Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 49, Bd. 8, 1889)

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Bautechnische Notizen. — Vermischtes. 
ie Kunst der Architektur erzielt hat, ist das Andere einfacher gehalten. Die 
anze Facade ist aus bessirtem Quaderwerk gebildet. Nächst dem Mittel—⸗ 
an' elgen auf jeder Seite drei Fensteraren, binter denen ein Risalit mit 
erspringendem Konsolbalken den Abschluß bildet. Ter Mittelbau öfinet 
sch nach dem Kaiserplatz bin in drei Portalen, zu denen einige Stufen 
nauffübren, wabrend an den Ecken stattliche Kandelaber Auistellung ge— 
unden baben. Die Sritenansichten find architettonisch geringer betont, 
enio die Rückseite, in deren Mitte als ein Halbrund der durch zwei Ge— 
chesie gebende Festsaal vorspringt. Zwischen Audienzfaal und Festsaal liegt 
die Praächttreppe, die an allen Seiten von Gängen umgeben ist. Der Kaiser— 
»alast, der in der Architektur den vornebmiten italienischen Palästen sich 
inschließt, dabei aber gesunde moderne — 
virde nich der „Teutsch. Bauztg.“, welche die Hauptansicht mittheilt, in 
ürzem voen Parte und Gartenanlagen umgeben, die seiner Erscheinung im 
vanzen noch sehr zu Gute kommen werden. 
Beim Abladen der Manersteine in den belebteren Straßen einer 
Stadtcuiitebt nicht blos jedesmal eine sebr störende Unterbrechung des Ver— 
Thrs auf dem Bürgersteige, sondern auch nicht selten eine direkte Gefabr 
ir die Vorübergebenden, wenn den beim Abladen thbätigen Arbeitern ein 
Stapel von drei, vier und mehr Steinen, die sie sich untereinander zu— 
kichen, aus den Händen aleitet. Durch eine Einrichtung, welche an einem 
eubau in Berlin zu beobachten war, ist die Verkehrsstörung sowohl, als 
ruch die Gefabr glücklich vermieden. Eine aus Brettern hergeftellte Rinne 
vurde dort auf zwei Leitern derart aufgestellt, daß sie von dem Steinwagen 
iuf den Bauplaß reichte und sich in solcher Höhe über dem Trottoir bin— 
og, daß die Fußgänger bequem unter der Rinne passiren konnten. Die— 
cihe lag auch so genuͤgend schräg, daß die Steine, welche vom Wagen aus 
medie Rinnenöffnung gelegt wurden, von selbst, auf den Bauplatz hinüber— 
güütten; nur selten mußte der Arbeiter dabei ein wenig nachhelfen. Die 
Linrichtung verdient die Beachtung der Bauunternebmmer, denn sie ist nicht 
Aos bequein für das Publikuni, jondern spart auch den Arbeitern unnöthige 
Wrbeit. 
Kirchenheizung mit Gas. Die Ludwigskirche zu Saarbrücken 
burde kürzlich mit einẽr Gasbeizung installirt. Tie Kirche hat einen Raum— 
FJubalt von 14000 chm und sind dementsprechend 14 Oefen derart sym— 
netrisch vertbeilt, daß sie die Schönheit des neuerdings renovirten Baues 
durchaus nicht beeinträchtigen. Bei der Probe der Einrichtung ergab eine 
weistündige Heizung eine Temperaturzunabme von 8 Grad Celfius; bei 
der Heizung zum ersten Weihnachtsabend-Gottesdienst nahm die Temperatur 
u 27 Stuͤnden um h! EGrad Gelsius zu. Die Anlage der Heizung ist in 
urzen Zügen folgende: Die Zufübrung des Gases erfolgt von den zwei 
egenübertiegenden Seiten der Kirche unter den Treppen der nördlichen und 
üdlichen Enpore, wofelbst die z. B. noch rückständigen großen Gasuhren 
ufstellung finden werden. Längs der Umfassungswände sind symmetrisch 
W, im Schiff der Kirche 2, im mer also 14 Oefen nach dem System 
rause &Moedebeck in Berlin aufgestellt. Einem jeden solcher Ofen, welcher 
2 großze Bunfenbrenner vereinigt, deren stündlicher Gasverbrauch sich zu— 
ammen auf 3,8 cbin beläuft, fällt also ein Heizraum von 1000 cbm 
iu. Der stündliche Gaskonsum berechnet sich danach, wenn sämmtliche 14 
Defen brennen, rund zu 50 cbm. In der Anordnung der Leitung ist 
arauf Rücksicht genommen, daß ohne alle Umstände an den betreffenden 
Stellen Abzweigungen für eine in Aussicht genommene Beleuchtungsanlage 
ingeschlossen werden können. Der Kirchenvorstand drückte seine groͤßte Zu— 
riedenbeit über die Gesammteinrichtung sowohl, als auch über das er— 
ielte Refultat aus. 
Vermischtes. 
Rochmals „LVie erwirbt und wie erhält man sich die Kund⸗ 
chaft?“ Ter unter obiger Ueberschrift in voriger Nummer abgedruckte Aufsatz 
sat meiner Ansicht nach ganz richtig die folgenden Grundfätze aufgestellt: 
. Ehrliches Gebahren im Geschäftsverkehr, das von Manchem, in der 
Zucht, rascher reich zu werden, nicht immer geübt wird: 
Amsicht und Geschäftskenntniß im Gewerbebetrieb: 
Befälliges Benebmen gegen die Kunden: 
.Fleiß und Ausdauer im Geschäft; 
. Pünktlichkeit in der Lieferung bestellter Arbeiten; 
ʒ. Richtige Berechnung der Preise für gelieferte Arbeiten. 
Dagegen stinmme ich mit dem Herrn Verfasser des fraglichen Aufsatzes 
arin nicht überein, daß 1) beute in verhältnißmäßzig größerem Umfang als 
ruber unredliche Mittel zur Ausbeutung des Publikums augewendet werden, 
ind daß ?) die Zeitverbältnisse im Allgemeinen für jedes gewerbliche Unter— 
iebmen in der Gegenwart sebr ungünstige seien. 
Wer die, Geschichte der Gewerbe und der Zünfte kennt, weiß, daß die 
Menschen früber nicht besser waren, als jetzt. Trotz der strengsten Strafen 
iuf, die Verfälschung von Nabrungsmitteln uud auf Uebervortheilung des 
Publikums durch zu leichtes Gewicht und zu kleines Maaß kamen deraͤrtige 
Vergeben fortwäbrend vor. Es lieferten nicht alle Meister, trotz der be— 
tandeuen Meisterprüfung, gute Waaren; auch liefen dabei geringwerthigere 
Arbeiten ven Lebrlingen und jüngeren Gesellen, wie heute, mit uünter. Der 
Handel auf dem Lande wurde vorzugsweise durch Hausirer betrikben, welche, 
ben so wenig wie beute, nur Priina-Waaren führten. — Allerdings waren 
die Mitte! zur Auwerbung und Anlockung von Kunden beschräukter, als 
gegeuwärtig und zum Theil auch durch Zunftvorschriften verpoͤnt. Tagegen 
ozr aber auch auch die Konkurrenz unter den Handwerkern beschränkter, 
vährend gegenwärtig gerade die größere Konkurrenz in den Geschäftobetrieben 
nahnt, die Kunden reell zu bedienen. 
Die Zeitrerbältnisse waren stets und sind es noch in periodischem 
Wechsel mebr oder minder günstig für gewerbliche Unternehmugen. Die 
Bewerbe entwickeln sich und blüben vorzugsweise in friedlichen ewerioße 
ind nach fruchtbaren Jahren, welche die Konsumtionsfähigkeit der großen 
Hasfe des Volkes steigern. Dies war früher ebenso wie jetzt. Auch früher 
Aaben nicht alle, sondern nur einzelne Handwerker Wohlstand und Vermögen 
rrungen. — Außer der technischen Fertigkeit und den nothwendigsten Be— 
riebemitteln gebbren noch andere Eigenschaften und Bedingungen zur 
Hrundung, Fübrung und Fruchtbarmachung,eines Geschäfts. Leider fehlt 
oft an denselben; so insbesondere an: Gewöhnung zum Frühaufstehn, 
leiß und Ausdauer; stetige Ueberwachung der Arbeiten ven Gesellen und 
ehrlingen; Sparsamkeit und Bekämpfung der vorzeitigen Genußsucht nach 
em Grundsatz' erst arbeiten und erwerbeu, dann nach Maaßgabe des Ver— 
nögens genießen“; geordneter Hausbalt und Liebe zur Häuslichkeit; Pünkt⸗ 
ichteit in der Geschäfts- und, Buchfübrung. 
Die Buchfuͤhrung däßt bei manchen Gewerbetreibenden viel zu wünschen 
ibrig. — Die neuerlichen Erbebungen über die Lage des Kleingewerbes im 
Jroßherzogthum Baden z. B. hat dies auch dort bestätigt. — Wer die Preise 
ciner Arbeiten oder viefedungen richtig berechnen kann, wer geordnete Geschäfts- 
nd Buchfübrung hat, besitzt stetigen Ueberblick über die finanziellen Erfelge 
iner Thätigkeit, hält auf angemessenen Preis und Verdienst, schädigt nicht 
ch und Andere durch unsinnige Angebote bei öffentlichen Arbeits-Vergebungen 
nd stellt seinen Kunden nicht unrichtig berechnete Preise. — Ein Geschäfts- 
janu, dessen Bücher nicht ordnungsmäßig geführt werden, kann in den 
herdacht unredlicher Geschäftsgebahrung koömmen und seine besten Kunden 
erlieren, ohne das er die Absficht einer Nebervortheilung hatte, Wer, ärgert 
sch nicht, wenn ibm ein Rechnung für einen Gegenstand präsentirt wird. 
oelchener bereits bezahlt hat? Die Frauen werden hierdurch noch mehr 
rret, als die Männer. Eine nachträgliche Entschuldigung des Geschäfts. 
nanns macht wenig Eindruck; der bekreffende Kunde ist mißtrauisch ge— 
horden und meidet intweder das Geschäft oder verdoppelt die Kontrole und 
Ferlangt, auch bei sofortiger Baarzahlung,, stets quittirte Rechnung. — Es 
iebt diele Kunden, welche bezogene Arbeiten sofort bezahlen können und 
bollen. Hinderniß aber ist, daß sie nicht alsbald die Rechnungen erhalten 
eönnen. Wie oft wird dem Gesuch um fofortige Rechnungstellung mit der 
Zemerkung entgegnet: „Ach, das hat gute Wege“; „Das eilt nicht“; „Ich 
abe jetzt zum Rechnungschreiben keine Zeit“; „Es ist mir angenehmer, 
rößere Posten zukomnien zu lassen und nur jährlich, oder halbjährlich 
dechnung zu stellen“ ꝛc. Solche Bemerkungen entspringen stets einer mangel⸗ 
aften Geschäfts- und Buchführung. Haben ist immer besser, als Aussicht 
iuf Bekommen. Zahlung, die angeboten wird, zurückzuweisen, widerspricht 
der gesunden Geschäftsgebahrung; die Zurückweisung ist entweder Folge 
ines dummen Dünkels, um zu zeigen, daß man das Geld nicht nothwendig 
ebraucht, oder des Mißtrauens in sein Vermögen, das Geld für demnächstige 
Deckung von Geschäfts- Ausgaben zurückzuhalten; oder endlich Folge mangel— 
after Buchführung. Zum Rechuungschreiben wird immer Zeit und Kraft 
egeben sein, wenn die Bücher in Ordnung sind, Das Bestreben der 
zewerbetreibenden sei darauf gerichtet, die Kunden mehr und mehr, an Baar—⸗ 
ablung, oder an kurze Zahlungofristen zu gewöhnen. Viele klagen über 
as lange Kreditgeben, thun aber ihrerseits Nichts, dieser Unsilte zu be⸗ 
egnen.“ Abgabe der Rechnung sollte stets mit der Ablieferung der Waare 
der mit der Fertigstellung einer verlangten Arbeit erfolgen; auch dann, 
venn nicht sofortige Zahlung erfolgt, oder zu erwarten age Die redliche 
Heschäftsgebahrung verlangk, daß der Kunde für bezogene Waaren oder an— 
Jeordnete Arbeiten an der beifolgenden Rechnuug die Koutrole üben kaun; 
sach Verlauf längerer Zeit ist dies in vielen Fällen nicht mehr möglich. 
Bei dem Handwerker und kleinen Geschäftsmann kann die Frau und 
nnen Toͤchter an der Buchführung ebenso, wie an Ladengeschäften, be— 
heiligt werden. Vielfach geschiebt dies mit recht gutem Erfolg. Die Frauen 
sud in Buchhaltungegeschäften und als Verkäuferinnen oft zuverlässiger und 
ewandter, als die Mänuer. 
Die Kenntniß der einfachen Buchhaltung ist leicht zu erwerben; an Ge— 
egenheit hierzu fehlt es nicht; leider werden diese Gelegenheiten von vielen 
Zandwerkern nicht gehörig benutzt. 
In den Haudwerkerschulen follen, neben Zeichnen, die hauptsächlichsten 
Anterrichtsgegenstände Rechnen, Geomctrie und Buchführung bilden. — Sehr 
rwuͤnscht ware es, wenn in den obligatorischen Fortbildungsschulen, in 
velchen technisches Zeichnen nicht geüht wird, als Hauptgegenstand, des 
interrichts, neben deutscher Sprache und Rechnen, Buchhaltung gelehrt würde. 
etztere kaun in ländlichen Orten mit besonderer Berückfichtigung der Land⸗ 
birtbschaft und in Städten mit direkter Beziehung zu gewerblichen Ver— 
ältnifsen gelebrt und geübt werden. 
Nach den von den Lokalgewerbvereinen in Darmstadt, Mainz, Worms, 
Friedberg und Erbach gemachten Versuchen empfiehlt es sich, für die Ver— 
Fältnisse in Deutschland nicht, ständige gewerbliche Fortbildnngeschulen 
ür Frauen und Mäbrchen zu unterhalten.“ Es geuügt, wenn zeitweise, 
twa alle 223 Jahre, NUuͤterrichtskurse für gewerbliche Buchführung, 
Wechselkunde, und etwa noch für kaufmännische Korrespondenz und Rechnen, 
eraustaltet werden, an welchen Frauen und erwachsene Mädchen aus mehreren 
Altersklassen theilnehmen können. Den Lokalgewerbvereinen ist dringend 
u empfehlen, derartige Kurse periodisch zu veranlassen. Für Frauen und 
Mädchen sind solche an Tagesstunden in der Woche, und zwar, sofern nicht 
hründe für eine andere Anordnung vorliegen, in der Sommerzeit abzuhalten. — 
lehnliche Kurse zur freiwilligen Theilnabme für Meister und Gesellen können 
in kleineren Orlen während der Wintermonate, an Abendstunden, veran—⸗ 
taltet werden — Vorträge sollen an das praktische Geschäftsleben anknüpfen 
ind Uebungsbeispiele dem gewerblichen Haushalt entnommen werden. 
Pünktlichteil und Gewissenhaftigteit iu der Geschäfts. und Buchführung 
ragen, wie der Herr Verjasser sehr richtig dem „Gewerbebl. f. Hessen“ 
chreibt, wesentlich dazu bei, dauernde Kundschaft zu erwerben. 
tedattion? R. Mattbev in Berlin. — Verlag von Julius Engelwann in Berlin. — Druck der WolksZeitung“. Akt.Ges. in Beriu 
Unier Verantwortlichkeit des Verlegerß
	        
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