Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 53, Bd. 12, 1893)

lleber Schwindrisse im Cemenimörtel. — Schlackenpise-Mauerwerk. 
Schwindrisse bei Cemeuten klagen, welche in der Praxis niemals 
ie geringsten Mängel gezeigt haben, es ist aber außerordentlich 
chwer, diesen Herren, die sich auf ihre langjährige Praxis zu 
»erufen pflegen, klar zu machen, daß es sich hier um eine un— 
ʒedenkliche Erscheinung handelt, die mit dem Treiben oder dem 
Schwinden in der Praxis nichts zu thun hat. 
Oft kommt es vor, daß von 10 Kuchen desselben Cements, 
nit gleichem Wasserzufatz angemacht und gleichartig erhärtet, 
einige tadellos erhalten bleiben. während andere deutliche Schwind— 
risse zeigen. 
Ich will nun aus meinen langjährigen Beobachtungen zeigen, 
vie Schwindrisse von Treibrissen zu unterscheiden sind und 
vporauf das Hauptaugenmerk zu richten ist, um soviel als möglich 
die Schwindrisse der Plattenproben zu vermeiden. Die Schwind— 
risse uͤterscheiden sich von Treibrissen erstens dadurch, daß erstere 
zei den Proben, die nicht auf absaugender Unterlage hergestellt 
ind, sich an der unteren Plattenseite zeigen, und zwar gehen 
iese Risfse vom Mittelpunkt der Probe aus, oft radial, oft mit 
erschiedenen Krümmungen und Verästelungen verlaufend, doch 
elten bis zum Rande der Probe gehend. Ein Treibriß dagegen 
ann unter keinen Umständen in der Mitte der Probe beginnen, 
ondern entsteht an der dünnsten Stelle des Randes und verläuft 
radial zur Mitte der Probe, während die Schwindrisse an der 
zicksten Stelle des Kuchens zuerst sichtbar werden. Die Treib— 
orobe zeigt die Risse oben wie unten, und zwar gewöhnlich oben 
veiter, als auf der unteren Fläche, dagegen zeigt die Schwind— 
»robe oft oben keine oder nur geringe Risse. Proben, auf ab— 
saugender Unterlage gegossen, zeigen die Schwindrisse auch von 
oben, die auch oft wie Treibrisse aussehen. Diese Schwindrisse 
»es auf absaugender Unterlage hergestellten Kuchens entstehen 
oft in wenigen Minuten, wenn die Probe oben schnell trocken 
wird, sind daher gänzlich dadurch zu vermeiden, daß man den 
Kuchen sehr stark annäßt, sodaß die Unterlage vollständig mit 
Wasser gesätiigt wird. Auf einer nicht absaugenden Unterlage 
entsiehen Schwindrisse je nach der Bindezeit des Cements, sobald 
der Kuchen hart wird, in 142 Tagen, während ein Cement, der 
in den Handel kommt, selbst wenn er starte Treibtendenz be— 
itzen sollte, im kalten Zustande auf Glasplatte oder absaugender 
Platte erst in 14 Tagen, ja oft erst nach Monaten anfängt, 
Risse zu zeigen. Solche Cemente, die bereits nach ein oder zwei 
Tagen Treibtendenz zeigen, kommen schwerlich in den Handel. 
Fs ist nicht anzunehmen, daß ein Cementfabrikant sich der Gefahr 
aussetzen wird, einen solchen Cement in den Handel zu bringen, denn 
olch' ein Cement kann unter Umständen gefährlicher als Dynamit 
wirken. Die Glas- oder Eisenplatten, worauf die Kuchen angemacht 
werden, sollen spiegelblank sein, weshalb Glasplatten vorzuziehen 
sind. Die Proben müssen vor Sonne, Luftzug und Wärme 
orgfältig geschützt sein; je feuchter der Raum, desto seltener 
verden Schwindrisse entstehen. Je plastischer eine Masse ist, 
desto größer ist die Schwindung. 
Die Feinheit der Mahlung trägt viel zur Plastizität mit 
hei, denn je feiner ein Cement gemahlen ist, desto plastischer ist 
derselbe. Durch Zusatz von Wasser vergrößert sich das Volumen 
des Mörtels, der Mörtel wird locker. Wird nun ein Mörtel 
zuf eine unreine Plafte gegossen, so haftet er an der unreinen 
Stelle an, durch' Verdunstung des Wassers nähern sich die 
Theilchen oder verdichten sich, ziehen sich zusammen; da aber 
ein plastischer Mörtel, selbst ein fetter Thon nicht, sich wie 
Bummi zusammenziehen kann, so nähern sich die Theilchen nach 
verschiedenen Richtungen und theilen sich bei dem kleinsten Wider— 
ttand, der sich ihnen entgegenstellt. Auf diese Weise bilden sich 
Risse durch Unreinheit der Platten, durch ungleichmäßiges Trocknen 
der Proben u. s. w., welche indessen zu der Volumheständigkeit 
nn keine Beziehung stehen. 
Schwindrisse treten aus denselben Ursachen bei'm Ziegel- und 
Töpferthon, wie bei Kalk- und Cementmörteln auf. Um sie ganz 
zu vermeiden, bedient man sich als Magerungsmittel des Sandes. 
Finige Procent Sand vermoöͤgen das Schwinden schon aufzu— 
halten. Cemente, die bis zu 20 pCt. Rückstand auf dem 
500 Maschensieb enthalten, zeigen denen gegenüber, die 0 pCt. 
oder höchstens 1 bis 2 pPCi. Ruͤckstand aufweisen, erheblich bessere 
Resultate bezüglich der Schwindung, obgleich die Qualität 
der letzteren Cemeüte weit besser ist. In der Praxis kommen 
Schwindrisse nur da vor, wo der Mörtel der Hitze, dem Luftzug 
»der der Trockenheit ausgesetzt ist, hauptsächlich auf stark ab— 
augender Fläche, aber nie in einem fenchten Raume oder auf 
euchter Flaͤche. 
Die Schwindrisse in der Praxis haben böse Folgen, sie 
augen sich im Herbfi voll Wasser und im Winter wird durch 
hinzutretenden Frost der Mörtel abgesprengt. 
Derartige Schäden sind nach Vorstehendem zumeist der Ver— 
arbeitung der Mörtel zuzuschreiben, die vielfach zu fett verwendet 
verden. Für Arbeiten, die glatt aussehen sollen, z. B. für 
Besimse u. s. w.,, sollte man niemals reinen Cement verwenden, 
sondern ganz fein gesiebten Sand zum Cement mischen; dadurch 
vürden die Schwindrisse vermieden und doch ein schönes Aussehen 
ermöglicht werden. 
Man sieht, daß noch an vielen Stellen Hilfe Noth thut, 
und daß seitens der Cementtechniker und Fabrikanten mehr für 
das allgemeine Wohl gethan werden könnte, wenn jeder Zeit eigene 
Erfahrungen und Beobachtungen zur allgemeinen Kenntniß gebracht 
vürden. 
Oft haben die Konsumenten alle Ursache, zu klagen, denn 
noch immer bringen alte und neue, große und kleine Fabriken 
Lemente in den Handel, an denen nur der Name und die Farbe 
Fement ist. Noch immer giebt es Cementfabriken, die von 
Personen geleitet werden, die weniger vom Cement und seinen 
Figenschaften verstehen, als der Konsument. Wie kann der 
Konsument zu solch' einer Fabrik Vertrauen haben? 
Es würde sehr zweckmäßig sein, wenn die Cementfabrikanten, 
anstatt die Magnesia- und Puzzolan-Cemente zu verfolgen, Alles 
aufbieten und keine Kosten scheuen wollten, um die Klagen der 
Konsumenten zu vermeiden. Thonindustrie-Zeitung). 
Schlackenpise Alauerwerk. 
Seit langen Jahren blieben in Lyon die von den Stein— 
'ohlenfeuerungen herrührenden Schlacken unbenutzt, lagen bei den 
Werken in großen Haufen umher und die Besitzer wußten nicht, 
vie und wo sie die Schlackenmassen unterbringen sollten. Kleinere 
Bauunternehmer, welche Bauplätze in den Vorstädten Lyons mit 
der Bedingung gemiethet hatten, Bauten auf denselben herzu— 
tellen, die nach einer bestimmten Pachtzeit an den Grund— 
»esitzer fielen, suchten natürlich diese Bauten möglich billigst 
uuszuführen, bei gleichzeitiger Schaffung der für die Gesundheit 
und Festigkeit erforderlichen Konstruktion. Da Erdstampfbau 
nicht in Betracht kommen konnte, weil die Gebände häufiger Ein— 
virkung des Hochwassers ausgesetzt sind, versuchte man es, die 
Steinkohlenschlacke zu benutzen, indem man sie mit etwas ge— 
öschtem Kalk mischte und hiermit nach Art des Stampfbetons ver— 
'uhr. Die Masse erhärtete sehr schnell und schon nach wenigen 
Tagen war das Mauerwerk fest genug, um die Balkenlagen zu 
ragen, und die hergestellten Gewölbe konnten ausgerüstet werden. 
Nach Verlauf eines Nonats war der Bau trocken. Es gab damals 
o viele Schlacken in den Werken, daß die Besitzer glücklich 
varen, sie umsonst los zu werden, und so stellte sich das chm 
mit Transport, Rüstung und Arbeitslohn auf 4 Mark. 
Heute, nach 80jähriger Erfahrung, ist diese Bauweise in 
Lyon derartig verbreitet, daß dort Steinkohlenschlacke nicht mehr 
zu haben ist, und man ist daher gezwungen, bei größerem 
Bedarfe sich an die Werke in Givors und Rive-de-Gier oder 
uin die Eisenbahngesellschaften zu wenden; dies hatte zur Folge, 
daß der Preis für ein chmm dieses Mauerwerks nunmehr auf 
5 Mark stieg. Diese Schlackenpise-Mauern werden ganz wie 
der Erdstampfbau hergestellt. Das übliche Mischungsverhältniß 
ist 4 Theile Schlacke auf 1 Theil Kalk. Anfangs verwendete 
mnan Fettkalk, später hydraulischen; aber um etwas größere 
Festigkeit zu erreichen, eupfiehlt es sich, den Kalkzusatz größer 
u nehmen und Weißkalk zu verwenden. Das Stampfen ge— 
chieht zweckmäßig in Schichten von 15 cm Dicke, um das Gemisch 
gehörig zu verdichten. Die Mauern werden gewöhnlich 50 em 
tark gemacht; doch können sie bei geringerer Belastung auch 
chwächer gehalten werden. Man kann noch dichte Scheidewände 
yon 15—20 ein Stärke herstellen, indem man diese Pisé zwischen 
Bretterwände einstampft, oder aus demselben Ziegel formt, welche 
tach dem Trocknen vermauert werden. Die Gewölbe aus 
Schlackenpisẽ werden wie die Betongewölbe hergestellt, doch 
empfiehlt es sich, die Gebäude, vom Kämpfer beiderseitig be— 
ginnend, senkrecht zum Gewölberadius zu stampfen und nicht 
von oben nach unten, da hierdurch eine fortwährende Erschütterung 
der Rüstung entsteht, welche das Abbinden des Pisématerials 
henachteiligt. Die Stärke der Gewölbe ist, im Verhältniß ihrer 
Lichtweite, 3540 em im Scheitel bei 5 em Spannweite. Die 
Hintermauern werden aus demselben Material hergestellt. 
Lange Zeit wurde diese Art Manerwerk nur für weniger 
vichtige Bauten verwendet, in den letzten zwei Jahren haben 
udessen verschiedene Architekten, insbesondere A. Louvier in 
yon, dasselbe für öffentliche und größere Privatbauten benutzt 
Architekt Louvier stellte die Kellergewölbe des neuen Polizei—
	        
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