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Die Ausnutzung der Wasserkräfte zu industriellen Zwecken und ihre Bedeutung für die Zukunst. — Emerikanische Scknellbauten.
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die Höhe hinaufzuheben. Diese Arheit wird aber durch die Sonnen—
värme verrichtet und ist die Arbeit, welche dieselbe in diesem Sinne
allein cuf unserer Erde verrichtet, eine ganz enorme. Das in den
Meeren und auf dem Lande befindliche Wasser verdunstet durch
zdie Wirkung der Sonnenwärme, wird in Gestalt von Wolken
hoch gehoben, durch Temperaturdifferenzen wird der Wasserdampi
ondensirt und fällt aus sehr beträchtlicher Höhe als Regen herab,
ammelt sich in höher gelegenen Gegenden und bilden die in den
Flüssen vorhandenen Gefälle in ihrer Nutzbarmachung nur einen
Janz winzig kleinen Bruchtheil der gesanmten Arbeit, welche die
zurch die Sonnenwärme gehobenen Wassermengen repräsentiren
Die Einwirkung der Sonneustrahlen auf die Erdoberfläche würde,
wenn deren Wärme ausschließlich zum Verdampfen von Wasser
berwendet würde, genügen, um jährlich eine die ganz Erdoberfläche
bedeckende Wasserschicht von vier Meter Höhe zu verdanipfen,
wozu ein Steinkohlenquantum erforderlich wäre, welches 660 000
Mal größer sein müßte, wie die ganze jährliche Steinkohlen-Aus—
»cute. Hieraus sieht man, daß wir von den Steinkohlen nicht
o sehr abhängig sind und ein einziger Flußlauf in seinem Ge—
fälle würde schön überreich genügen, den Steinkohlenbedarf der
zjanzen Erde zu decken. Es ist dies der bekannte Niagara-Fall
in Anterika, bei welchem per Sekunde 30 000 cbn Wasser in Höhe
»on 50 m herabstürzen, was einer Leistung, durch Turbinen aus—
geuntzt, von 15 Millionen Pferdestärken entspricht; um dieselbe
Wirkung mit Hülfe von Steinkohlen auszuüben, würden jährlich
250 Millionen Tonnen nöthig sein, ein Quantum, welches ziemlich
dem thatsächlichen jährlichen Verbrauch auf der Erde entspricht
Wenn sich der Steinkohlenmangel einmal fühlbar machen wird,
o werden die noch nicht ausgenutzten Wasserkräfte zur Genüge
ausreichen, nicht allein mechanische Arbeit, sondern auch Licht und
Wärme abzugeben, indem durch die Wasserräder oder Turbinen
die Gefälle der Gewässer zunächst als mechanische Arbeit ausge—
nutzt werden können, die dann durch Drahtseil-Transmissionen
oder elektrische Uebertragung mittels Dynamomaschinen nach be—
liebiger Stelle übermittelt werden kann, oder die Kraft kann, wie
dies jetzt schon stellenweise in großartiger Weise geschieht, mittels
Dynamomaschinen Elektrizität zu Beleuchtungszwecken und in Ge—
stalt von Wärme zur Reduktiou von Metallen verwandt werden,
vie dies bei der Ausnutzung des Rheinfalles bei Schafihanset
chon *. er rise geschieht, wo sowe“ U
Nähe liegende Fabriken ihre Betriebskraft von dort entnehmen,
ils auch elektrische Beleuchtung erhalten und, wie das berühmte
Aluminium-Werk zu Neuhausen, das neue Metall auf elektrischem
Wege mit Hülfe der im herabfallenden Wasser repräsentirten
Sonnenwärme herstellen. Und so wird eine Zeit kommen, die
sich wundern wird, daß wir so zähe als das fast alleinige Mittel
zur Erzeugung mechanischer Arbeit die Steinkohle betrachteten.
Mitgetheilt vom Patent- und technischen Burcau von Richard
Lüders in Görlitz.)
es wohl interessant, sich die Konstruktion und Herstellung der
Gebäude genau anzusehen, und da gelangt man zu sehr'merk—
würdigen Ergebnissen.
Fundamentmauerwerk ist für amerikanische Verhältnisse zu
kostspielig, an Stelle dessen muß zum Holz gegriffen werden.
Es werden in Entfernungen von 11—52m Rundhölzer von
15—20 em Durchmesser O,- —l,ad meutief in die Erde einge—
graben, und zwar so, daß dieselben in einer Höhe von O,h bis
),o m über der Erde horizontal abgeschnitten werden können
dierauf wird die Saumschwelle, welche eine Stärke von ca
1318 em hat, ohne jeden Zapfen nur mit Drahtnägel be—
estigt, an den Enden ist dieselbe überplattet. Hiermit ist das
Fundament des drei⸗ bis vier-, auch fünfstöckigen Gebändes fertig
und nun geht es flott an die Herstelluung der aufgehenden Wände.
Zu diesem Zweck lagern auf der Baustelle eine Menge Hoöolzer
n verschiedenen Längen, aber in gleicher Stärke von 5510 cin,
velche bestimmt sind, als Pfosten, Sparren und Zargen Ver—
wendung zu finden. Das Abbinden der Umfassungswaͤnde gehl
in der denkbar einfachsten Weise vor sich: es werden die Stützen
in einer Entfernung von ungefähr Oco m von einander, un—
»ekümmert um Thüren oder Fenster, gleichmäßig durch die ganze
Front vertheilt und in Höhe der Balkenlage mit einem Einschnitt
zur Aufnahme des Rahmens versehen; auf diesen Rahmen sind
die Balken gelegt und mit Drahtstiften befestigt.
Auf diese Weise wird das Gerüst für die Umfassungswände
sjergestellt und dann mit der äußeren Verschaalung begonnen.
Diese muß sofort hergestellt werden, weil jegliche Verstrebung
ehlt und durch einen geringen seitlichen Druck das ganze Gerippe,
welches unverschaalt einem Vogelbauer täuschend ähnlich sieht, sich
yerschieben würde, denn die Drahtstifte, mit denen das Gerippe
zusammengehalten wird, geben dem Ganzen kaum mehr Festigkeit,
ils zur Standsicherheit nothdürftig erforderlich ist. Ist nun die
ine Hälfte der Zimmerleute mit dem Aufstellen des nächsten
Stockwerkes beschäftigt, welches in gleicher Weise wie vorstehend
nusgeführt wird, so arbeitet eine andere Partie an der Herstellung
der Thüren und Fenster, die einfach aus der Verschaalung her—
ausgeschnitten werden. Die Stützen, welche nicht durch zwei Stock—
verke reichen, werden gepfcopft, was man durch einfaches, stumpfes
Aufeinandersetzen erreicht und seitliches Verschieben durch eir
- Brettstück verhindert; bei(m *«eiden der Fensten
verden die Stützen nicht selten ohne Bedenken angeschnitten.
Die Dachkonstruktion ist ebenso einfach; die Sparren, welche
eine Stärke von 53010 cm haben, werden am First in der
Lothschmiege zusammengeschnitten und genagelt, ebenso an der
Traufe. Eine Binderkonstruktion scheint vollständig unbekannt
zu sein, gegen seitliches Verschieben wird ein als Zange dienendes
Brett angenagelt. Der Längsverband muß von der Dachschaalung
rufgenommen werden, auf welche gewöhnlich Schindeln genagelt
werden. Die iuneren Wand- und Deckenflächen werden entweder ge—
lattet und geputzt, oder mit gehobelten Brettern verkleidet und lackirt.
Nicht selten kommt es vor, daß dem betreffenden Hausbesitzer
der Standort seines Gebäudes nicht mehr gefällt oder daß das
Bebäude auf fremdem Grund und Boden aufgeführt ist; das
Bebäude wird dann, wie der technische Ausdruck lautet, „gemowt“
also es wird, wie ja bereits an dieser Stelle einmal mitgetheilt
vurde, auf seinen neuen Standort gerollt und dieses geschieht
olgendermaaßen: Unter den Ecken und den Hauptstützpunkten des
Bebäudes werden starke Schrauben angebracht und das Gebäude
gleichmäßig vertikal gehoben, wobei die Bewohnbarkeit nicht be—
inträchtigt wird. Nachdem durch Bohlen eine glatte Fahrbahn
hergestellt ist, wird das Gebäude auf untergelegte Rollen gesetzt
ind durch eine Kette mit einer vertikalen Winde in Verbindung
gebracht. Die Winde wird durch ein Pferd in Bewegung ge—
hracht und so das Gebäude langsam bis zu seinem neuen Stand—
ort fortgerollt.
Bei dieser Banweise läßt sich das schnelle Aufwachsen
umerikanischer Städte wohl leicht erklären. Ist eine derselben
etwas weitlänfig gebaut und durch Industrie oder geschäftlichen
Verkehr gehoben oder gar zum Vergnügungsort ausersehen, so
findet sich bald eine Gesellschaft, welche eine elektrische Bahn
oder ein ähnliches Verkehrsmittel schafft und so wächst in einigen
Jahren aus der Wildniß eine Stadt mit echt amerikanischem
Leben. Massive Gebäude, auch nur der Bauweise der gewöhn—
lichsten städtischen Häuser Europas entsprechend, gehören schon
zu den seltenen Luxusbauten.
Emil Gundermann hat in der „Deutschen Techniker-Zeitung“
Jeschrieben: „Amerika wird nur durch Humbug und Drahtstifte
zusammengehalten.“ Was das amerikanische Haus betrifft, ha
er vollkommen Recht. I. 8 -r
Amerikanische Schnellbauten.
Die „hohen Häuser“ in Amerika nehmen das Interesse der
fachkundigen Besucher der diesjährigen Weltausstellung in Chicago
so sehr in Anspruch, daß sie ihre Aufmerksamkeit dem gewöhn—
ichen amerikanischen Wohngebäude, den ecigentlichen typischen
Bauten für die Zwecke der Industrie, der Landwirthschaft und
des Verkehres, nicht in dem Maaße zuwenden, wie sie es ver—
dienen; die „hohen Häuser“ sind ja nicht jene, welche die Straßen
der großen Städte bilden, sie sind nur die auffallenden Aus—
nahmen von der Regel. Weun auch durch das Studium der
Ersteren die Letztere um so gründlicher verstanden wird, so sollte
doch das Allgemeine nicht wegen des Besonderen vernachlässigt
werden, umsomehr, als man ja an den typischen amerikanischen
kleineren Bauten auch sehr viel sehen kann, sowohl was des
Nachahmens werth ist, als auch, was man lieber nicht machen soll.
Bei jedem Europäer, besonders bei jedem europäischen
Techniker, erregt die schnelle Bauweise der Amerikaner Bewun—
»erung. Dies ist wohl auch berechtigt hinsichtlich der Kürze
der Fertigstellungszeit der Gebäude; sieht man aber die Konstruk—
ion und das Material genauer an, so wird die Bewunderung
wohl sehr bald in Erstaunen übergehen, daß diese Gebäude überhaupt
dem Wind und Wetter Trotz bieten können und nicht demselben
Schicksal, welches mehrere Ausstellungshoͤtels in Chicago be—
roffen hat, verfallen. Auf der ganzen Reise von New-NYork
»is Chicago sieht man fast nur Holzbauten nicht nur als Wohn—
umd Wirthschaftsgebäude der Farmer, sondern auch als Mieths—
und Geschäftshäufer in den kleinen und mittleren Städten, in
velchen sehr selten ein massives Gebäude zu eutdecken ist.
Bei der ausgedehnten Verwendung dieser Holzbauten ist