Mittheilungen über Ausstellungen. — Entscheidungen.
Mittheilungen über Ausstellungen.
Die unter dem Protektorat Seiner Majestät des Kaisers und
Königs stehende Deutsche Allgemeine Ausstellung für Unfallverhütung,
welche während der Sommermonate dieses Jahres zu Berlin auf
dem Ausstellungsterrain am Lehrter Bahnhof stattfinden wird, findet
bei den der Industrie ferner stehenden Kreisen vielfach noch nicht das
verständnißvolle Interesse, welches ihrer Bedeutung entspricht.
Es handelt sich, wie irrthümlich angenommen wird, keineswegs
um eine bloße Fachausstellung, die lediglich auf das Interesse eines
hegrenzten Kreises angewiesen wäre; das Unternehmen wird vielmehr
in seiner äußeren Gestaltung sich als eine große Industrie- und Ge—
werbe-Ausstellung repräsentiren, welche alle bis jetzt in Deutschland
peranstalteten ähnlichen Ausstellungen schon durch ihre räumliche Aus—
dehnung übertreffen wird. Der große Ausstellungspalast, die vor—
zandenen Stadtbahnbögen, die neu erbaute mächtige Maschinenhalle
und eine Anzahl anderer Neubauten, Hailen, Tempel ꝛc. werden die
zroße Zahl der Ausstellungsgegenstände, welche der Unfallverhütung,
GBewerbehygiene, und der Wohlfahrt der Arbeiter dienen, kaum zu
afsen verinögen.
Um die Zwecke der der Unfallverhütung dienenden Apparate er—
enntlich werden zu lasseu, werden dieselben soweit als möglich im
Betriebe vorgeführt werden. Auch für die Vorführung kompletter
industrieller und gewerblicher Anlagen (so z. B. einer Papierfabrik,
Mühle Spinnerei, Brauerei, Checoladenfabrik) ist Vorsorge getroffen.
Das Unternehmen wird — das glauben wir schon jetzt sagen zu
önnen — an Bedeutung, Umfang, Vielseitigkeit, Glanz und Vor—
nehmheit der ausgestellten Gegenstände ein imposantes Bild gewähren.
Auch werden einige besondere Anziehungspunkte — wie die Darstellung
eines Bergwerks, eines Theaters, Tauchervorstellungen, besondere Be—
euchtungseffekte — geeignet sein, die Aufmerksamkeit und die Beachtung
der weitesten Kreise in Anspruch zu nehmen.
8.
Entscheidungen.
In Löhe eines empfangenen Dahrlehns von 600 Mk., welches
nach drei Jahren rückzahlbar war, hatte der Empfänger auf Verlangen
des Gläubigers einen Schuldschein und zur größeren Sicherheit einen
Wechsel in gleicher Höhe unter der Bedingung ausgestellt, daß der
Wechsel nicht weiter gegeben werden dürfe. Nach dem Tode des
Bläubigers, welcher ungefähr zwei Jahre nach Abschluß des Darlehns—
geschäfts erfolgte, ersuchten dessen Erben um Rückgabe der 600 Mk.
»ehufs der Theilung des Nachlasses, und erhielten sie dieselben gegen
Aushändigung des quittirten Schuüldscheins. Der Wechsel war im
Nachlasse nicht zu finden, und wurde derselbe deshalb von beiden
Theilen für unguüͤltig erklärt, unter der Verpflichtung seitens der Erben,
hn dem Acceptanten herausgeben zu wollen, falls er nachträglich zum
Vorschein kommen sollte. Nach Ablauf von drei Jahren wurde dieser
Wechsel dem Aussteller von einem Fremden, der denselben mittels
Blankogiro erhalten hatte, präsentirt, da nicht Zahlung erfolgte, pro—
estirt und gegen den Acceptanten eingeklagt. Trotz der erhobenen
Einwendungen über die Entstehung dieses Wechsels erfolgte die Ver—
urtheilung des Schuldners und sauf die Vollstreckungsklausel die
Zahlung an den Wechselinhaber. Da sich die Erben auf Erstattung
des Wechselbetrages und der Unkosten nicht verstehen wollten, klagte
der Acceptant des Wechsels gegen dieselben unter der Behauptung,
)aß er dem erkennenden Richter im Wechselprozeß ausdrücklich erklärt
)abe, er würde nur unter Vorbehalt zahlen. Das Landgericht Berlin
hat trotzdem die Klage ohne Anordnung einer Beweisaufnahme zurück;
gewiesen, weil es nach 88 165, 166 folg. Theil J Titel 16 Allgemeinen
Landrechts des Nachweises eines Irrthums seitens des Kläges bedurft
hätte, und dieser nur darin bestehen könne, daß er glaubte, im Wechsel—
prozeß den Einwand der Tilgung der dem Wechsel zu Grunde liegen—
den Darlehnsschuld nicht mehr geltend machen zu dürfen, während ihm
nach 8 562 Zivilprozeß-Ordnung die Ausführung seiner Rechte hätte
vorbehalten werden müssen, wenn er dem Wechselanspruch wider—
prochen hätte. Dieser Irrthum war also kein solcher, daß dieserhalb
die Rückforderung der ohne Vorbehalt geleisteten Zahlung gerecht—
sertigt werden könne. Ein gesetzlich zulässiger Vorbehalt ist aber in
der nach Publikation des Urtheils dem Richter gemachten Erklärung
nicht zu begründen.
Der Hauptbürge steht dem Rückbürgen ebenso gegenüber, wie
der Gläubiger dem Hauptbürgen. Unter denselben Verhältnissen,
inter denen der Gläubiger sich unmitterbar an den Bürgen halten
ann, ist dies auch der Hauptburge dem Rückbürgen gegenüber befugt.
Dies wird ausgeführt vom Reichsgericht, 1V. Zivil-Senat, im Urtheil
»om 25. Oktober 1888 in folgender Weise: „Die 88 300 folg. J
14 A. L.⸗R., welche von dem Rückbürgen handeln, stellen zwar den
der Vorschrift des 8 283 a. a. O., welcher das Verhältniß des
Hläubigers zum Bürgen betrifft, entsprechenden Satz auf, daß der
HDauptbürge verbunden ist, sich zuerst an den Hauptverpflichteten zu
halten, ohne zugleich auf die in den 88 297 folg. vorgesehenen Aus—
nahmefaäͤlle hinzuweisen, in welchen der Gläubiger unter Umgehung
des Hauptschuldners sofert den Bürgen in Anipruch nehmen kann.
Dies rechtfertigt jedoch nicht die Folgerung, daß das Gesetz dem Haupt-
»ürgen die Befreiung von der Vorausklage in jenen Fällen habe ver—
agen wollen. Das Verhältniß zwischen dem Hauptbürgen, der den
Hläubiger befriedigt hat, und dem Rückbürgen ist dasfelbe, wie das
Verhältniß zwischen dem Gläubiger und dem Hauptbürgen. Der
Rückbürge hat dem Hauptbürgen in derselben Weise Sicherheit zu
sewähren, wie dieser dem Gläubiger. Es ist daher kein Grund er—
ichtlich, weshalb das Gesetz den Hauptbürgen dem Rückbürgen gegen—
iber ungünstiger habe stellen wollen, als den Gläubiger dem Haupt—
»ürgen gegenüber, und die gegentheilige Annahme erscheint umsomebr
zusgeschlossen, als durch 8 384 a. a. O. dem Rückbürgen wegen der
Befreiung von der Bürgschaft gegen den Hauptbürgen dieselben Rechte
»eigelegt sind, welche diesem gegen den Gläubiger zukommen.“
Zwei wegen Hausfriedensbruchs unter Anklage gestellte Arbeiter
hatten einen Neubau der Hamburger Freihafenlager-Baugesellschaft in
der Absicht, die noch am Bau beschäftigten Arbeiter zur Niederlegung
»er Arbeit zu veranlassen, betreten. Es kam in Frage, ob der Neubau
ils befriedetes Besitzthum zu erachten sei. Das Reichsgericht, III.
Straf⸗Senat, spricht sich im Urtheil vom 12. November 1888 dahin
ius: „Zum Begriff des befriedeten Besitzthums im Sinne des 8 123
»es Strafgesetzbuchs gehört nicht, daß dafselbe äußerlich mit einem
»ewohnten Hause in Verbindung gebracht ist und mit demselben ein
virthschaftliches Ganze bildet; es genügt vielmehr, wenn der Eigen—
hümer oder berechtigte Inhaber das unbewegliche Gut in äußerlich
⸗rkennbarer Weise mittels zusammenhäugender Schutzvorrichtungen
jegen das beliebige Betreten durch Andere gesichert hat. (VBgl. Entsch.
XS. 293) Es kann daher ein einzelner, in Frage kommender Neu—
»au ein befriedetes Besitzthum im Sinne des 8 123 Ziffer 1 Straf
gesetzbuch darstellen. Es ist dies jedoch nicht nothwendig der Fall;
ielmehr wird dies lediglich davon abhängen, ob der konkrete Neubau
nach seiner Bestimmung und seiner konkreten, im Zeitpunkt der unter
die Anklage des Hausfriedensbruchs gestellten Handlung vorhanden
zewesenen Beschaffenheit und baulichen Einrichtung dem oben be—
eichneten Erforderniß entspricht.“ Hieraus darf folgender Satz ber
geleitet werden: Ein Neubau kann ein befriedetes Besitzthum bilden,
edoch nur dann, wenn er in äußerlich erkennbarer Weise mittels zu⸗
ammenhängender Schutzvorrichtungen gegen das beliebige Betreten
»urch Fremde gesichert ist. Damit mit Sicherheit auf dieses Urtheil
dor den Gerichtshöfen verwiesen werden kann, geben wir das Akten—
eichen des Reichsgerichts an: III. 2371. 88.
Im Anschluß an die Rekursentscheidung Nr. 500 wurde vom
Reichsversicherunggamt unter dem 24. September v. J. erkannt, daß
die Entschädigungspflicht der Berufsgenossenschaft für die Folgen eines
AUnfalls dann wegfällt, wenn der Verletzte, einer ausdrücklichen ärzt—
ichen Anordnung zuwider, ohne Grund das Krankenhaus verläßt,
uind wenn dieses Zuwiderhandeln nach glaubhafter sachverständiger
Versicherung zur Folge hat, daß der Heilungsprozeß, welcher sonst ein
vollständiger, jedwede Erwerbsunfähigkeit ausschließender gewesen wäre,
»erart unterbrochen wird, daß eine theilweise Erwerbsunfähigkeit zurück—
»leibt. Die letztere ist in diesem Falle nicht sowohl die Folge des
Betriebsunfalls, als vielmehr der freien Handlungsweise des Verletzten.
Die Ausführung der Malerarbeiten in einem Ausbau wurden
inem Malermeister uͤbertragen. Nach der Vollendung der Arbeiten
tellten sich so große Mängel heraus, daß der Eigenthümer sich ge—
nöthigt sah, von der Rechnung 420 Mk. auf so lange Zeit abzusetzen,
ais die Arbeit brauchbar hergestellt war. Diese Unbrauchbarkeit wurde
iamentlich darauf zurückgeführt, daß, da die Farbe auf die zum Theil
roch feuchten Wände aufgetragen war, dieselbe von der porösen Mauer—
täche nicht aufgesogen und mit ihr verbunden werden konnte. Der
Maler bestritt seine Verpflichtung zur Neuherstellung, legte vielmehr
die Schuld dem Eigenthümer bei, der den Anstrich auf die feuchten
Wände verlangt hatte und schritt, da eine Einigung nicht zu erzielen
var, zur Klage. Die im Prozesse vernommenen Sachverständigen
»ekundeten die theilweise Unbrauchbarkeit des Anstrichs, und aus diesem
Hrunde erfolgte die Abweisung des Klägers, weil dieser die Zerstörung
»es Anstrichs durch die Nässe der Wände hätte voraussehen müssen.
Er war verpflichtet, den Beklagten auf die Möglichkeit des Mißlingens
einer Arbeit aufmerksam zu machen, und bestand derselbe alsdann
noch auf die Ausführung, so erfolgte dieselbe selbstverständlich auf seine
vefahr. Der Kläger hat also durch sein eigenes grobes Versehen den
Verderb des Anstrichs verschuldet und kann deshalb erst Entgelt ver—
angen, wenn die Arbeit in einem brauchbaren Zustand geliefert wird,
»ezw. die zur Zeit daran vorhandenen Mängel beseitigt worden sind.
Ein Tischler, der durch einen Unfall eine Verletzung an der
rechten Hand erlitten, welche dieselbe für Tischlerarbeiten unbrauchbar
nachte, fand eine Kontorstellung, die ihm einen höheren Lohn brachte,
ils er vorher gehabt, der indessen geringer war, als der seines Vor—
jängers im Kontor. Genossenschaft wie Schiedsgericht hatten auf
Linstellung der Rente erkannt, das R.-Versicherungs-Amt dagegen
entschied auf Fortzahlung, da der Verletzte wesentlich in dem Gebrauche
der verletzten Hand beeinträchtigt, also eine Verminderung seiner Er—