Rilla des Hof-Photographen Fritz Knozer in Baden. — Kredit und Vollswohlstand
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zwei oder drei Zimmer im
1. Stocke reservirt werden
önnen, zur Disposition steht.
Ein Speisenaufzug führt
dom Souterrain zum Hoch—
parterre. In den Mittel—
nanern wurden nach Thun—
lichkeit Wandschränke unter—
gebracht.
Das Manerwerk ist aus
Ziegeln in Weißkalkmörtel,
die Façaden sind mit weißem
Sande ohne Färbung herge—
tellt. Die Treppenstüfen und
Hittersockel mußten aus Spar—
samkeits-Rücksichten aus Beton
jergestellt werden; aus den—
elben Motiven gelangte bei
den Balkons nur Holz zur
Verwendung. Die Art der
Deckenkoustruktionen ist aus
den Zeichnungen zu entnehmen.
Drei der Parterrezimmer er—
hielten sichtbare Holzdecken
uid Wandvertäfelung.
Die Fußböden der meisten
Wohnräume erhielten Teppich—
hespannung und daher blos
weiche Schiffböden, sonst
wurden harte Bretterböden
jergestellt.
Gänge, Loggia und Bad
vurden mit Granitpflaster,
die Küchen und der Gang
im Souterrain mit Beton
und Portlandcement-Estrich versehn,
Die Eindecknug (auch des
Zeltdaches) erfolgte mit im—
prägnirten Falzziegeln. Die
sonstige Ausstattung eutspricht
der eines guten Bürgerhanses.
Im Speisezimmer gelangte
Bleiverglasung und getriebene
Beschläge zur Anwendung.
Die Konstruktion der Ufer—
mauer ist im Profile ersicht—
lich. Vom östlichen Balkon—
Ende bis zur Stegbrücke ist
die Mauer jedoch um 20 6m
schwächer gehalten.
Straßenseits ist der Gar—
ten mit segmentförmigen Fel—
dern von gestrickten Gittern
zwischen Schmiedeeisensäulen
abgeschlossen.
Ein reiches Einfahrtsthor
(für zu photographirende
Reiter oder Gespanne be—
rechnet), 2 Gehthüren und
5 Schautkästen mit Rahmen
und Krönungen von Schmiede—
eisen unterbrechen das 126 1n0.
lange Gitter.
Die Baukosten betrugen
insgesammt 58 800 Mk,
wovon jedoch die Ufermauer
und die Einfriedungen einen
Betrag von rund 20800 Mk.
u Anspruch nahmen. Der
Bau wurde Ende August
1891 begonnen und am
1. Juni 1892 bezogen. (Bautechniker)
Ichnitt
Es ist eine kaum zu bestreitende Thatsache, daß die Erwerbs—
und Besitzverhältnisse in Deutschland fortwährend, im Vergleiche
nit den Zuständen in den anderen, auf vorgeschrittener Kultur—
stufe stehenden Ländern, sehr viel zu wünschen übrig lassen.
Trotz vereinzelter Zeichen einer sich geltend machenden Besserung
in manchen Geschaͤftszweigen und Eigenthumsarten treten noch
ortwährend unwiderlegliche Beweise meist beklagenswerther Zu—
tände zu Tage. Hierher gehören unter Auderem die staͤrke
leberfüllung vieler Geschäftszweige, die unbefriedigenden Lohn—
sätze in vielen Arbeitsgebieten, die mangelhaften Ecrträquisse in
dielen geschäftlichen Unternehmungen, die noch unmer sehr häufigen
Fälle von Bankerotten und Zwangsverkäufen von Mobilien uünd
Immobilien. Wenn auch in neueter Zeit eine Abnahme in der
Zahl der Konkurse und Zwangsverkäufe zu bemerken ist so bleibt
hoch die Zahl der geschäftlichen Unglücksfälle noch immer auf
einer Höhe, die zu ernsten Betrachtungen Anlaß geben muß und
uinbedingt zur Erforschung der diefen bedauerlichen Erfcheinuugen
un Grunde liegenden Ursachen herausfordert.
Es darf nicht verheimlicht werden, daß im Laufe der letzten
Jahrzehnte unverkennbare Anzeichen, daß sich der Volkswohlstand
in Deutschland nicht so schnell wie in den anderen Ländern hebt,
zu Tage getreten sind. In neuerer Zeit konnte man auch die
nerkwuͤrdige Klage vernehmen, daß eine Ueberfüllung, insbesondere
nich in den gebildeten Berufszweigen, vorliege. Man meinte so⸗
gar, hiergegen besondere Maaßregeln empfehlen zu müssen. Eine
zleich wunderbare Klage dürfie kaum jemals in irgend einem
Lande vernommen worden sein. Sie euthält das uuerfreuliche
Zugeständniß, daß der Wohlstand des Volkes nicht gestatte, eine
jo große Zahl von Personen mit höherer Bildung zu unterhalten.
Sine Erscheinung, die früher als Vorzug und Stolz unferes
Landes betrachtet wurde, daß es eben eine verhältnißmäßig be—
deutende Zahl höher gebildeter Personen hervorzubringen ver—
möge, soll auf einmal als ein Mißstand betraächtet werden. Man
vünscht das Streben nach höherer Bildung herabgedrückt zu sehen
vnd glaubt, mehr auf mechanische Erwerbszweige hinweisen zu
en.
Daß nach Lage der Umstände in den weniger Bildung vor—
— bessere Gelegenheit
zum Fortkommen dargeboten werde, muß entschieden beftritten
verden. Beweis hierfür sind nicht minder eindringliche Klagen
der Handwerker wie der Tagelöhner, wie der landwirthschaftlichen
r AöIberhaAur
Es kann nach allen diesen unerfreulichen Anzeichen keinem
zweifel umterliegen, daß die wirthschaftliche Lage Deutschlands
tiefgehende Mißstände und Krankheiten aufweist, deren Erkennung
und Abstellung nicht oft und dringend genug verlangt werdeü
ann. Man braucht sich nicht in weitgehende sozialpolitische
Untersuchungen einzulassen, um eine bedeutungsvolle, viel zu
wenig ertannte, aber durchaus unbestreitbare Ursache der vielen
unerfreulichen Erscheinungen zu erkennen.
Zur Erfüllung der vielverzweigten Aufgaben eines wirth—
schaftlich hoch entwickelten Volkes gehört in erster Linie ein
eistungsfähiger und in's Einzelne ausgebildeter Apparat von
Kredit-Instituten, durch deren Vermittelung die wirthschaftlichen
Kräfte und geschäftliche Tüchtigkeit des Volkes erst entfaltet,
mobil gemacht und zur vollen Geltung gebracht werden können.
Was nützen alle guten und trefflichen Eigenschaften des Volkes,
eine peinlich exakte Erziehung, der beste Wille, das Tüchtigste
und Begehrenswertheste hervorzubringen, wenn es an den Mitteln
ind der Gelegenheit fehlt, alle die vorhandenen Fähigkeiten zur
Verwerthung zu bringen?
Des Geldes Aufgabe besteht im Wesentlichen darin, jeder
Zeit annehmbares und verwerthbares Aecquivalent oder Gleich—
verthiges für wirthschaftliche Leistungen aller Art zu sein. Obwohl
»as Geld gewissermaaßen nur ein eingebildeter Vertreter aller
nöglichen Dienstleistungen ist, trägt es doch dazu bei, die Masse
der dargebotenen und preiswerthen Dienstleistungen zu vermehren,
Während unter der Herrschaft roher Naturalwirthschaft eine
HMasse von Werthen überhaupt unbenutzt bleibt, während feinere,
sohe Arbeitsleistungen erfordernde Bedürfnisse durchaus un—
hefriedigt bleiben müssen, regt die Geldwirthschaft zur intensiven,
d. h. mit gesbannter Kraft in's Werk gesetzten Verwerthung von
Arbeit und Stoffen an, schafft reichlichen Lohn für die Be—
hätigung von Kräften aller Art und verhindert auf diese Weise
weckloses Nichtsthun und harte Entbehrung, die sich als noth—
vendige Folge planlosen unbehülflichen, menschenunwürdigen
Dahinlebens ergeben.
Von der äußersten Wichtigkeit für die gesunde und zu—
ersichtliche Entwickelung der wirthschaftlichen Verhältnisse ist die
nöglichst zweckmäßige, auf denkbar raschesten und ununterbrochenen
Austausch von Dienstleistungen aller Art gerichtete Verfassung
)»es Geldwesens. Jede Schwerfälligkeit und Ungelenkigkeit, welcht