an und für
sich feuersicher gebaut sein, und moͤglichst hat man darauf zu
sehen, daß jedes einzelne Bauobjekt ziemlich oder ganz isolir
ist. Außerdem ist zu empfehlen, daß die Depots besonders ir
mehrere Unterräume durch mindestens /, m dicke Wände, ir.
welche doppelte eiserne Thüren eingelassen sind, von einander zu
trennen sind, wobei es sehr ersprießlich sein würde, wenn mar
diese Abtheilungsmauern über Dach noch m hoch hinaust
fortsetzt.
Wird nach diesen Angaben, die sich schon oft bewährten,
strenge vorgegangen, so kann in der Regel auch nur immer ein
Gebaͤndetheil brennen (bei ordentlicher Bauweise eigentlich nur
ausbrennen, nicht durch- und niederbrennen); alle einzelnen
Räume sind ja durch die erwähnten Schutzwände und doppelte
eiserne Thüren von einander getrennt, außerdem sollen sich in
allen Räumen, besonders aber im Mahlraum selbst, dann in
den Depots, Wasser- oder Feuerwechsel mit leicht beweglichen
Saug- und Druckpumpen (Hydranten) befinden, so daß bei jedem
Feuerausbruch sogleich helfend eingeschritten werden kann. Nicht
minder wären in allen den feuergefährlicheren Räumen auto—
natische Feuerindicatoren,“) welche mit elektrischen oder pneu—
matischen Lärmsignalen in Verbindung stehen, sehr angezeigt.
Nur so darf und soll ein moderner Baumeister, Bau—
Ingenieur, Architekt oder Bauunternehmer von nun an eine
nene Mühlen-Anlage herstellen, nie anders, da er sonst die
moralische Verantwortlichkeit für jedes Brandunglück übernimmt
ind auf seine Schultern wälzt, weil er die moderne Einrichtung
vohl vielleicht gekannt, aber aus irgend einem nichtigen oder gar
erwerflichen Grunde keine Anwendung davon gemacht hat; denn
nit der Beobachtung der hier beschriebenen Maaßregeln ist fast
ede Möglichkeit des Umsichgreifens eines Brandes in
Mühlen ausgeschlossen.
Ich empfehle allen Mühlenbesitzern und Fachgenossen diese
vohlgemeinten Rathschläge und aus der einschlägigen in- und
ausländischen Literatur, sowie eigener langjähriger Erfahrung
zeschöpften Erfahrungen und bitte, dieselben nicht mit bekannter
leberlegenheit etwa in den Wind zu schlagen, sondern geneigtest
zu prüfen und sich dadurch von der Wichtigkeit und Richtiakeit
derselben zu überzeugen.
Es braucht wohl schließlich laum viel besprochen zu werden,
daß die Anlage einer elektrischen Beleuchtung in einer jeden
Mühle sehr leicht herstellbar ist und auch in Bezug auf Feuer—
iicherheit sehr gute Dienste leistet. Die erste Anlage macht
illerdings Anfangs einige Auslagen, aber der Betrieb kostet ja
hei vorhandener Wasser- oder Dampfkraft fast nichts.
Außer den genannten Vorsichtsmaaßregeln sind auch noch
nachfolgende Winke wohl zu beherzigen, welche jedoch mehr den
Betrieb angehen, aber auch bei dieser Gelegenheit besprochen
werden sollen und zwar:
1. Vermeidung der Aufstellung von vielen hölzernen Ge—
räthschaften, Kästen, Kisten, Fässern; zu diesem Zweck sind eigene
Sortirräume und Packlokalitäten anzuordnen;
2. vermeide man überhaupt das viele Umleeren, Füllen der
Zäcke und ungeheure Stauben durch zweckmäßigere Betriebs—
EFinrichtungen, denn eben der überflüssig vorhandene Mehlstaub
wirkt bei einem Brand wie Pulver und pflanzt das Feuer durch
»ffen stehende Thüren in benachbarte Räume ꝛc. fort. Daher
oll jedes größere Quantum gemahlenes Korn sofort durch Roll—
vagen in Seitenräume, oder durch Aufzüge in obere oder besser
intere Räume geschafft werden;
3. Vermeidung von hölzernen Fußboͤden, Ersatz durch Estrich
ꝛituminösen Kalk oder Thon, Ziegel oder Stein, Cemeniplatten;
4. fleißige Oelung der Maschinen, damit sich dieselben nicht
heiß laufen und dann die Mehlstaub-Atmosphäre entzünden;
5. Alle Treppen, Leitern, Untertheilungen ꝛc. müssen aus
Stein, Eisen oder aus beiden Materialien verbunden hergestellt sein;
6. Es ist sehr zu empfehlen, außer den eisernen Fenster—
äden auch Drahtgitter bei den Fenstern anzubringen, deren
Maschenweite aber nicht so knapp bemessen sein darf, daß da—
durch dem Tageslicht der Zutritt zu sehr erschwert wird; aber
es gilt, die Fenster gegen Einwurf an sich und gegen Ein—
hringung von Brandstoffen zu schützen.
Dies dürften von den in zweiter Linie in Betracht kommenden
Maaßregeln die wichtigsten sein. L. TAK.
*) Mechanische Apparate, welche sich durch plötzliche Wärme, Tampf—
bildung, Verbrennung oder Schmelzung, eines Apparattheiles, wodurch
eine Auslösung von Hemmungen erfolgt, in Bewegung setzen.
das Kestauratious-Hrhäude und der Aussichtstsurm in der Park—-
aulagt auf der Türkenschauze hei Vien.
(Hierzu sechs Abbildungen.)
Die Pläne zum Restaurationsgebäude wurden vom Archi—
ekten Baurath Wilhelm Stiassny entworfen und vom Stadt—-—
»aumeister Anton Krones ausgeführt; dasselbe steht gerade auf
enem Theile des Parkes, wo früher der Schießgraben für die
alte Schießstätte auf der Türkenschanze sich befand.
Diese Sandgestätte wurde vor ca. achtzig Jahren aufgelassen
und mit dem vorhandenen Stein- und Schuttmaterial verschüttet
und darauf der Schießgraben für die bis Ende der 7Oer Jahre
hestandene Schießstätte hergestellt.
Im Jahre 1885 wurden die Erdarbeiten für die Herstellung
»es Parkes nach dem Plane des Wiener Stadtgärtners Sennhol
egonnen; der alte Schießgraben wurde noch ca. 21, m pe