Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 53, Bd. 12, 1893)

Entscheidungen. — Bautechnische Rotizen. 
Der Eigenthümer eines Grundstücks begegnete bei 
einem Eintrint in das Haus einem seiner Miether, welcher im 
Regriff stand, einen Spiegel fortzuschaffen, und befahl, da er 
noch rückständige Miethe zu fordern hatte, denselben wieder in 
die Wohnung zurückzutragen. Da, der, Miether sich gutwillig 
icht fügen wollte, erfaßte der Wirth den Arm desselben und 
erfuchte ihn, zurückzudräugen, bei welcher Gelegenheit der Spiegel 
in die Erde fiel und zertrümmerte. Der Miether verlaugte 
Ersatz und stellte bei der Weigerung eines solchen die Klage an 
Das Gericht hat zwar die vom Kläger als geugin in Vorschlag 
sebrachte Ehefran desselben vernommen, konnte aber nuicht volle 
Hlaͤnbwürdigkeit zugestehen und wies deshalb den Kläger, der 
ür sich den Erfüllungseid in Anspruch genommen hatte, kosten⸗ 
flichtig ab. Nach Läge der Sache erscheint es, wie die Eut— 
cheidungsgründe ausführen, nicht ausgeschlossen, daß der Kläger 
ms Wuͤth über das Einschreiten des Beklagten den Spiegel ab— 
ichtlich hingeworfen, oder in Erregung fahrlässig, hat fallen 
assen, es konnte also ein Erfüllungseid für den Kläger nicht 
n Bétracht kommen. Dabei war auch zu erwägen, daß Kläger 
iich bei Fortschaffung des Spiegels in Ausübung eiuner uner— 
aubten Handlung befunden hat, mithin gemäß 8 25 Theil J. 
Titel 6 des Allgemeinen Landrechts er die Vermuthung wider 
ich hat, daß ein bei solcher Gelegenheit entstandener Schaden 
urch seine Schuld verursacht worden sei, daß aber der Gegen— 
»eweis gegen eine derartige Vermuthung durch das Erbieten zum Er— 
üllungseide nicht geführt werden kann. Wenn nun auch schließ— 
ich der Kläger dem Beklagten den Eid darüber zuschob, daß der 
Spiegel bei'm Zurückdräugen in den Hausflur ihm aus der Hand 
gefallen sei, so konnte es auf diesen Eid auch nicht ankommen, weil 
sieraus der ursächliche Zusammenhang zwischen dem Drängen 
und dem Hinfallen des Spiegels nicht hervorgeht. 
Obwohl bei einem Maklervertrag der Makler (auch 
zRommissionär“ genannt) regelmäßig keine Provision beanspruchen 
sann, wenn der Auftraggeber das von Jenem vermittelte Geschäfl 
nicht hat abschließen wollen, so fällt nach einem Urtheil des 
Reichsgerichts, VI. Civilsenats, vom 1. Dezember 1892, darunter 
nicht ein Verkaufsauftrag, wonach der Beauftragte gegen Zu— 
icherung einer Provision den Verkauf einer Sache binnen einer 
bestimmten Zeit, innerhalb welcher beide Kontrahenten nicht zurück— 
treten dürfen, herbeiführen soll; in diesem Falle ist der Auftrag— 
geber zur Entrichtung der Provision verpflichtet, wenn ihm der 
Beauftragte rechtzeitig einen geeigneten Käufer stellt. Der Kauf— 
mnamnn B. und die Wittwe F. (in der Provinz Brandenburg) 
ichlossen am 5. Februar 1891 einen Vertrag, in welchem B 
inter der Maaßgabe, daß mindestens ein Erlös von 51000 Mek. 
erzielt werde, beauftragt wurde, die Grundstücke der F. im Ganzen 
»der in einzelnen Theilen zu verkaufen. Der Ueberschuß des 
vrlöses über die Summe von 51000 Mk. sollte zwischen den 
ontrahenten getheilt werden; jedoch sollte der Mindestverdienst 
)des B. 2500 Mk. betragen. B. übernahm die Vorarbeiten für 
»ie Parzellirung, die F. sollte aber 50 Mk. zu den Kosten bei— 
rragen. Die F. behielt sich das Recht vor, die notariellen Ver— 
räge mit den Käufern abzuschließen und die Kaufgelder einzu— 
ziehen. Der Vertrag sollte bis zum 1. Januar 1892 Giltigkeit 
haben und beide Kontrahenten nur gegen eine Konventionalstrafe 
»on 4000 Mk. zurücktreten dürfen. Für den Fall aber, daß 
die F. die Grundstücke bis zum 9. Februar 1891 im Ganzen ver— 
aufen sollte, sollte B. verpflichtet sein, gegen eine Abfindungs— 
umme von 1500 Mk. vom Vertrage zurückzutreten. — Durch die 
Vermittelung des B. sind Parzellen zum Preise von 33 195 Mk. 
»erkauft. Für die übrigen Parzellen offerirte B. rechtzeitig 
daufsreflektanten zum Gesammtpreise von 19 225 Mik.; aber die 
F. lehnte den Verkauf ab, weil ihr der Preis zu gering erschien. 
B. beanspruchte die ganze Provision von 2500 Mk. und er er—⸗ 
tritt in der Berufungsinstanz ein obsiegendes Urtheil. Die 
Revision der Beklagten wurde vom Reichsgericht zurückgewiesen, 
udem es begründend ausführte: „Die Revision geht dabon aus, 
)aß es sich hier um einen Maklervertrag handele, und daß daher 
her Kläger eine Provision nicht beanspruchen könne, wenn die 
Beklagte das von dem Kläger vermittelte Geschäft nicht habe 
abschließen wollen, da ihr ein doloses Verhalten nicht vorgeworfen 
verden könne. Dieses ist aber nicht die Auffassung des Be— 
rufungsgerichts. Tasselbe faßt den Vertrag vom 5. Febrnar 1891 
als einen solchen auf, welcher gleichzeitig einen Vollmachtsauf— 
rag und einen lästigen Vertrag über Handlungen enthalte und 
nn welchem insbesondere beide Theile sich bis zum 1. Januar 1892 
gebunden hätten. Bezüglich der Beklagten nunmt das Berufungs— 
gericht an, daß dieselbe sich zur Entrichtung der Provision ver— 
»flichtet habe für den Fall, daß der Kläger ihr geeignete Käufer 
»rmittelte. welche für ihre Grundsfücke im Gaßzen mindesten— 
»1000 Mek. zu zahlen bereit wären. Nach dieser Auslegung 
hing es nicht mehr von dem freien Entschlusse der Beklagten ab, 
b sie dadurch, daß sie schließlich den Verkauf der Parzellen ab— 
lehnte, es deim Kläger unmöglich machen wollte, die Provision 
zu veidienen. Eine solche Auslegung des Vertrages kann nicht 
als rechtsirrthümlich angesehen werden, 
Der Beklagte, welcher behauptet, daß dem Vertrage, aus 
velchem er belangt worden ist, eine bereits eingetretene auflösende 
Bedigung beigefügt worden sei, hat dies zu beweisen. —— Ob 
»er Beklaͤgte zunächst den Abschluß des Vertrages in Abrede 
tellt und fodann hinzufügt, es sei der Vertrag nur unter einer 
ruflösenden Bedingung zustande gekommen, oder ob, er den 
Vertragschluß mit dieser Einschräuknung zugesteht, ändert an dem 
Wesen der Sache nichts. — Urtheil des Reichsgericht, III. Civil— 
enats, vom 16. Juni 1891. 
Gesehgebung 
Unfallversicherung. In Gemäßheit des 8.71, des 
Uufallversicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884 haben die Mitglieder 
er gewerblichen Berufsgenossenschaften den Vorstäuden ihrer 
venossenschaften binnen sechs Wochen nach Ablauf des Rechnungs— 
ahres zum Zweck der Umlageberechnung eine Nachweisung über 
»ie im verflossenen Jahre beschäftigten versicherungspflichtigen 
Personen und die von denselben verdienten Löhne und Gehälter 
inzureichen. Für Mitglieder, welche mit der Einsendung einer 
olchen Nachweisuug im Rückstande bleiben, erfolgt die Feststellung 
»er Löhne durch die zuständigen Orgaue ihrer Genossenschaft. 
Außerdem können derartige säumige Mitglieder gemäß 8 104 
L d. O. mit einer Ordnungsstrafe bis zu 300 Mk. belegt werden. 
Der Termin für die Einlieferung der Lohnnachweisungen pro 1892 
äuft, mit dem 11. Februar d J. ab. Abgesehen davon, daß 
ie rechtzeitige Einreichung der Lohnlisten uach den oben an— 
Jeführten Bestimmungen im eigenen Interesse eines jeden Ge⸗ 
iossenschaftsmitgliedes liegt, erwachsen auch aus der, Versäumniß 
)er Einsendung unnöthige Kosten, welche von der Allgemeinheit 
getragen werden müssen und, daher zum Theil den säumigen 
Mitgliedern ebenfalls zur Last fallen. Wir glauben daher im 
Interesse aller Betheiligten zu handeln, wenn, wir an die Ein— 
reichung der Lohnnachweisungen, hier nochmals besonders erinnern 
und auf die Folgen einer etwaigen Versäumniß hinweisen. 
Bautechnische Notizen. 
Inkrustaftein. Für das neue Reichstagsgebäude in Berlin wird ein 
neuer Kunststein zur Bekleidung der Wandflächen in großem Maaßstabe in 
»en Wandelgängen verwendet werden. Dieses neue Kunststeinmaterial ist 
inter dem Namen Inkrustastein von Schmülling, Baumert KeCo. 
n Berlin übernommen worden und besteht angeblich aus einem Gemisch 
son zerkleinertem, natürlichen Stein der nachzuahmenden Art und einem 
hemischen Bindemittel, das hohe Festigkeit und Zähigkeit verleiht. Die 
dunststeinmasse läßt sich sowohl als Werkstein, bezw. Ornamentstück, wie 
ils Putzmasse auf die zu bekleidende Fläche auftragen und verbindet sich 
ehr fest mit dem Mauerwerk. In Wien hat sich nach den Zeugnissen 
amhafter Baumeister und Architekten das Fabrikat seit mehreren Jahren 
janz gut bewährt, auch als druckfest und wetterbeständig erwiesen. — 
kine weitere Neuheit der Kunststeinbranche ist die seit der letzten Pariser Welt— 
uusstellung in Fraukreich und Italien mehr beliebt gewordene Perlmosaik oder 
derrazzo mit Perleinlage. Diese Technik lehnt sich direkt an die übliche 
dherstellung von Terrazzo an, nur, daß statt? der Marmor- und Kalkstein 
tückchen, Perlmutter in Bohnen- und Linsengröße indie Cementmasse ein— 
gbettet wird. Für Gußterrazzo in Hausfluren, Läden, Eingängen, Bade 
immern eignet sich die Perlmosaike ben sowohl, als auch für die Anfertigung 
»on Mosaikplatten. Die Schönheit des Perlglanzes wird durch den Schliff 
vesentlich erhöht und übertrifft den stumpfen Ton des Marmorterrazzo 
dei Weitem. Da nun der Perlschimmer sich am besten von dunklen, 
natten Farben abhebt, so ist außer ungefärbtem, grauen Cement auch jede 
indere dunkle matte Farbenmischung gut anwendbar. Für Wand⸗ 
»ekleidungsplatten mit Perlmosaik kann man die Leuchtkraft noch durch 
Beimischung von Silberglimmerstückchen erhöhen; dieselben verbinden sich 
benfalls recht gut mit dem Cement und geben der Masse das Aussehen 
arbigen Granuts. Im Jahre 1889 waren in Paris von mehreren 
talienischen Firmen derartige Arbeiten in der Weltausstellung vorgeführt. 
welche wegen ihrer Schönheit allgemeines Aufsehen erregten. 
Gegen Porzellanverblendung der Hausfaçaden. Bei den 
mnodernen Bauten, mögen es nun Stadthäuser oder Villen sein, hat die 
Zucht gewisser Architekten nach Schmuck manche Uebertreibungen hervor⸗ 
zerufen. Es läßt sich nicht leugnen, daß die knalliggrün gestrichenen 
Traufrinnen aus Zink, die brandroth gestrichenen Holzberdachungen und 
angeblichen Strukturtheile, die mißverstandenen Nürnberger Dacherker, die 
vielen Balkone und Balkönchen mit weit vorladenden Schutzdächern sehr 
nach Spielerei und nach einer auf das Malerische gerichteten Effekthascherei 
aussehen, bei der das Praktische und Tüchtige sehr schlecht fortkommen. 
vanz besonders zieht das „Centralbl. d. Bauverw.“ gegen das Verblenden 
der Häuserfronten mit Morrellan-Steinen Wu Felßes Die Nerwendunng
	        
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