Die Fortbildungsschule im Dienste des Kunstgewerbes. — Bauprozesse und Entscheidungen.
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Die Fortbildungsschule im Dienste
des KRunstgewerbes.
Formen vorhanden ist, muß zum Wohl des Knnstgewerbes sowohl, als
anuch zur harmonischen Ausbildung jedes Menschen der Sinn und das
Verständniß für Knnstgebilde, besonders in den huümanistischen Bildungs
anstalten, mehr, wie bisher, gepflegt werden, damit in allen Gesellschanis—
reisen der Kunst, dieser Veredlerin der Menschheit, Ther und Thuͤr
Jeöffnet werde. Verständniß seitens des schaffenden Meisters — Ver—
tändniß seitens des kaufenden Publikums — das ist der Lebenskern des
unsthandwerks: ohne diese beiden Bedingungen bleibt das Streben
nach dem Kunsthandwerk ein vergebliches Ringen, das zu erstrebende
Ideal eine leere Phrase.
Für diejenigen jungen Leute, welche sich eine höhere Fachbildung
nicht gestatten können, wird die gewerbliche Fortbildungsschule zunächit
die Anstalt sein müssen, in welcher ihr Bildungsgang zum Abichluß ge—
racht wird. Es giebt manche gute derartige Anstalt, deren Leistungen
ich weit über die gewöhnlichen Jorderungen hinaus erftrecken und die
»em Schüler eine gewisse künstlerische Ausbildung ermöglicht. Hier ist
ein besonders dankbares Feld für die Zeichenlehrer der höheren Bildungs
instalten und für Künstler, deren Pflicht es mit sein muß, sich in den
Dienst dieser Schulen zu stellen. —
Der größte Hemmschuh in Fortbildungsschulen, etwas gar nicht
u Motivirendes, ist die „Fachmeisterei“ im Zeichenuͤnterricht“ Durch
ie wird dargelegt, daß für das Zeichnen wenig Verständnißz obwaltet.
Jeder junge Mann soll als Zeichenschüler denkend zeichnen lernen,
damit er Verhältnisse, Formen und Zusammensetzungen in sich auf—
iebmen und in seinem Dienst verwenden kann. Fachunterricht gehört
ils Spezialunterricht in Fachschulen, wenn sich einer für seinen Beruf
in weitgehendster Weise ausbilden will. Darum müssen die als all—
zemein bildend anerkannten Kunstfermen mit ihrer Anwendung als
die Grundlage, als das Einmaleins des Zeichenunterrichts betraͤchtet
verden. Auf dieser Grundlage läßt sich dann weiter bauen. Einen
dischler nur Fromen von Stühlen oder Stiefelknechten, den Schuh—
nacher Schuhformen, einen Schmied Hufeisen u. s. w. zeichnen zu
assen, wie dies unsinnigerweise se oft verlangt wird, hieße der zweck
entsprechenden Ausbildung des Handwerkers direkt entgegenarbeiten.
lußer dem Sinn für Formenschönheit muß bei den Schülern zugleich
»as Verständniß für Konstruktion, also für das Entstehen derselben,
gepflegt werden. Diese Forderung liegt so klar auf der Hand, ist so
elbstverständlich, daß es darüber eigentlich weiter keiner Ausfübrungen
bedürfte. Und doch muß man mit Entsetzen sehen, wie unverstanden
»ft gerade diese Arbeiten ausgeführt werden. Wie soll deun ein
Schüler eine Ellipsenkonstruktion beispielsweise im Leben praktisch an—
venden können, wenn er dieselbe nach einer Vorlage kopirt hat? Wie
vill er eine kannelirte Säule, wie die Stege am ionischen Säulen—
chaft, wie die Verkürzungen am Kapitäl uü. s. w. u. j. w. finden
önnen, wenn er die Verhältnisse mühevoll und gedankenlos abgezirkelt
ind auf Papier kopirt hat? Selbst Leute, die durch Fachschulen ge⸗
jangen sind, denken sich oft bei dieser falschen Lehrmethode nichts, ob⸗
vohl die Schüler von dieser geisttödtenden Zeitvergeudung keinen
indern Nutzen haben, als den Besitz unverstandener, zweifelbafter,
»unt angemalter Bildchen in Form aller möglichen und unmöglichen
architektonischen Glieder. Sie find aber durch dieses Kopiren keines.
wegs befähigt worden, selbst zu schaffen und sebr oft nicht im Stande,
ein Lot auf eine Senkrechte zu faäͤllen, oder einen Winkel zu iheilen.
Seit wann ist es denn Sitte, daß man erst die Thurmspitze baut
und dann den Grund maunert? (Wieck's Gewerbezeitung.)
(Aus einem Vortrag des Herrn Franz Weitmann, Zeichenlehrer in Greiz.)
Unser Handwerkerstand weiß sehr wohl, wo es ihm fehlt; er kann
sich aber selbst nicht so helfen, wie er wohl möchte, und nur zu häufig
werden von der Seite, welche den Hebel ansetzt, die allerverkehrtesten
Mittel und Wege angewandt, um ihn dahin zu bringen, wo sein Ziel,
sein Ideal steckt: zum Kunsthandwerk. Die Sprache der Formen
wird zu wenig verstanden von Denjenigen, welche sich berufen fühlen,
den Handwerkerstand zu diesem Ziele zu führen. In den erziehenden
Kreisen fehlt zum großen Theil das Verständniß für den Werth eines
ausgeprägten Formensinns, und daraus erklärt sich wiederum die That—⸗
jache, daß man bei der Fortbildung der jungen Leute, die sich dem
Bewerbe widmen, andere Lehrgegenstände, als das Zeichnen, mehr be—
rücksichtigt, als zweckdienlich ist. Und doch ist es der künstlerische Betrieb
des Handwerks, welcher das letztere zur Höhe führt, die Kunst, die
nicht nur Zufriedenheit und Freude an selbsterdachten und -geschaffenen
Werken, sondern auch Wohlstand und Ehre verspricht. Die Ausbildung
des Formen- und Farbensinns des künftigen Handwerkers bedarf der
liebevollsten und eingehendsten Pflege von der Hand solcher Männer,
die vollständig über dem Stoff stehen, die mit ganzer Seele von diesem
Gedanken erfüllt sind, selbft in der Welt der Fermen und Farben
leben und Alles, was sie geben können, in den Dienst dieses edlen
Zweckes stellen. Der Handwerkerstand selbst aber hat mitzubauen an
dem Bau, der zu seinem eigenen Wohle aufgeführt werden soll. Denn
damit, wie es leider nur zu häufig vorkomint, daß nämlich die besser
beanlagten Söhne von Handwerkern gerade am meisten von elterlicher
Seite aus beeinflußt werden, etwas anderes zu werden, als Handwerker,
„etwas Besferes“, weil der Junge „Kopf“ hat, kann dem Handwerk
keineswegs gedient sein. Soll denn der Handwerkerstand sich aus
kopflosen oder schwachköpfigen Menschen ergänzen? Nimmermehr!
Dann wird er weder zum Ideal streben können, noch dasselbe erreichen.
Dadurch nun, daß zunächst die dem Handwerk sich widmenden Schüler
einer gründlicheren Ausbildung als bisher zugeführt werden, ist der
erste Schritt, der zum Kunsthandwerk führt, gethan.
Mancher Handwerker und jehr viele andere Leute glauben nun,
daß es für das Wohl des Standes genüge, wenn der Handwerker für
seine Person künstlerisch ausgebildet sei. Diese Anschauung ist jedoch
eine sehr einseitige. Denn was würde es einem Kleinkünstler helfen,
wenn er zwar selbst verstehen und schaffen könnte, dem andern, größten
Theil der Menschheit aber, dem kaufenden Publikum, auf dem seine
Existenz beruht, ginge das Verständniß für Formvollendung und Farben—
harmonie ab! Was würde ihm seine Kunst helfen, wenn dem Käufer
das Verständniß für dieselbe fehlt, er sich nicht an ihr ergötzen, ihr
nicht Freude abgewinnen kann! Zur Blüthezeit des Kunsthandwerks
in Deutschland, als die alten Partriziergeschlechter in den Städten
Nufträge an der Hand selbstentworfener Skizzen aufgeben konnten
und der Handwerker selbst schaffender Künstler war, da stand der
Meister groß und geachtet da. Von dem Ruhm solcher alten Hand—
werker, sowie von dem Ruf ihrer Kunstprodukte hat das deutsche Volk
bis in die jüngste Zeit gezehrt. Man war stolz darauf, einen kunstvoll
ausgeführten Gebrauchsgegenstand als Original, das von Geschlecht
auf Geschlecht sich forterbie; zu besitzen. Heute sieht man Fabrikwaare
nach einem und demselben Nuster gefertigt, Stuben und Decken nach
derselben Schablone angestrichen im Palast der Reichen, wie in der
Hütte der Armen. Der Handwerker, welcher es beffer, künstlerischer
auszuführen vermag, wird weniger nach der Kunst gefragt, als nach
dem Preise, für welchen er arbeitet; es kommt heutzutage hauptfächlich
auf die Geschwindigkeit in der Anfertigung an, weniger auf die Art
der Ausführung. Wand- und Deckendekorationen werden nach Quadrat—
metern berechnet, Schundwaare von Möbeln wird Hunderte von Meilen
weit herbeigeschafft, um den „Salon“ zu zieren, weil die Bezugsquelle
‚einen Namen“ hat, während doch diese Arbeiten sehr oft gediegener,
kunstvoller und preiswerther am Wohnorte angefertigt werden können.
Aus allem diesem ist ersichtlich, daß, wenn der Käufer den Werth
zwischen Fabrikarbeit und Kunstprodukt unterscheiden soll, es nicht ge—
nügen kann, wenn der Handwerker allein in den Kunstformen aus—
Jgebildet wird, sondern daß es erforderlich ist, daß auch der Käufer
nach dieser Seite hin besser und gründlicher, wie bisher, erzogen und
gebildet werde, zumal ja schon die Forderungen, welche man heut—
zutage an die allgemeine Bildung stellt, eine Erziehung der heran—
wachsenden Jugend auch in dieser Richtung verlangen.
Das richtigste und sicherfte Erziehungsmittel ist der nicht selten
mit Geringschätzung behandelte Zeichenunterricht, der Unterricht,
der in unsern Gymnasien nur so lange ertheilt wird, bis der Junge
zungt etwas zu denken, dann aber nicht mehr.“) Er ist die Mutter
des Kunstgewerbes und unzertrennlich von ihm. Beide
haben deshalb Hand in Hand zu gehen, und durch ihn, den Zeichen—
unterricht, der da sichtbar beweist, ob Verständniß für die Sprache der
Bauprozesse und Entscheidungen.
Die Genossenschafts-Vorstände sind nicht befugt, wegen Nicht—
inreichung der Lohnnachweisungen Betriebsunternehmer mit Ördnungs—
trafen zu belegen, oder denselben die Kosten der durch die Genossenschafts—
»xgane vorgenommenen Ermittelung und Feststellung der Löhne auf—
zuerlegen, so lange dem betreffenden Unternehmer der Mitgliedschein
der Berufsgenossenschaft noch nicht zugestellt worden ist. Die Be—
riebsunternehmer, wenn sie auch nach 8 34 des Unfallversicherungs—
Besetzes mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes, beziehungsweise mit
dem Zeitpunkt der späteren Eröffnung ihres Betriebes Mitglieder
derjenigen Berufsgenossenschaft geworden sind, welcher der betreffende
Industriezweig und Betriebsort angehört, haben ein Recht darauf
uind ein Interesse daran, in den Fefetzlich vorgeschriebenen Formen
8 37 a. a. O.) ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufs—
genossenschaft festgestellt zu sehen. So, lange dies nicht geschehen,
insbesondere alse nicht der Mitgliedschein zugestellt und damit ein
Anlaß gegeben ist, gegen die Aufnahme in das Genessenschafts—
ataster Beschwerde zu erheben, sind die Betriebsunternehmer nict
ür verpflichtet zu erachten, der durch das Gesetz den Genossenschafts
Mitgliedern auferlegten Pflicht der ECinreichung von Lohnnachweisungen
nachzukommen (8 71, Absatz 2 des Unfallversicherungs-Gesetzes). Gegen
ztwa hierdurch entstehende finanzielle Nachtheile ist die Berufsgenossen—
chaft unter anderem durch die Befugniß, wegen Unterlassung der
cechtzeitigen Anmeldung der Betriebe gemäß8 104 des Unfall—
verficherungs-Gesetzes eine Ordnungsstrafe zu verhängen, geschützt.
Beschluß des Reichsversicherungsamtes vom 21. Dezember 1888.)
x.Oder nur als fakultatives Nebenfach. Aum. d. Red.