Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 53, Bd. 12, 1893)

Auswitterungen von Mauerwerk. 
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Juswitterungen von Äauerweril. 
Der „TDeutschen Bauzeitung“ entnehmen wir folgenden 
beachtenswerthen Artikel: 
An Mauerwerk, welches nicht verputzt wird, tritt häufig 
die Erscheinung auf, daß sich größere Flächen mit einem 
weißen, mehlartigen oder krystallinischen Anfluge überziehen, 
der theils nach längerer oder kürzerer Zeit wieder verschwindet, 
heils sich vermehrt und das Mauerwerk feucht macht. 
Diese Erscheinung bezeichnet man allgemein als Aus— 
witterung, Mauer- oder Salpeterfraß. 
Ist das Mauerwerk nicht verputzt, sog. Rohbau, so tritt 
die Auswitterung sehr auffallend in die Erscheinung, weil sich 
dieselbe grell von dem dunklen Grunde der Steine abhebt. 
Ist das Mauerwerk verputzt, so fällt die Auswitterung zwar 
wenig in die Augen, aber es wird durch dieselbe der Verputz 
meistens gelockert und abgeblättert. Eine Auswitterung tritt 
aur dann auf, wenn das Mauerwerk feucht wird, sei es durch 
aufgesaugtes Grundwasser von unten, oder durch Regenwasser 
von oben. Bei trockenem Mauerwerk kommt keine Aus— 
witterung vor. 
Die Ursachen können dabei verschiedene sein und dabei ist 
zu unterscheiden zwischen neuem und altem Mauerwerk. 
Bei neuem Mauerwerk werden die Ursachen in der Be— 
schaffenheit der Baumaterialien zu suchen sein, in dem Kalk, 
dem Sand und den Steinen, wobei wieder zu unterscheiden 
ist, ob die Steine Back- oder Natursteine sind. 
Bei Backstein-Mauerwerk werden die Ursachen in den 
meisten Fällen in dem Kalk und den Bachksteinen liegen, be— 
sonders wenn sie mit Stein- oder Braunkohlen gebrannt wurden. 
Da die meisten Stein- und Braunkohlen Schwefelkiese 
enthalten, so werden bei dem Brennen der Steine mit solchen 
große Mengen schwefliger Säure entwickelt, derart, daß die 
Steine beständig sich in einer mit viel schwefliger Säure ge— 
schwängerten Atmosphäre befinden, von welcher ein Theil von 
den Steinen aufgesaugt und darin zurückbehalten wird. Kommen 
die Steine dann an die Luft, so wird sich aus der schwefligen 
allmälich Schwefelsäure bilden. Gelangen nun solche Steine 
bald nach dem Brennen im Mauerwerk zur Verwendung, ehe 
durch den Regen die Schwefelsäure aus den Steinen ausge— 
waschen ist, so kommt die Schwefelsäure, wenn die Steine naß 
werden, in Berührung mit dem Kalk des Mörtels und bildet 
hier theils schwefelsauren Kalk — Gips — und da die meisten 
Kalke mehr oder weniger Magnesia enthalten, schwefelsaure 
Magnesia; der schwefelsaure Kalk ist im Wasser sehr schwer 
löslich, sodaß er als solcher bei den verhältnißmäßig nicht 
bedeutenden Wassermengen, welche hier zur Wirkung kommen, 
außer Betracht bleiben kann; es wird derselbe im Mörtel 
vorerst ungelöst zurückbleiben und nicht zur Auswitterung ge— 
langen. Die schwefelsaure Magnesia dagegen, wird von dem 
Regen- oder Grundwasser gelöst und bei der an der Ober— 
fläche des Mauerwerks stattfindenden Verdunstung krystallinisch 
abgeschieden und bleibt an dem Mauerwerk als weißer Anflug 
haften, so lange, bis Regen und Wind denselben abwaschen 
und entfernen. Dies wird so lange fortdauern, als Schwefel⸗ 
säure in dem Mauerwerk vorhanden ist, durch das Wasser 
gelöst und dem Mörtel zugeführt wird. 
Außer dieser unmittelbaren Wirkung der Sqhwefelsäure 
kommt aber auch ein anderer, mittelbarer Umsatz in Betracht. 
Wie weiter oben erwähnt, wird ein Theil der Schwefelsäure 
sich mit dem Kalk zu schwefelsaurem Kalk verbinden, der als 
nahezu unlöslich in dem Mörtel zurückbleibt und nicht zur 
Auswitterung gelangt, aber er wird in nasser Berührung mit 
der kohlensauren Magnesia sich derart umsetzen, daß kohlen— 
saurer Kalk und schwefelsaure Magnesia enistehen und letztere 
wird dann bei weiterer Wasserzuführung in Lösung übergeführt 
und zur Auswitterung gebracht werden. 
Der gleiche Vorgang wird stattfinden, wenn Gyps im 
Kalke schon vorhanden war, was ja auch häufig vorkommt. 
Eine Auswitterung, welche ihre Ursachen in den ge— 
schilderten Verhältnissen hat, wird mit der Zeit verschwinden, 
wenn alle Schwefelsfäure, welche im Mauerwerk enthalten war. 
ausgewaschen und in der geschilderten Weise umgesetzt sein 
wird, und zwar ohne daß durch den Vorgang die Festigkeit 
des Mauerwerks beeinträchtigt worden wäre. 
Eine andere Art von Auswitterung kann entstehen, wenn 
der Lehm, aus welchem die Steine gemacht wurden, Schwefel— 
tiese enthalten hat. Die Schwefelkiese werden bei'm Brennen 
neduzirt zu Fezds, aus dem sich an der Luft schwefelsaures 
kFisenorydul und später schwefelsaures Eisenoxyd bildet, das 
entweder als solches auswittert und einen grünlich-blauen An— 
lug bildet, oder es wird sich mit dem Kalk und der Magnesia 
n Mörtel umsetzen, wie oben angegeben. 
Diese Auswitterungen werden das Mauerwerk weder feucht 
machen, noch dessen Festigkeit beeinträchtigen, wohl aber kann 
durch sie der Verputz beschädigt, gelockert werden. 
Auswitterungen an altem Mauerwerk haben meistens ihren 
Grund in Salzen, welche in dem das Mauerwerk umgebenden 
Erdreiche enthalten sind, durch das Regenwasser gelöst, dem 
Mauerwerk zugeführt werden und in diesem vermöge der 
Durchlässigkeit aufsteigen; durch Verdunsten des Wassers an der 
Oberfläche setzen sich dann die Salze auf den Mauerflächen ab. 
Diese Erscheinungen treten meist auf an Mauern, welches von 
dumus umgeben sind, an Düngerstätten und an Abortgruben. 
Die zur Auswitterung gelangenden Salze sind meist salpeter— 
aure oder Chlorverbindungen, wofür die Bedingungen zur 
Bildung in den organischen Stickstoff und Chlor enthaltenden 
Stoffen gegeben sind. 
Am meisten tritt in solchen Fällen der Salpeter auf, der, 
weil hygroskopisch, das Mauerwerk auch feucht macht und 
meist als solcher auswittert. Durch diese Auswitterung wird 
nit der Zeit auch das Mauerwerk Schaden leiden, weil die 
Ursachen nicht in dem vorübergehenden Vorhandensein von 
Salzen im Boden ihren Grund haben, sondern fortdauern, da 
ich dieselben bei dem Zusammentreffen von Alkalien mit stick— 
toffhaltigen organischen Stoffen stets neu bilden und durch 
das Wasser stets von neuem zugeführt werden. 
Noch schädlicher als die salpetersauren Verbindungen sino 
die Chlorverbindungen, weil diese bei dem Zusammentreffen 
nit dem Kalke des Mörtels Chlorkalcium bilden, einen äußerst 
ygroskopischen Körper, der wegen dieser Eigenschaft keinen 
Anflug, keine Auswitterung bilden, sondern das Mauerwerk 
encht machen wird, sodaß dann der Frost seine zersprengenden, 
erstörenden Wirkungen an dem Mauerwerk äußern kann — 
ibgesehen von dem Umstande, daß durch das Umsetzen der 
Chlorverbindungen mit dem Kalk des Mörtels dieser zersetzt 
uind dadurch die Festigkeit des Mauerwerks beeinträchtigt wird, 
veil der vorher feste, nahezu unlösliche kohlensaure Kalk des 
Mörtels in Alösliche Chlorverbindungen übergeführt wird und 
ausfließt. 
Nachdem im Vorstehenden einige der am meisten zu— 
reffenden Ursachen von Auswitterungen angegeben wurden — 
alle Möglichkeiten und Veranlassungen anzugeben, dürfte wohl 
zu weit führen und nicht thunlich sein, weil diese zu sehr von 
Irtlichen Verhältnissen abhängen und daher sehr verschieden— 
artig sein können — so dürfte noch zu erwähnen sein, daß 
auch die Beschaffenheit des Wassers, das zum Mörtel verwendet 
wird, einen wesentlichen Einfluß auf die Bildung von Aus— 
witterungen haben kann, wenn dieses nämlich in größeren 
Mengen gelöste Salze enthält, wie dieses bei Mineralwasser oder 
bei Meerwasser der Fall ist. 
Es wird nun noch die Frage zu beantworten sein, auf 
velche Weise den unliebsamen Auswitterungen vorgebeugt 
verden kann. 
Dies kann geschehen durch gründliche Untersuchung der 
Rohmaterialien, dadurch, daß nur solche Rohstoffe zur Her— 
tellung der Steine und des Mörtels verwendet werden, die 
frei sind von Stoffen, welche Auswitterungen veranlassen 
können; daß ferner zum Brennen der Steine schwefelfreies 
Brennmaterial verwendet werde. Die Thone, aus denen Back— 
tteine hergestellt werden sollen, müssen auf ihre löslichen und 
inlöslichen Beimengungen untersucht und danach vor dem 
Brennen entsprechend behandelt werden, durch Einsumpfen, 
Wässern. Schlemmen u. s. w. Lehm aus den oberen, mit Humus
	        
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