Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 53, Bd. 12, 1893)

dohe Schornsteine. — Ueber Dachpix. — Entscheidungen 
Hohe Schornsteine. 
Die Schornsteine haben bekanntlich eine zweifache Bestim— 
mung, nämlich: dem Brennmaterial den zur Verbrennung möthigen 
Sauerstoff (die atmosphärische Luft) zuzuführen, ferner die Ver— 
brennungsprodukte in solcher Höhe in die Luft zu führen, daß 
diese die Umgebung nicht mehr schädigen oder belästigen können. 
Die von der Firma H R. Heinicke, Spezialgeschäft für Fabrik— 
Schornsteinbau und Dampftkessel-Einmauerungen in Chemnitz, er—⸗ 
Zaute „„Hohe Esse“ der Kgl. Sächs. Halsbrückener Schmelzhütte 
hei Fraͤburg i. S., der nummehr hochste Schornstein des euro— 
päüschen Festlandes und wohl der ganzen Erde, wurde in der 
Aobsicht errichtet, die bei(m Rösten der Erze frei werdenden Gase 
o hoch in die Atmosphäre überzuführen, daß sie nicht mehr — 
vie seither — den Landwirthen der Umgebung Schaden zufügen 
fönnen. Der Grund für diesen Schornstein, 12 m im Quadrat 
messend, wurde 3 m tief in Steingerölle eingetrieben, bis trag⸗ 
fähiger Granitfelsen erreicht wurde. Ueher dem Fundament erhebt 
siich das quadratische, oben in cin Achteck verlaufende Postament 
da 10 munterer Seitenläuge und 9 m Höhe. Auf diesem 
Postament beginnt die 131 m hohe runde Säule, welche unten 
ine lichte Weite von 5m, oben von 2,5 mm hat und deren ohere 
Wandstärke noch 250 mun beträgt. Die Esse hat somit eine 
Hefammthöhe ab Terrain von 140 m (Ulmer Münster 161 7) 
Das Mauexrwerk besteht ansschließlich aus hartgebrannten gelben 
Radialziegeln aus Braunkohlenthon (nicht Lehm) aus der Ziegelei 
zu Ilse. Nach Mittheilungen des Erbauers ist die „Hohe Esse“ 
dinnen der verhältnißmäßig sehr-kurzen Frist von J Jahr erstellt 
worden; ihre Ausführung bot mancherlei Schwierigkeiten tech— 
nischer und anderer Natur. Für diesen Riesenschornstein waren 
eiforderlich: im Grunde 393, cbm, im Postament 5022 cbhm 
ind in der Säule 1802, chm Mauerwerk, sowie 15 260 kg 
Fifen⸗ und Kupfertheile. An Mauerziegeln sind im Ganzen 
1079 200 Stück, auf Normalformat umgerechnet, gebraucht 
vorden. Die Gefammtkosten betragen 180 000 Mk. — 
Ein 137 w hoher Schornstein, zu dessen Vollendung 6 Bau— 
ahre erforderlich waren, befindet sich zu Port Dundas (Vorort 
hHei Glasgow), ein anderer 182,0 mm hoher zu St. Rollor, gleich— 
alls in der Nähe von Glasgow.“ Der letztere beanspruchte 
117, Millionen Ziegelsteine und eine Bauzeit von 83 Jahren. Das 
Tolalgewicht dieses Schornsteins beträgt über 80 000 Metercentner 
und seine Kosten waren auf 8000 Pfund Sterling (160 000 Mtk.) 
heranschlagt. 
Der bekannte Schornstein auf der Bleihütte zu Mechernich, 
Reg.Bez. Aachen, soll 181 m hoch sein. Gleichfalls in der Nähe 
von Aachen, zu Stolberg, steht auf einer Bergkuppe, welche um 
30 mäüber die Umgebung hinausragt, ein Schornstein von 122,3 m 
Höhe; seine lichte Weite ist unten d m, oben nahezu 3 m; das 
Hdauerwerk ist unten 1,0 m, oben noch 40 em stark. Die Säule 
ist auf eingemauerten eisernen Treppen zu ersteigen. Der Bau 
zieses Schornsteins hat angeblich nur 6 Monate Zeit in Anspruch 
genommen. 
Der höchste eiserne Schornstein der Welt (5,3 m), dürfte 
wohl jener sein, welcher in leßter Zeit auf dem bekannten Eisen⸗ 
hüttenwerk zu Creuzot in Frankreich errichtet worden ist. 
Ein Schornstein von 7838 m Höhe wurde, wie die „Zeit⸗ 
ichrift des oͤsterreich. Ingenieur-⸗ und Architekten-Vereins“ mit— 
theilt, für die neu zu errichtende Centralstation der „Narranga— 
ett Electric Lighting Comp.“ zu Providence, Rhode Island, 
Vereinigte Staaten, erbaut. Der Untergrund für diesen Schorn⸗ 
tein erforderte eine Pfahlrostgründung. Das Fundament bildel 
ein Quadrat von 14,63 m Seitenlänge und umfaßt 529 Pfähle 
von 28 em Durchmesser und 14,50 m Länge. Der Pfahlrost ist 
von einer 74 em dicken Spundwand umschlossen, welche über 
die Pfahlköpfe emporragt. Ueber den Pfahlköpfen befindet sich 
ein 2,66 mm starkes Betonbett und auf diesem ruht ein O,a3 m 
dickes Ziegelmauerwerk von quadratischer Form mit 10,7 m 
Seitenlaͤnge. Ueber diesem Quadrat beginnt nun der Schorn⸗ 
stein von 8,60 m langen Seiten. Der innerste Kern desselben 
ist cylindrisch mit 427 mn lichtem Durchmesser und O, m Wand⸗ 
stärke; alsdann foigt eine Luftschicht von 15 em und ein im 
Brundriß achteckiges Mauerwerk, das von der 62 em starken 
Außenmauer umschlossen ist. 
Einen merkwürdigen Schornstein aus Stahl werden die 
Besucher der Weltausstellung in Chicago zu sehen bekommen. 
Wie die „Wochenschrift des „Nieder-österreich. Gewerbevereins“ 
nittheilt, ist derselbe auf dem Ausstellungsplatze daselbst als 
„Musterschlot“ errichtet worden; er erreicht eine Höhe von 75 m 
bei 25 in Durchmesser. Die Dicke des Stahlbiechs beträgt 
10 mu an der Basis und 4 umn an der Spitze des Schlotes 
Der untere Theil erhielt inwendig eine Serkleidung von Gdemn Dicke 
rus feuerfesten Ziegeln; nach oben sind Hohlziegel verwendet. Die 
Verkleidung erhielt festeren Halt durch Winkeleisen, welche in Ab— 
tänden von 7,5 in an den Blechen vernietet wurden. Das Blech 
ielbst ist durch äußeren und inneren Anstrich gegen Zerstörung ge— 
schützt worden. Der Aufbau zu diesem Schornstein erhebt sich auf 
einem Fundament, das aus einer Cementschicht mit zwei in derselben 
eingebetteten Lagen von Stahlschienen besteht; darüber liegen 
leine Balken, auf welchen wieder die gußeiserne Platte ruht, 
voauf die sich der stählerne Schlo unmittelbar stützt. Die 
Herstellungskosten dieses Schor nsteins sind auf 7000 Dollars 
30 000 Mk. berechnet und das Gewicht des Schlotes wird 250 engl. 
Tonnen nicht übersteigen. Ein gleich hoher, nur aus Backsteinen her— 
gestellter Schlot hätte einen Durchmesser von ungefähr 5 merfordert 
und ein Gewicht von ungefähr 500 t bedingt. 
Ueber Dachpir. 
Einen interessanten Vortrag, von erläuternden Experimenten 
egleitet, hielt jüngst in der Leipziger Central-Halle vor dem 
dausbesitzerverein Herr Bruno Roedelius (Berliner Dachpix— 
Fabrit) über Papp-Dachreform und seine Erfindung Dachpir 
Deutsches Reichs-Patent). Redner schilderte kurz die bekannten 
Hängel des Pappdaches, die namentlich in der schnellen Abnutzung 
ind der Nothwendigkeit häufiger Unterhaltungsarbeiten beständen, 
sodaß bei dem heutigen Wetistreit immer neuer Erfindungen und 
Lerbesserungen anderer Bedachungsformen das Pappdach immer 
mehr aus seiner Position verdrängt wird und man sehr häufig 
der Ansicht begegnet, daß dasselbe nur noch für interimistische 
untergeordnete Bauten anwendbar sei. Redner stellte die Ursache 
der Mängel des Pappdaches als in dem zur Pappdachfabrikation 
verwendeten Theer liegend hin, beleuchtete die chemische Zusammen— 
setzung des Theers und sein Verhalten in der Destillirblase und 
erläutert sodann, wie der Dachtheer einem immerwährenden 
Destillationsprozeß durch die Sonne unterworfen sei. Die als 
dringend nothwendig erkannte Reform des Pappdaches hätte also 
hr Augenmerk zunächst auf einen geeigneten Ersatz des Theers 
zu richten gehabt, und er habe es als einziges Problem betrachtet, 
einen Cement zu finden, der absolut wetterbeständig, gegen Hitze 
und Kälte gleich unempfindlich sei. Nachdem ihm dies mit einer 
ieselsauren Verbindung der Magnesia gelungen, sei es ein Leichtes 
zewesen, diesem Cement die für das Pappdach passende Ver—⸗ 
vendungsform zu geben, und es sei eigentlich somit an seiner 
Frfindung nichts weiter wunderbar, als daß sie nicht schon vor 
pierzig Jahren gemacht und allgemein eingeführt sei. Redner 
zeigte dann zwei gleiche Stückchen Dachpappe, das eine nach 
iltem (Theer) Verfahren, das andere mit Dachpix präparirt, und 
unterwarf beide Proben in zwei gleichen Retorten einem Destillations⸗ 
prozeß — eine Nachahmung des Zerstörungsprozesses der Dach—⸗ 
»appe in der Natur! Das überraschende Resultat des Experimentes 
ergab, daß die Theerpappe in eine bröckelige, poröse Platte ver—⸗ 
vandelt, die Dachpixpappe unverändert geblieben war. Redner 
erklärte dann weiter, wie sich durch entsprechende Ausdehnung 
dieses Experiments theoretisch der Beweis erbringen lasse, daß 
das Dachpix-Pappdach 8 bis 4 gewöhnliche Theerpappdächer 
überdauere, und brachte überdies einige amtliche Zeugnisse zur 
Verlesung, die bezeugten, daß sich die in der Praxis gewonnenen 
Resultate mit der Theorie decken. Die Zweckmäßigkeit des Dach— 
pix als Schutzanstrich für Metalldächer, zugleich als Beweis für 
die Feuersicherheit des Materials, zeigte der Vortragende an einer 
mit Dachpix bestrichenen Blechplatte, die er der direkten Einwirkung 
der Löthrohrflamme aussetzte. Die Glühhitze erzeugte weder ein 
Schmelzen, noch eine Entflammung, noch sonst eine wahrnehmbare 
Leränderung des Anstriches. Nachdem Redner noch darauf hin— 
gewiesen, daß seine Erfindung die Anlage der Pappdächer nicht 
dertheuere, die Unterhaltung aber über 500/0 billiger mache, schloß 
er seine Ausführungen unter lebhaftem Beifall der Versammlang, 
die denselben aufmerksam gefolgt war. — g. 
Entscheidungen. 
Die Bestimmung des 8 7 Absatz 2 des Preußischen 
Figenthumserwerbs-Gesetzes vom 5 Mai 1872 (, Gegen seine 
Figenthumsklage [des eingetragenen Eigenthümers] steht dem Be— 
lagten die Einrede der Verjährung nicht zu. Hat der Beklagte 
hon dem Kläger oder seinem Rechtsvorgänger auf Grund eines 
den Eigenthumserwerb bezweckenden Rechtsgeschäfts den Besitz
	        
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