Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 53, Bd. 12, 1893)

Vagenremise mit Wohnhausanbau in Mühlau. 
Aeber runde Dampfschornsteine aus radialen Façonsteinen — 
Entscheidun— 
Wagenremise mit Wohnhausanbau in 
Nühlau. 
om Ingenieur Schwind.“ 
Hierzu 7 Figuren) 
Bei'm Bau der Lokalbahn Mühlau-Hall gelangte die in 
Figur 1 bis 7 dargestellte Wagenremise mit Wohnhausanbau 
zur Ausführung. Der Bauplatz war äußerst beschräukt und auf 
iner Seite von einem Gleise mit 78 m Radius begrenzt. Hier 
lag die Aufgabe vor, an einer Wagenremise in der Länge von 
circa 13 menoch 2 Wohnungen für einen Beamten und einen 
Diener unterzubringen; daher mußte der vorhandene Bauplat 
auf's Aeußerste ausgenutzt werden. Die Art, wie dies geschehen 
geht aus den Zeichnungen hervor. 
Die Ausführung des Baues geschah durch den Baumeister 
Fritz in Wilten sür deu Betrag von 18 40900 Mk. Das Fundament 
ift aus Beton von Kufsteiner Roman Cement, der Sockel aus 
Nagelfluhguadern, der Hochbau aus Ziegeln hergestellt. Die 
Treppenstufen bestehen aus Vortland Cementguß, das Dach aus 
Formspreuzieg⸗ 
M— 
dia. 3. Seitenanß** 
— 
J 6Gaollseroesch 
5 — 
Fig. 6. Obergeschoß. Fig. 7. Durchschnitt. 
4.Hu den Bauarbeiten war noch eine Ueberwölbung der — welche Arbeit einen Kostenaufwand von 
tädtischen Wasserleitung mit Einsteigeschacht 8 (Fig. 4) herzustellen, l erforderte. 
irca 1200 Mt. 
Bautechniker) 
Ueber runde Dampfschornsteine aus radialen 
Façonsteinen 
Hierzu 3 Figuren.) 
Die Erfahrungen, welche innerhalb der letzten Jahrzehnte 
bezüglich Kaminbauten im Allgemeinen gesammelt wurden, stellen 
unbestreitbar fest, daß hierbei die Anwendung der radialen Façon— 
teine jeder anderen Bauart vorzuziehen ist und zwar aus folgenden 
Bründen: 
Runde Kamine haben vor den viereckigen und achteckigen 
zunächst den wesentlichen Vorzug, daß sie dem Andrange des 
Sturmes besser widerstehen und daß die gleichmäßige Außenfläche 
die Verwitterung weniger zuläßt; um so mehr ist dieses bei den— 
jenigen runden Kaminen der Fall, welche aus Steinen erbaut 
wurden, von denen jeder für seine Lage zugeschnitten ist. Es 
folgt hieraus zunächft der Vortheil, daß die Mörtelfugen be— 
beutend enger werden und das Auswittern, resp. das Ausbrennen 
der sebbeu— auubefurchten ist. · Bel denjenigen Kamine. 
welche aus gewöhnlichen Mauerziegeln errichtet werden, muß ei 
großer Theil der Steine behauen werden. Es ist nun eine be 
kannte Thatsache, daß der Maurer sich dieser beschwerlichen Arbei 
möglichst zu entziehen sucht, indem er die größeren Zwischenräum 
mit Mörtel ausfüllt. Wiederholt ist es bei größeren und sehr 
massiv gebauten Kaminen vorgekommen, daß dieselben baufällit 
wurden, resp. umstürzten, weil an einzelnen Stellen das Binde 
material vollständig ausgebrannt war. Dieser Umstand tritt be 
den Dampfschörusteinen der Firma Alphons Custodis 
in Düsseldorf a. Rh. niemals ein. Die Facçonsteine haben 
eine absolut regelmäßige Lage, der Maurer hat kein Interesse 
die Fugen unnölhigerweise zu machen, vielmehr werden dieselbe 
durch die glatten Flächen der Custodis'schen Steine sehr enge 
Außerdem beträgt auch die Zahl der äußeren Fugen das dreifach 
weniger, da die Façousteine aröker sind. als die gewöbhnlicher 
Mauersteine. 
Das Prinzip jedoch, welches diese Faconsteine zu erfüllen 
haben, ist in vielen Fällen nicht genügend berücksichtigt worden; in 
dem dieselben der Billigkeit wegen aus gewöhnlichem Ziegellehm an— 
statt aus einem reinen, durchaus konsistenten Thonmaterial ver— 
fertigt wurden. Der hieraus erwachsende Nachtheil zeigte sich im 
Laufe der siebziger Jahre namentlich in den Industriegegender 
Westfalens in der Weise, daß sehr viele Kamine, welche zeitweis 
unbenutzt bleiben mußten, an der Wetterseite zuviel Feuchtigkei 
— — 
neigten. 
Die gewöhnlichen Lehmziegel sind mit Sand und Handstrich 
geformt, und sowohl die an sich poröse Masse, wie auch die rauhe 
Außenfläche der Steine gestatten in erheblichem Maaße das Ein— 
driugen der Feuchtigkeit. Die Façonsteine der Firma Alphont 
Custodis in Düsseldorf sind aus reinem, durchaus konsistenten, 
Thonmaterial verfertigt und mit Wasser gepreßt. Durch letzteren 
Umstand wird eine glaͤtte äußere Schale erzielt, welche den Regen 
mehr abfließen läßt, abgesehen davon, daß auch die Masse der 
Steine eine weit weniger poröse ist. Ausgehend von dem 
festen Prinzipe, daß ein Kaminbau ein Objekt ist, bei welchen 
nur die vorzüglichsten Materialien zulässig sind, stellte sich Her' 
Custodis die Aufgabe, nur Bauten aus solchen Steinen zu er 
richten, deren Malerial durchaus rein und frei von groben, durch 
die Hitze sprenabaren Kieseln ist und welche durch exakten Zu— 
i und glatte Außenflächen einen absolut korrekten Bau ge— 
tatten. 
Die Steine, welche von Herrn Alphons Custodis in Düssel- 
dorf verwendet werden, sind durch die Lagerflächen gelocht. 
Durch diese Eigenschaft wird einestheils das schnelle Erwärmen 
und Erkalten der Schornsteinröhre verhindert, anderntheils drücken 
sich die Steine fester in den Mörtel ein und wird durch die Masse 
der eindringenden Mörtelzapfen die Haltbarkeit im seitlichen Ver— 
band eine derartige, wie sie besser durch keine eisernen Ringe er— 
zielt werden kann. 
Vor Allem aber wird durch die Lochung der Form— 
steine und durch das vorzügliche Material, woraus die— 
elben gefertigt sind, die Festigkeit der Kaminsäule in 
Janz außerordentlicher Weise erhöht. 
Wenn der Sturm gegen eine Kaminsänle andringt, so giebt 
es zwei Momente, welche vereint der biegenden Kraft desselben 
Widerstand leisten müssen: 
Erstens muß das angewandte Material eine genügende 
Druckfestigkeit besitzen, um dem gewaltigen Drucke zu widerstehen, 
der sich in diesem Falle nach einer Seite hin konzentrirt, zweitens 
muß an der anderen Seite das angewandte Mörtel-Material un— 
bedingt anhaften. Diese letztere Bedingung ist die wesentlichste, 
weil die Moͤglichkeit des allzustarken Druckes auf der einen Seite 
um so geringer wird, je besser auf der anderen Seite der Mörtel 
anhaftet. 
Herr Alphons Custodis in Düsseldorf hat durch die 
Zönigliche Prüfungsstation für Baumaterialien in Berlin ver— 
gleichende Proben zwischen gelochten und ungelochten Kaminsteinen 
änstellen lassen, deren Ergebnisse wir in nächster Nummer mit— 
heilen werden 
Entscheidungen. 
Enteignungsrecht. 1. Mit Recht nimmt der Berufungs⸗ 
eichter an, daß der durch oder nach Errichtung der neuen 
Straße eintretende Mehrwerth bei der Werthschätzung der abzu— 
retenden Grundstücke nicht in Betracht kommt (8 10 Abs. 2 
Enteign.-Ges.). Hieraus folgt, daß die in Rede stehende Frage, 
ob das Grundstück des Beklagten als Bauplatz zu schätzen und 
zu vergüten sei, nicht nach der durch den Bebauungsplan und 
Hessen Ausführung geschaffenen Sachlage beantwortet werden 
cann, wenngleich schon die Aufstellung des Bebauungsplanes für 
eine gewisse Gegend als ein Zeichen dafür gelten mag, daß der 
Verkehr das Bestreben gezeitigt hat sich nach dieser Richtung hir 
zuszudehnen. 
2. Die physische und technische Möglichkeit der Errichtung 
iner Fabrit oder fonstigen gewerblichen Anlage auf dem zur Er— 
richtung von Wohngebäuden nicht geeigneten Grundstück genügt 
nicht, um demselben die Eigenschaft eines Bauplases zu geben 
Fs muß erhellen, daß überhanpt eine Nachfrage nach derartigen 
Brundstücken zu dem angegebenen Zwecke bestand oder — ohne 
die Enteignung — voraussichtlich entstanden sein würde, dergestalt, 
daß dadurch der merkantile Werth (Verkaufswerth) des Grund— 
stücks beeinflußt und über den aus der gegenwärtigen Benutzung 
ich ergebenden Werth hinaus erhöht wurde. 
(Erk. des V. Civilsenats des Reichsgerichts v. 18. Februar 
1893; Rep. 287/92; Jurist. Wochenschr. 1893, S. 211.) 
Wenn ein Bauunternehmer seine Bauarbeiten regelmäßig 
is zum Eintritt der kalten Jahreszeit beendigt, um dann im 
ächfsten Frühiahr wiederum die Ausführung ähnlicher Arbeiten
	        
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