Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 49, Bd. 8, 1889)

Mittheilungen aus der Praris. 
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Mittheilungen aus der Praris. 
Von der Standfestigkeit hoher Bauwerke. Der preußische 
Minister der öffentlichen Arbeiten hat von der Akademie des 
Bauwesens ein Gutachten über die Berechnung der Stand— 
estigkeit heher Bauten aus Mauerwerk auf kleiner Fundament⸗ 
fläche gegenüber dem Winddrucke eingebolt. Hiernach wäre kein 
Hrund vorhanden, von der bisherigen Annahme eines größten, 
enkrecht auftreffenden Winddruckeßs von 125 kg.pro qm ab 
zugeben, welcher im Falle des schiefen Auftreffens im Verhältniß 
des Quadrates des Cosinus des Richtungswinkels zu verkleinern 
stt. Windpressungen von 125 kg pro qm seien im deutschen 
Binnenlande nie beobachtet worden und Bauwerke, die unter dieser 
Annahme richtig erstellt worden seien, hätten nie durch Sturm— 
vind gelitten. Größere Belastungen seien zwar örtlich infolge 
Zusammenziehens des Luftstromes durch lokale Hindernisse nicht 
rusgeschlossen, wie auch an Küstengebieten, namentlich in Schott— 
and, bedeutend größere Windprefsungen beobachtet worden seien; 
rioch würden solche Verhältnisse nur an den Beobachtungsorten 
elbst Berücksichtigung verdienen, im llebrigen die 125 kg pro qm 
»ine hinreichende Sicherheit gewährleisten. Was die Berechnung 
der Standfestigkeit solcher Bauwerke, wie also auch boher Kamine, 
reihstehender Mauern, Thürme ꝛc. betrifft, so müßte, soweit sie 
ils einheitliche Mauerkörper betrachtet werden können, dafür ge— 
sorgt werden, daß die Mittelkraft aus dem Eigengewicht über 
dem gefährlichen Schwerschnitt und dem einwirkenden, un— 
zünstigst gerichteten, stärksten Winddruck noch innerhalb des Mauer— 
verks verbleibt und dem äußeren Rande desselben nicht so nahe 
ritt, daß eine Zerstörung des Materials durch Druck herbeigeführt 
verden könnte. Diese Voraussetzung muß auch unter der Annahme 
erfüllt sein, daß eine Adhäsion des Mörtels an den Steinen 
nicht vorhanden und sich die Lagerfugen windseitig ungehindert 
zffnen können. Man kann nicht sagen, daß diese Regeln zu 
zroße Sicherheit für die Stabilität der Bauwerke verlangen. Im 
Brückenbau wird allgemein mit einem größeren Winddrucke ge— 
wechnet, in Frankreich nach Köchlin „Applications de la statique 
zraphique“ mit 150 kg auf den quu bei belasteter und mit 
70 kKg bei unbelasteter Brücke. Winkler schlägt vor 1500 kg 
ür den qm bei belasteter und 150—250 kKg bei unbelasteter 
Brücke. Und hier handelt es sich noch um tiefgelegene Objekte, 
vährend die Windgeschwindigkeiten in Höhen, in welche die 
Schornsteine und Thürme ragen, entschieden größere sind, weil 
der hemmende der rauhen Erdoberfläche mit der Höhe rasch 
inkt. Will man sich aber mit der Annahme eines geringeren 
Winddruckes begnügen, so dürfte es doch rathsam sein, das Auf— 
reten von Zugspannungen gänzlich auszuschließen, mit Aufstellung 
der Forderung, daß die Stützlinie nirgends aus dem Kern des 
Querschnittes heraustrete. 
Widerstandsfähigkeit auf Druck beanspruchter Stützen bei 
erhöhter Temperatur. Nachdem schon Bauschinger eine Anzahl 
Versuche gemacht, welche Aufschluß geben sollten über das Ver— 
jalten von belasteten Stützen im Feuer und bei einseitiger Ab— 
ühlung durch Anspritzen mit Wasser, haben die Herren Max 
Möller und R. Lichmann in Hamburg weitere, sehr umfangreiche 
Versuche angestellt, deren Ergebniß kurz folgendes ist: Die 
Versuchsstücke, theils Gußeisen- theils Schmiedeisenstücke, in 
zleichen Abmessungen wurden in horizontaler Lage durch Druck— 
vasserpressen in ähnlicher Weise beansprucht, wie es lothrechte 
Säulen durch das zu tragende Gewicht sind. Um ungünstigen 
Verhältnissen, denen die Säulen durch erxcentrische Belastung 
zusgesetzt sein können, Rechnung zu tragen, wurde den Probe— 
tücken immer 1 cm Excentricität gegeben. Durch ein Koaks— 
euer unter denselben konnten sie beliebig erhitzt werden. — Als 
erstes Resultat ergab sich nach den Verhandlungen des Vereins 
zur Beförderung des Gewerbefleißes, daß namentlich Gußeisen— 
äulen möglichst central belastet worden sollen, weil es bei ein— 
eitigem Aufliegen leicht bricht, während in dieser Hinsicht 
Schmiedeeisen etwas günstiger ist, da es etwas nachgeben kann. 
Im Uebrigen aber verhalten sich beide Stoffe ungefähr gleich. 
Wesentlich ist für beide, daß die daraus hergestellten Säulen 
seinen zu geringen Durchmesser erhalten; unter —!/, sollte 
m Verbältniß der Länge nicht gegangen werden. Bei einseitiger 
Rothglut tragen gut ausgeführte Stützen etwa die Hälfte, wie 
in kaltem Zussand. Gebeumft und War um mekrete Shnten 
ann die Wirkung des Feuers durch Umhüllung mit einem 
chlechten Wärmeleiter werden, z. B. Cementpuß mit Draht 
»der Holz mit Blechverkleidung. Dieses Verfahren der Ein— 
leidung ist also durchaus zu empfehlen, denn in den meisten 
Brandfällen wird ein Zeitgewinn von Stunden ausschlaggebend 
ein. Vortheilhaft ist auch, in gußeiserne Säulen ein großes 
Rohr aus Schmiedeeisen zu stecken und den Zwischenraum mit 
'ehm oder Sand auszufüllen, weil hierdurch auch schon ge— 
prungene Säulen noch zusammen und tragfähig erhalten werden 
oönnen. Zur Berechnung von feuerfesten Säulen ist die Formel 
P F 
h i 1 —RX— 
2 
⁊ 
in welcher 55 1 Kg pro qem zu setzen. Von Mauerwerk hielt 
ich am Besten solches aus Klinkern, indem dieses im Feuer 
venig leidet, während solches aus Sandstein und Granit leichter 
erfällt und zersplittert; man kann rechnen, daß von diesem per 
Stunde durch das Feuer etwa eine Schicht von 15 em Dicke 
erstört wird. 
Schieferbedachung auf Mühlengebäuden. Bei der Be— 
»achung der Mühlengebäude und Speicher haben wir in den 
erschiedenen Wellblechen den für diesen Zweck besten und em— 
fehlenswerthesten Artikel. Niemals sollte man diese Gebäude 
nit Schiefer bedecken, da dessen Anwendung aus verschiedenen 
rsachen zu verwerfen ist. So hat z. B. ein Schieferdach bei 
iner Feuersbrunst die Probe schlechter bestanden, als ein be— 
iachbartes Schindeldach. Das Schieferdach wurde nämlich durch 
finwirkung der Hitze von einem im Brande stehenden nachbar— 
ichen Gebäude in Scherben verwandelt und dem Feuer der nackte 
Dachtheil zu einer Zeit dargeboten, wo das benachbarte Schindel- 
»ach noch unversehrt geblieben war. Der Wasserstrom, der auf 
ie erhitzten Schieferplatten gegossen wurde, verursachte eben deren 
zerfall, während er die Schindeln mit Erfolg beschützte. Es 
äßt sich wohl nicht in Abrede stellen, daß ein Schieferdach 
»urch Funkenflug weniger in Gefahr kommt, als ein Schindel⸗ 
»ach, doch ist in allen Fällen, wo viele Gebäude eng aneinander— 
toßen, der Schiefer als Dachdeckungsmaterial zu vermeiden. 
Magnet zum Entfernen von Eisensplittern aus Augen 
uind Wunden. Die Nähmaschinenfabrik vormals Frister und 
soßmann A.-G. in Berlin hat auf der Ausstellung für Unfall— 
VLerhütung einen kleinen Magnet ausgestellt, welcher die Be— 
timmung hat, zum Entfernen der Eisensplitter aus Wunden 
ind Augen zu dienen. Wie bekannt, ereignet sich bei der Be— 
irbeitung des Eisens und Stahles häufig, daß kleine Eisen— 
heilchen bei der Bearbeitung mit verhältnißmäßig großer Kraft 
ibspringen und in die Haut oder in die Augen dringen. Da 
zie Entfernung des eingedrungenen Körpers mit einer Pincette 
der Zange nur durch einen Arzt vorgenommen werden kann, 
o benutzen die Arbeiter gern einen Magneten zur Entfernung 
zes Eisensplitters, bei welchem ein geschicktes Zufassen nicht er— 
orderlich ist. Außerdem kann der Magnet das unter das Lid 
jerathene Eisenkorn unter demselben hervorführen, was in an— 
erer Weise nur dadurch erreicht werden kann, daß man das Lid 
imklappt. Auch der Arzt wird sich des Magneten gern bedienen, 
vo es sich um die Entfernung eingedrungener Eisensplitter 
vandelt. Die genannte Berliner Fabrik hat nun den für solche 
zwecke bestimmten Magneten eine geeignete Form gegeben, in— 
zem sie die Schenkel eines Hufeisenmagneten in schlanke Spitzen 
iuslaufen läßt, die sich bis auf einige Millimeter nähern und 
in ziemlich intensives Feld bilden. Der so gebildete Magnet 
ermag kleine Splitter, an die er auf einige Millimeter heran— 
ebracht werden kann, ziemlich fest zu fassen, sodaß man die— 
elben mit ihm herausziehen kann. Die Magnete sind polirt 
ind vernickelt und gestatten eine leichte und gute Reinigung. 
Das Rutschen der Leitern, welches oft Ursache von Unfällen 
st, wird dadurch wirksam verhindert, wenn unter die platten 
Baäͤume kleine Platten von Kautschuck angeheftet werden. Das 
o nahe liegende einfache Mittel bewährt sich vortrefflich bei den 
»erschiedenartigsten Dielungen: auf Stein, Asphalt, Cement, 
Hlas oder Eifen. Bei Holz wird dadurch auch das lästige Zer— 
techen durch die Eisenspitzen an den Leitern, wie sie zur Ver— 
zütung von Unfällen seitens der Berufsgenossenschaften vor— 
teschrieben sind, vollständig vermieden
	        

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