Mittheilungen aus der Praxis. — Zur Frage der Städtereinigung und Städtehugiene.
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allein die Verantwortung.“ — Gesagt, gethan, das Fischband
purde mit abwärts gerichtetem Zapfen an die Thür geschlagen
und das Problem war gelöst. Jeder Tropfen Oel senkte sich
ibwärts bis zur Reibfläche an der Spitze des Zapfens und er—
üllte seinen Zweck bis zum kleinsten Rest,
Nach Jahr und Tag aber, während ich gerade verreist war,
»egab es sich, daß so meine alte Thür sich etwas gesenkt hatte,
ind der Meifter half, wie üblich, durch Unterlegen zweier Ringe
iach, was natürlich bei so erschwerenden Umständen nicht ohne
»iniges Knurren über die ketzerische Neuerung abging. Indem
nun' aber die beiden Bandtheile an den eisernen Ringen sich
iieben, fing das schon vergessene Gequärr erst recht wieder an. Da
aufte ich mir für einige Pfennige ein Stückchen Messingftab
»on der ungefähren Dicke des Zapfens, sägte mittelst einer Laub—
äge ein paar Scheibchen davon ab und warf sie in die Pfanne.
Da war dem Uebel wieder abgeholfen und die Reibung von Eisen
nuf Messing ging noch viel leichter. —
„Sie sind halt so ein Düftler,“ meinte dann einer meiner
Zuhoörer. — „Nein,“ sagte ich, nur ein Grübler, der überall fragt:
Warum? Und dieses ‚warum' sollte ein jeder Handwerker sich
u täglicher Erinnerung über seine Werkstatt schreiben, da würde
er sich und seinen Kunden manchen Aerger ersparen. Dr. K.
(„Hessisches Gewerbeblatt.“)
Einfache Prüfung, ob sich in der Mitte eines gefällten
Stammes anbrüchiges Holz befinde. Zu dem Ende legt man,
wie in der „Landwirth. Presse“ empfoblen wird, den Stamm hori—
ontal mit jedem Ende auf eine Unterlage, worauf Jemand mit
zinem Hammer gegen die eine Grundfläche des Stammes schlägt,
vährend ein Anderer das Ohr der entgegengesetzten Grundfläche
nähert. Ist der Stamm von gesundem Holz, so hört letzterer
ieden Hammerschlag hell und deutlich, sollte auch der Stamm
ß60 bis 80 Fuß lang sein. Wenn dagegen die Hammerschläge
am anderen Ende nicht hörbar sind oder dumpf klingen, so ist
diesß ein Zeichen von anbrüchigem Holz im Innern des Stammes.
und gleichzeitig die Jauche durch Filtration im Boden vor der Abfuhr
der ftüssigen Theile in die Flüsse zu reinigen.
Der Berliner Rieselbetrieb, dessen Anlagekosten am 1. April 1884
für den bis dahin fertigen Theil 60 Millienen Mk. betrugen, erweist
ich für das große Quantum der abzuführenden Fäkalien als zu klein;
vährend im gewöhnlichen landwirthschaftlichen Betrieb Fäkalien von
10 Menschen pro Jahr auf einen ha verwendet werden, kommen beim
Berliner Rieselbetrieb pro ha die Unratbstoffe von 300 Menschen mit der
undertfachen Wassermenge, und zwar in ununterbrochener Aufbringung.
Bei dieser kontinnirlichen Schwemmung ist es natürlich, daß das durch
Intergrund, beziehungsweise durch Drainirungsanlagen in die Flüsse
elangende Wasser wohl ziemlich schlammfrei, aber noch mit allen
äulnißfähigen gelösten Stoffen geschwängert ist, ungerechnet die großen
Jauchmengen, welche durch die Notharäben und im Winter direkt in
die Flüsse gelangen, und es ist auch die von berufener Seite be—
ürchtete, gefährliche Versumpfung der Rieselfelder unausbleiblich, wenn
die Rieselfläche nicht namhaft vergrößert wird.
In Frankfurt a. M. versuchte man — um der befürchteten Ver—
umpfung auszuweichen — die Spüljauche durch eine mit Kosten im
Betrage von vielen Millivnen Mk. hergestellte Kläranlage zu reinigen;
die Erfolge lauteten nach einem neueren Berichte dahin, daß man
durch die Klärung die Millionen in einem Quantum ungereinigter
Jauche befindlichen Fäulnißkeime auf soviel Hunderttausende herab—
zedrückt babe, was aber bei der ungeheuren Vermehrungsfähigkeit
dieser Lebewesen gar nichts sagen will; dafür hat man aber Berge
die Luft verpestenden Schlammes erzielt, der für die Landwirthschaft
durch die gemachten Zusätze total unbrauchbar ist und für welchen
nan keine Verwendung weiß.
Seither sucht man sich gegen diese beständig drohende Gefahr
der Luftverpestung durch Zumischen von sogenannten Desinfektions—
nitteln: Eisenvitriol, Karbolsäure, Kalk, mangansaures Natron, Schwefel⸗
äure ꝛc. zu den Abfallstoffen zu schützen. In dem Gutachten vom
18. August 1880 der von der preußischen Staatsregierung eingesetzten
vissenschaftlichen Deputation ist ausdrücklich gesagt, daß nach den vor⸗
iegenden Untersuchnngsresultaten keine einzige der geüben Desinfektions—
uind Sedimendirungsmethoden ein auch nur annähernd sicheres Er—
gebniß liefere, daß die volle Unschädlichmachung nur durch Vebrennung
der Oxydation und Verbrauch durch die Landwirthschaft zu erreichen
ei. In Folge dieses Gutachtens wurde auch das Abschwemmen der
tädtischen Fäkaljauchen in die öffentlichen Wasserläufe seitens der
Staasregierung bereits in verschiedenen Staaten Dentschlands unter—
agt. In Hannover z. B. wurde die Einleitung der Kanalwässer in
»ie Ihme und Leine auf Widerruf und nur unter der Bedingung ge—
tattet, daß jedes Wafserkloset und jede Abortsspülanlage strikte ver⸗
»oten wird. In Frankfurt a. M. wurde sogar die Ausflußöffnung
der Kanalisation in den Main auf Befehl der Staatsregierung ver—
nauert und dadurch die ganze Kanalisation gesperrt. In England
vird durch ein neuerlich erlassenes Gesetz he Rivers pollution
»reventing act“ Jeder mit hoher Strafe bedroht, der den Eintritt
ester oder flüssiger Abortstoffe in öffentliche Wasserläufe verschuldet
oder gestattet.
Außerdem ist es eine von Autoritäten des Baufaches auf ver—
chiedenen Ingenieur- und Architektenversammlungen anerkannte
Thatsache, daß durch die alkalischen Zersetzungsprodukte der Exkremente
elbst die aus bestem Cement hergestellten Mauern der Gruben und
Fanäle zerstört werden und alsdann natürlich die Flüssigkeiten im
Boden versickern und, wenn der Brunnen in der Nähe ist, das Wasser
esselben vergiften.
Unter solchen Umständen sind natürlich Abortspülanlagen für die
zukunft ein Unding, auch deshalb, weil durch Verdünnung der Stoffe
»eren Gefährlichkeit keineswegs vermindert, die Quantität der zu be—
eitigenden entwertheten Stoffe aber vervielfacht wird.
Auch der Wiener Gemeinderath hat in letzter Zeit zur Frage
der Verwerthung der Fäkalien Stellung genommen, indem die 2. Sek—
ion dieser Körperschaft beschlossen hat, den Magistrat und das Stadt⸗
»auamt zu beauftragen, wegen zweckmäßiger Verwerthung der Fä—
'alien, insbesondere unter Berücksichtigung der über diese Angelegenheit
vährend des vorjährigen hygienischen Kongresses gepflogenen Be—
athungen, Bericht zu erstatten und Anträge zu stellen.
In dieser, für viele Gemeinden höchst peinlichen Lage ringt
aus bescheidenen Anfängen ein System zur Geltung empor, das si
iuf allgemein anerkannte Prinzipien und thatsächliche Erfolge, die be—
'anntlich den ärgsten Zweifel zu bekehren im Stande sind, stützt.
Es ist dies das System der sofort nach der Entstehung der Ex—
remente mittest felbstthätig wirkender Streuapparate stattfindenden
Bedeckung und Auftrocknung derselben vermittelst des Moostorfmull.
Der Torfmull ist ein sehr leichtes lichtbraunes Pulver, welches fabriks—
näßig aus dem in unseren Hochmooren in unerschöpflichen Massen
ibgelägerten Moostorf hergestellt wird. Die tägliche Produktion von
Torfmull und Torfstreu in Deutschland beträgt circa 25000 Centner;
dieselbe wird in mittels Dampfpressen fest zusammengepreßten Ballen
pon 100 — 200 kg Gewicht zu und 1 chm Rauminhalt versendet:
'n Oesterreich sind circa 135 s3 Meilen große Lager vorhanden
Zur Frage der Städtereinigung und Städtehygiene.
Ron Ignaz Rohalzel, Civil-Ingenieur.
(Hierzu 14 Figuren.)
Es giebt heutzutage wohl keine brennendere Frage für die Oeffent—
ichkeit, als die der Beseitigung städtischer Fäkalstoffe in einer die
Besundheitspflege, die Landwirthschaft und die Volkswirthschaft gleich
bollkommen befriedigenden Weise. Die Gesundheitspflege verlangt
chleunige Beseitigung aus den Gebäuden und gefahrlose Unterbringung,
die Landwirthschaft die Rückgabe der in den zur Stadt gelieferten
Nabrungsmittel enthaltenen Pflanzennährstoffe durch Konservirung
des Düngergehaltes bis zur geeigneten Verwendbarkeit, die Volks—
virthichaft fordert Verwerthung des hohen Düngerwerthes der Stadt—
äkalien“).
Die Reinigung und Reinbaltung der von uns bewohnten Scholle
»on allen Auswurf- und Abfallstoffen muß behufs Vorbeugung der
Entstehung und Verbreitung von Infektionsherden als Hauptaufgabe
erachtet und ihre Löäsung im Interesse der Gesammtheit mit Konsequenz
ind Ausdauer angestrebt werden.
Die Streitfrage, ob die Städtereinigung durch die Kanalisation
der durch die Abtuhr bewirkt werden fell, 'ist, obwobl anscheinend
den der Tagesordnung abgesetzt, noch lange nicht entschieden. Die
Hleinungen über Nutßen und Ziweckmäßigkeit beider geben noch sehr
wveit auseinander. Als besonders geeignet für die Städtereinigung
werden zwei Reinigungsverfabren, und zwar die Kanalisation in Ver.
indung mit Berieslung und das Desinfektionsverfahren in Verbindung
nit der Fäkaldungfabrikation empfohlen.
Von beiden Seiten wird behauptet, daß durch ihre praktische
Anwendung nicht blos die für das öffentliche Gesundheitswobl so ge⸗
räbrlichen menschlichen Auswurfs- und anderweitigen Abfallsstoffe am
ichersten und chnellsten ohne Benachtheiligung der Einwehner un—
crädlich gemacht, sondern auch die landwirthichaftlichen Interessen mit
Rücksicht auf, die Verwerthung der betreffenden Auswurf- und Abfall—
teffe als Düngmaterial gewäbrt werden.
In Berlin versuchte wan die Lösung dieses Projektes durch eine
Abänderung des seither allgemein beliebten, aber jeßt fast überall
urch harte Gesetze verbotenen Einlasses der Jaucheu in die Flüsse,
nndem man die aus den Aborten fertgespülten Stoffe, mit den Wirthschafts—
wässern vereint, durch großartige Kanalisation und Pumpwerke auf
dazu bergerichtete Ländereien leitete, um dieselben damit zu düͤngen
) In Deutichland betragen die jäbrlichen Ausgaben für überfeeische
Düngermittel zirka 100 Pilionen Morkf