Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 49, Bd. 8, 1889)

Entscheidungen. — Erfindungen. 
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Beauftragten nur dann verantwortlich gemacht werden, wenn ihm jelbst 
ine mit demselben in kausalem Zuisammenhang stehende fahrlässige 
Verichuldung zur Last fällt, wenn er zum Beispiel bei der Auswahl 
einer Beauftraägten die pflichtmätzige Aufmerksamkeit aus den Augen 
esetzt, wenn er etwa unzuverlässige, nicht sachkundige ec. Arbeiter be⸗ 
zuitragt hat, oder wenn er im Hinblick auf die Beschaffenbeit der be⸗ 
effenden Arbeiten während deren Ausführung, nach den kenkreten 
ämständen Veranlassung zur Kontrelle und Nachprüfung gehabt hätte 
ind seiner diestallsigen Pflicht nicht nachgekommen war. 
Verunglückung auf dem Wege zur Arbeit. Welch wabrhaft 
abionderliche Zumuthungen ven Seiten mancher „im Gewerbebetrieb 
Verunglückter“ an die Unfallgenossenschaften gestellt werden, davon 
icr ein bezeichnendes Beispiel: Der Steinmetz Decke, so berichtet 
das „Berliuer Tagebl.“, kam am 19. Januar d. J. nach beendeter 
Hlittagsrause auf seinen, in der Johanniterstraße 7 belegenen Arbeits- 
Jatz. Im Begriñ, üich auf die Arbeitsstätte zu begeben, glitt er auf 
em eiscsglatten Boden aus, stürzte und erlitt eine Quetschung der 
inken Hüfte. Er begehrt nunmehr, als „im Gewerbebetrieb ver— 
inglückt und zur Hälfte noch immer arbeitsunfäbig,“ die entiprechende 
sente. „Denn,“ so sagt er, „ich mußte doch auf Arbeit geben!“ 
Das bätte Ihnen auf jedein andern Hofe, auf der Straße selbst 
assiren können, und es ist ein reiner Zufall, daß der Sturz erst auf 
dein Hoie geschah und auf Ihrem langen Wege nicht anderswo!“ 
utgegnet der Vorsitzende. Gleicher Meinung ist auch der Ve'rtreter 
der“ Untallgenossenschaft. Es jei, meint derselbe, vielfach schon zux 
Winterszeit, vor eder nach der Arbeit vorgekommen, daßz Jemand 
zuf dem infolge Glatteises unsicheren Boden ausgeglitten und hin— 
sestürzt sei. Von einem „Betriebsunfall“ könne hier doch in keiner 
Weise die Rede sein, denn wohin würde man wohl bei Anwendung 
ieser Praxis gelangen? Aus all' diesen Gründen ward denn auch 
nach kuͤrzer Berathung des Klägers die von vornherein aussichtslose 
Forderung als vötlig haltlos vom Schiedsgericht zurückgewiesen. 
Ein Unterhändler war von einem Eigenthümer beauftragt 
vorden, ibm eine fünfprozentige Hypothek von 30 000 Mark zu be— 
chaffen, und war hierfür eine sofort zahlbare Provision von einem 
»alben Prozent schriftlich zugesagt worden. Da die Hypothek die 
deuerkasse wesentlich überschritt, so bielt es sehr schwer, einen Geld— 
nann zu finden; jedech blieb die rastlose Thätigkeit des Unterbändlers 
nicht obne Erielg, dem es endlich gelang, das Geschäft zum Abschluß 
»ringen zu können. Er führte den Eigenthümer mit dem Geldmann 
usammen, und beide verabredeten den Tag, an welchem das Geschäft 
vor dem Grundbuchrichter abgeschlossen werden sollte. Doch im letzten 
Augenblick fand der Eigenthümer Gelegenheit, das Geschäft unter 
zünstigeren Bedingungen abzuichließen, und schrieb deshalb an den 
dapitalisten, daß er mit ibhm nicht kontrahiren wolle. Vergebens wartete 
der Unterbändler auf das Erscheinen seines Auftrag- und Geldgebers 
ruf dem Grundbuchamte, suchte endlich den Ersteren in seiner Wohnung 
ruf, wo er von ihm erfuhr, daß dieser von einem andern Kapitalisten 
»as Geld erhalten habe. Der Unterhändler verlangte trotzdem seine 
Preoviiien und klagte dieselbe ein, da der Eigenthümer sich zur Zablung 
ticht bequemte. Er begründete die Klage darauf, daß er seiner kon— 
raktlichen Pflicht vollständig genügt, indem er dem Beklagten den 
veldmann zugeführt habe, und dieser mit ihm bis zum Abschlusse des 
Beschäfts einig geworden sei. Bis zur Herbeiführung dieses Abschluffes 
eicht für ihn, den Kläger, unr die Möglichkeit, zu handeln, was da— 
über bhinaus geht, konnte nur vom Beklagten gethan werden. Das 
Amtsgericht hat jedoch die Klage zurückgewiesen und führt in den Ent— 
cheidungsgründen aus: Die versprochene Gebühr kann erst dann ge— 
ordert werden, wenn das Geschäft wirklich abgeschlossen ist, denn bei 
Ertheilung eines Vermittelungsauftrages bedarf es nicht der ausdrück— 
ichen Abmachung, daß die Gebühr nur für den Fall des Zustande— 
kemmens des Geschäfts zugesichert werde, vielmebr ist die Bedingung 
als selbstverständlich überall da als gestellt anzusehen, wo nicht ein 
anderes verabredet ist. Nach der Natur des Geschäfts ist beim Makler— 
pertrage, wenn die Vertragschließenden nicht ausdrücklich vereinbart 
»aben, als verabredet anzuseben, daß dem Auftraggeber der Widerruf 
des Auftrages freistebt, und es kann der Makler die zugesicherte Gebühr 
'elbit dann nicht verlangen, wenn sein Auftraggeber den Abichluß des 
rusreichend vorbereiteten Geschäfts willkürlich verweigert oder verhindert 
at. Ob Kläger wegen seiner Thätigkeit Ersatz der gehabten Unkosten 
ind Vergütung seiner Mühe zu fordern berechtigt wäre, darüber konnte 
der Richter nicht entscheiden, da ein solcher Anspruch nicht geltend 
gemacht ist. 
Dem Besitzer des Gasthofes ‚ Germania“ in Berlin, am Königs— 
zraben 1802 und 19, war die Genehmigung zur Anlegung einer Bade— 
inrichtung in den Kellerräumen des Gebäudes vom Königl Polizei— 
Präfidium versagt, weil diese Räume, welche als zum dauernden Auif⸗ 
enthalt von Menschen bestimmt anzusehen seien, tiefer als 50 cmn 
anter dem Straßenniveau lägen und semit den Anforderungen des 
d7a der Bauvrelizei-Ordnung nicht entsprächen. Der Gasthofbeützer 
lagte auf Aufbebung der abweisenden Verfügung und der Bezirks— 
ausschutz zu Berlin erkannte am 26. Februar d. J. diesem Antrage 
gemäß mit folgender Begründuna: Es muß dem Kläger darin bei. 
getreten werden, daß die projektirten Baderäume, als zum dauernden 
Aufenthalt von Menschen bestimmt, im Sinne der Baupolizei-Ordnung 
nicht angesehen werden können. Die Bauordnung führt Badestuben 
ind Bedürfniß-Anstalten unter denjenigen Räumen auf, welche nur 
»orübergebend von Menschen benutzt werden können. So lange daher 
Badestuben und Bedürfnißanstalten als solche in Benutzung sind, 
önnen die Vorschriften des F 374 a. a. O. auf sie nicht angewendet 
verden, und es bedarf nicht erst der Erörterung, ob diese Benutzung 
n geringerem oder stärkerem Maaße stattfindet. Was von Badestuben 
Jilt; muß auch von Badeanstalten gelten; denn diese sfind nichts 
inderes, als eine Verbindung von mehreren Badestuben. — Der be— 
tlagte Polizeipräsident legte gegen diese Entscheidung Berufung ein. 
Wenn schon, so führte er aus, dem Kläger geglaubt werden solle, daß 
r nur Badestuben für seine Gäste, nicht auch zur Benutzung für das 
veitere Publikum einzurichten beabsichtige, so müsse doch auch zur Be— 
zienung dieser Gäste ein ständiges Personal gehalten werden. Um 
»en Begriff der zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmten 
Räume zu erfüllen, genüge es aber, wenn in denselben ein gewisser 
Personenkreis in regelmäßig wiederkehrenden Zeiträumen sich aufhalte. 
Dem gegenüber wiederhelte der Kläger, daß er besondere Bade— 
värter gar nicht anstellen wolle; seine Hötelbeamten sollten zugleich 
iuch die Bedienung der Badestuben übernebmen; zur Bereitung eines 
Zades brauchten dieselben sich aber jedesmal nur ganz kurze Zeit in 
»en Baderaum zu begeben. Das Ober-Verwaltungsgericht, IV. Senat, 
rkannte am 10. v. M. auf Bestätigung der Vorentscheidung aus 
olgenden Gründen: Der Vorderrichter befindet sich allerdings in einer 
echtsirrigen Auffassung, wenn er Badestuben und Badeanstaälten ohne 
Weiteres gleichstellt. Wenn auch eine einzelne Badestube nach Vor— 
chrift der Baupolizei, als zum dauernden Aufenthalt von Menschen 
»estimmt, nicht angesehen werden kann, so kann doch eine Badestube 
»er ganzen Art ihrer Benutzung nach sehr wohl diesen Charakter au⸗— 
rehmen. Es ist aber von der Voraussetzung auszugehen, daß der 
dläger seiner Angabe gemäß die Badeeinrichtung nur von seinen 
Zöͤtelgästen benutzen lassen und besonderes Badepersonal nicht halten 
vird. Die Möglichkeit einer anderweiten Benutzung ist zwar nicht 
rusgeschlossen, rechtfertigt aber die Versagung der Bauerlaubniß nicht. 
Erst wenn thatsächlich ein Mißbrauch vorkäͤme, würde die Volizei— 
»ehörde berechtigt sein, dagegen einzuschreiten. 
Die auf einem Grundstück erbäuten gesammten Fabrikräume 
zatte ein Fabrikant auf drei Jahre gemiethet und sich in dem ge— 
chlossenen Miethsvertrage verpflichtet, die sämmtlichen Abgaben, 
Zteuern u. dergl., sowie den Verbrauch des Gases und Wassers aus 
einen Mätteln zu zahlen. Er hatte dies bisher ohne Sträuben ge— 
han, bis ihm im März die Feuerkassenquittung über 26 Mk. vorgelegt 
vurde. Dem Vermiether blieb bei der Weigerung des Miethers, zu zahlen, 
ein anderer Weg, als den Feuerkassenbeitrag zu decken; da aber der 
Miether die Erstattung beharrlich ablehnte, reichte er die Klage gegen 
hn ein, welche ihm zu seinem Rechte verhalf. Es liegt auf der Hand, 
o lauten die Entscheidungsgründe, daß die mit den Worten „u. dgl.“ 
zufgeführten Abgaben und Steuern im Vertrage nur beispielsweise 
ingegeben sind, also nicht eine erschöpfende Aufzählung enthalten sollen, 
ind daber die Feuerkostenbeiträge vom Miether uͤbernommen sind. 
Diese Auslegung wird schon durch den gewöhnlichen Sprachgebrauch 
jeboten, nach welchem unter den auf einem Grundstück haftenden Ab— 
aben auch die Feuerkassenbeiträge verstanden werden. Auch ergiebt 
ich aus der Gleichstellung der Abgaben und Steuern mit dem Gas— 
ind Wasserverbrauch deutlich, daß sich die Besteuerung nicht bloß auf 
Abgaben im eigentlichen Sinne, sondern vielmehr auf alle diejenigen 
zasten bezieht, welche von dem Gruudfstückseigenthümer zu tragen sind, 
vozu zweifellos auch die Feuerkassenbeiträge gehören. Uebrigens handelt 
;s sich um einen geschlossenen Pachtvertrag, und dieser hätte nach 8 292 
Theil J, Titel 21 des Allgemeinen Landrechts eines ausdrücklichen Vor— 
»ehalts bedurft, um den Verpächter zur Tragung der Feuerkassen-Bei— 
räge zu verpflichten. (873 Theil J. Titel 4 Allgemeinen Landrechts.) 
Erfindungen. 
Ein neues Ventilations-System. Große Erfolge sind auf dem 
Hebiete der Ventilation schon erzielt worden, doch noch lange nicht sind 
ie Bestrebungen, dem Menschen wie dem Thiere in seinen Wohnungen, 
Arbeitsräumen, ec. reinste Luft zu geben, endgiltig abgeschlossen. Georg 
Kerschbaum in Kruman dürfte es gelungen sein, einen Schritt vor— 
värts gemacht zu haben. Kerschbaum's Patent-Ventilator ist sehr ein ; 
ach, keiner Reparatur unterworfen und entspricht den hygienischen An- 
prüchen vollkommen. Er besteht aus einein Rehre, welches von der 
reien Außenwand unter dem Fußboden bis zum Ofen, von dort bis 
um Heizraum rückwärts des Ofens geführt wird woselbst es in eine 
zrößere, mit einem Windrade versehene Kapsel einmündet; von dieser 
jus wird ein System spiralförmig gewundener Röhrchen direkt aus 
der Flamme des Heizraumes geführt, welche mit dem Ende durch die 
Ifenwand in's Zimmer ausmündet. Sobald nun geheizt wird, erhitzt 
ich die Luft in den kleinen Röhrchen sofort, dehnt sich aus und strömt.
	        

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