Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 53, Bd. 12, 1893)

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Bautechnische Notizen. — Vermischtes. 
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Vorbedingung für die Herstellung solcher Verwandlungen sind kasset⸗ 
tirte Decken und eigene Fußbodenkonstruktionen, um jede Spur von Ver— 
inderung leicht fortzuschaffen. Auch die Tapeten, das Getäfel oder die 
Wandmalerei muß schon darnach eingerichtet scin, daß Veränderungen nicht 
tören und die Muster etwa halbiren. 
Nachträgliche Anwendung solcher beweglicher oder transportabler Wände 
ist natürlich möglich, aber mit größeren Umständen verknüpft, als wenn von 
Anbeginn des Rohbaues aus schon auf solche Veränderungen Rücksicht 
genommen wurde. 
Nichtsdestoweniger wird man sich schließlich bei den immer schwerer 
verdenden Miethspreisen und der Aussaugung der Leute durch Zinsen und 
Steuern genöthigt sehen, selbst solche Veränderungen vorzunehmen, natürlich 
nicht ohne vorher einen gerichtsgültigen Kontrakt mit dem Hauseigenthümer 
abgeschlossen zu haben; man sucht z. B. eine Wohnung, bestehend aus 
l Zimmer, 1 Kabinet, 1 Alkoven, Vorzimmer und Küche, findet aber 
nach langem Suchen nur eine Wohnung mit 2 Zimmern und großer Küche; 
so läßt man sich den Installateur oder Baumeister kommen und beauftraägt 
ihn, aus dieser Wohnung die obige gewünschte durch Aufstellung von 
Monier'schen Wänden, die baupolizeilich nie und nirgends beanstandet 
verden, einzurichten; aus dem einen Zimmer gewinnt man durch Quer—⸗ 
stellung einer Wand (Monier-System) leicht ein Kabinet mit einem Al— 
oven, aus der großen Küche eine kleine mit Vorraum ꝛec. So muß sich 
»er Mensch zu helfen wissen, und die moderne Bautechnik giebt ihm auch 
die Mittel dazu an die Hand. L. T.-K. 
Ursachen der Abblätterung des Mörtelanwurfes und 
Tüuche an Gebänden. Man kann die Beobachtung sehr häufig 
nachen, daß die Abblätterung des Mörtelanwurfes und der Tuͤnche-Schichten 
in Gebäuden meistens an folgenden Stellen vorkommt: 
1. In engen Gäßchen und kleinen Haushöfen. 2. In Mauerwinkeln. 
3. In der Nähe von Koch- oder Waschküchen, Laboratorien, Werkstätten 
von Parfümeuren, Oelraffinerien, Seifensiedereien. an den Außenseiten 
der Parapetenmauern ꝛc. 
Diese Ursachen sind gewöhnlich' fettliche Aus dünstungen und 
koöndensirte Dämpfe; dieselben setzen sich allmälich in dem Maueranwurf 
est, bilden eine mit fettlicher Substanz durchtränkte Schicht von Tünche— 
alklagen oder Mörtel; da eine Stoffaufnahme erfolgt, ohne daß der 
etreffenden Schicht es möglich wäre, sich auszudehnen, so bläht sie sich 
auf und berstet endlich, worauf der Anwurf abfällt. 
Es ist aber auch möglich, daß physikalische und chemische Ursachen 
inderer Art auftreten; so kann sich z. B. leicht stellenweise durch äußere 
Finflüsse, z. B. Regenwetter ꝛc., Kohlensäurck) ꝛc. entwickeln, welche 
Base, Blasen bilden und dann dieselben Wirkungen üben, wie oben. 
Dagegen ist keine andere Hilfe möglich, als vollständiges Abkratzen, 
Abschlagen und Abscheeren des alten Anwurfes, bis auf die Ziegel oder 
Steine und Neuanwurf mit Cement, Gips oder von Wasserglas, Magnesit— 
olatten, Oelanstrich ꝛe. Sollte dies alles nicht verfangen, kann man 
einen Versuch machen mit Kitten, d. h. Anstrich oder Bewurf mit Kitt— 
nasse. L. T.-K. 
Kaun man in einen und denselben Raucheylinder mehrere 
Heizungen führen, resp. münden lassen? Nach der Theorie lautet 
die Anwort auf diese Frage: Ja! Nach der Praxis: meistens Nein! 
Nach der Theorie (vergl. z. B. u. A. Mothes' Baulexikon ꝛc.) sind 
für den Schornstein eines gewöhnlichen Miethshauses per Kanal, (d. h. 
für einen Feuerzug von einem gewöhnlichen Zimmerofen) (9 bis 101]“ 
Querschnitt angenommen, (ea. 50 bis 60 ) cm nach neueren Bemessungen) 
und daraus leiten die Theoretiker ab, daß man in einen Cylinder von 
3“ Durchmesser (15 em ca.) 3 Feuerungen () einführen kann, dies 
jat sich jedoch in der Praxis, soweit mir wenigstens Beispiele bekannt 
vurden, nicht bewährt; selbst zwei Feuerungen in einem Cylinder können 
einander schon stören, geschweige denn erst drei! Schreiber dieses wohnt 
elber in einem Miethshause und mußte daselbst das Heizen in einem 
Kabinet aufgeben, weil in den betreffenden Schornstein, mit dem der 
Ofen desselben in Verbindung steht, drei Feuerungen münden; der Bau— 
meister des Hauses dachte, wenn's im Buch steht, daß man's machen kann, 
o macht man's; aber es gab immer Rauch; entweder bekam ich in meinem 
Zimmer Rauch und das Feuer wollte nicht brennen, oder es brannte im 
Zimmer, aber dafür in der Küche des Nachbars nicht und rauchte daselbst 
oder in dem anstoßenden Zimmer desselben, da der Ofen daselbst durch 
das Abzugsrohr ebenfalls mit demselben Cylinder in Verbindung stand. 
Schließlich ließ ich, da ich mir nicht anders helfen konnte — (es wurde 
Verschiedenes ohne Erfolg versucht)) — meinen Kabinetsofen mit Lehm 
ganz verschließen und heize das Kabinet gar nicht mehr. 
Es ist einfach aus physischen, oder richtiger physikalischen Gründen nicht 
statthaft, selbst bei viel höherem Querschnitt mehr Feuerzüge einzuführen, als 
zinen einzigen, weil sie einander immer stören; die Zeit und der 
GBGrad der Erwärmung sind verschieden, ebenso das Heiz— 
material ꝛc. Um so krasser sind die Bestimmungen der Theorie, daß 
man z. B. in einen Cylinder von 8“ (20 cm) Weite fünf Feuerungen, 
in einen solchen von 9“ (22,5 cm) sechs Feuerungen, u. s. f, in 
einen Cylinder z. B. von 12* Weite (ca. 830 ein) gar elf Feuerungen (72) 
einleiten könne! Es ist dies auch von wegen der Reinigung, Kontrolle 
ind aus sonstigen feuerpolizeilichen Gründen ganz unstatthaft. Thatsache 
ist, daß z. B. in Berlin, Wien, Paris, London, ꝛc. alle gebildeten Architekten 
und Raumeister derlei Theorien links liegen lassen und sich uran die vraktische 
Erfahrung halten, welche sagt, daß sich zwei Feuer in einem Schorn— 
sttein stets bekämpfen; man macht daher auch in Wien z. B. in allen 
neueren Häusern für jede Feuerung zwar nicht einen eigenen selbst— 
tändigen Schornstein, aber in einem gemeinsam vereinigten Schornstein 
einen eigenen Zug (Cylinder) vom Feuerherd (eventuell und resp. 
vom Keller aus) bis zum Dache hinaus. L. T.-K. 
Uermischtes. 
Wohlanständigkeit im Beruf. Im Laufe der Zeit bilden sich 
Bebräuche und Gewohnheiten im geschäftlichen Leben, die wir, weil ge— 
vöhnlich, als das Statthafte bezeichnen. während wir anderes, weil nich 
zewöhnlich, unstatthaft finden. 
Es ist klar und bedarf einer langen Erörterung nicht, daß, will man 
eine eigene Lebensstellung in Ehren halten, man auch den Beruf, dem 
nan angehört, in Ehren halten muß. Eine erste Bedingung in dieser 
Beziehung ist, daß man sich nicht wegwerfen darf, daß man bei aller Be— 
cheidenheit, die man doch wahren muß, sich nicht als den ergebenen 
Diener jedes Kunden benimmt, vor dem man tiefe Verbeugungen macht 
ind von dem man sich oft, um ihn sich als Kunden zu erhalten, Grob— 
jeiten sagen läßt, den man nicht zu mahnen wagt und dem man nicht 
viderspricht, wenn er einen belehren will in unserem Berufe, den wir 
doch zweifellos besser verstehen, als er. 
Die „Illustr. Itg. f. Buchbinderei bringt über die Wohlanständigkeit 
'm Berufe einige sehr bemerkenswerthe Auslassungen, welche auch 'auf 
»as Baugewerbe vielfach zutreffen. Die genannte Zeitung schreibt: Wir haben 
die Pflicht, uns unser Brod zu erwerben, um uns und unsere Familie zu 
erhalten; wir täuschen uns aber darin, daß ein sachlicher Widerspruch 
nicht auf guten Boden fiele, wir müssen nur die Art lernen, mit einer ge— 
vissen Sicherheit im Auftreten diejenige Verbindlichkeit zu vereinigen, die 
)em Kunden Achtung vor uns abnöthigt. Diese Achtung geht keineswegs 
berloren, wenn wir nach Arbeit nachfragen, sie geht keineswegs verloren, 
venn wir unser Unvermögen in Bezug auf gewisse Arbeiten zugestehen, 
ie geht keineswegs verloren, wenn wir unsere nicht hinreichenden Ver— 
nögensverhältnisse zum Motiv für Nichtgewährung größeren Kredits oder 
ur Ablehnung umfangreicher, unsere Kräfte übersteigender Aufträge be— 
eichnen; wohl aber leidet die Achtung vor uns selbst und unserem Fach, 
venn wir aus Scheu, uns Arbeit zu suchen, im Erwerb zurückgehen, 
insere Zahlungsfähigkeit schmälern; wenn wir, um vermögender zu scheinen, 
ils wir wirklich sind, Aufträge annehmen, denen wir hinsichtlich der 
reistungen oder des Kredits nicht gewachsen sind und dadurch den Kuͤnden 
u einem Tadel herausfordern, der, auf uns persönlich gemünzt, die All— 
gemeinheit des Fachs trifft, wie: „auf die Handwerker ist kein Verlaß“, 
»der: „daß sich doch die Bemerhetreibenden nie an Ordnung gewösbenor 
fönnen!“ 
Eine andere Seite, die wir zu beachten haben, ist die oft in neuerer 
zeit zum Zielpunkt der Angriffe gemachte Frage der Preissstellung. 
„Sobald, mein Nachbar mit feinem Preise herabgeht, so gehe ich mit 
jerunter“, das ist ein Prinzip, das gang und gäbe ist. Es' ist das eine 
gjefährliche Manipulation. Bin ich dem Nachbar mit dem Preisdruck ge— 
olgt, so geht er weiter herab, ich folge wieder und die Schraube ohne 
Ende ist fertig. Das ist keine Wohlanftändigkeit. Maaßgebend für das 
Mitgehen im Preisdruck darf nur die eigene Möglichkeit sein, bei dem 
niedrigeren Preise auch bestehen zu können. Ich tann ja nicht wissen, 
vas meinen Nachbar veranlaßte, einen Artikel herabzusetzen, vielleicht will 
er ihn aufgeben und muß ihn deshalb um jeden Preis losschlagen, vielleicht 
Jat er sich selbst überkauft. Warum soll ich in meinem Nachbar Schleuder- 
vonkurrenz erblicken, die ja weit ab von dem Begriff „wohlanständig“ ist, 
und warum soll ich ihm auf die abschüssige Bahn folgen und mich selbsi 
»en Nichtwohlanständigen zugesellen? Damit erreiche ich absolut nichts, 
aber ich schade dem Fache, uͤber das man wieder seine Remerkungen im 
Zzublikum nicht unterdrücken kann. 
Noch ein Punkt sei erwähnt. Häufig wird man von einem Kunden 
jerausgefordert, ein Urtheil über einen Kollegen abzugeben. „Warum 
önnen sie die Waare nicht eben so wohlfeil abgeben, wie ihr Konkurrent 
— D 
heuerer? Und wie lautet die Äntwort darauf? „Ja, der arbeitet auch 
insauber, unsolide oder bezahlt die Lieferanten nicht!“ Das ist weit ab 
on Wohlanständigkeit. Meist ist die Behauptung des Kunden, daß ein 
donkurrent billiger sei, aus der Luft gegriffen, die Anführung ein Fühler 
»der ein Mittel zum Preisdruck. Da diebt es nur eine Art von Ammwort, 
twa: „Ja, da wird wohl ein Unterschied in der Waare sein, denn mein 
dollege kann auch nichts verschenken“, oder: „Wenn Sie glauben, dort 
ür ein Billigeres die gleiche Qualität kaufen zu können, so würde ich 
hnen rathen, dort zu kaufen.“ Durch solche, den Konkurrenten in seinem 
Rufe nicht schädigende Aeußerungen wird man den Kunden zweifelhafit 
äber die gleiche Qualität der anderen Waare machen, und der Kunde kauft; 
die Wohlanständigkeit ist gewahrt, ohne daß wir Schaden gelitten haben. 
Auch in manchem andern Punkte ist man in der Lage, dem Rufe 
des Fachs zu nützen, immer aber muß man sich selbst beherrschen und 
das eigene Interesse mit der Allgemeinheit in Einklang bringen. 
Allgemeiner Deutscher Versicherungs-Verein in Stuttgart. 
Im Monat April 1898 wurden 516 Schadenfälle durch Unfall angemeldet. 
Bon diesen hatten 8 den sofortigen Tod und 5 eine Jänzliche oder theil— 
veise Invalidität der Verletzten zur Folge. Von den Mitgliedern der 
Sterbekasse starhen in diesem Monat 60. Neu abgeschlossen wurden im 
VNonat April 4004 Versicherungen. Alle vor dem 1. Februar 1893 der Unfall- 
Lersicherung angemeldeten Schäden inkl. der Todes- und Invaliditäts- 
Fülle sind bis auf die von 81 noch nicht genesenen Versonen vollständie 
eonusirt 
) Einzelne Partikel (ganz kleine Theile) des zum Mörtelanwurf ver— 
vendeten Kalkes erhalten sich oft nach langer Zeit noch in ursprünglicher 
hemischer Beschaffenheit trotz der Verkieselung und wenn dann Feuchtig⸗ 
eiten, besonders gesäuerte, dazu kommen, so sondert sich Kohlenfäure e⁊c. 
ib: ähnlich kann es mit Gips geschehen unter Autriti zußerr Einflüsfe
	        
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