Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 53, Bd. 12, 1893)

Die verschiedenen Centralheizungs-Systeme und ihre Verwendungen. 
Die verschiedenen Centralheizungs -GSysteme 
und ihre Verwendungen. 
Von Konrad Zelle, Oberingenieur der Gas- und Wasserleitungs; 
Nkftien-cthesellschaft 
Die Hauptgründe, welche eine mehr und mehr wachsende 
Verbreitung der Centralheizung bewirken, sind die Vortheile, 
welche dieselbe bei vielen Gebäudearten gegenüber der Ofen— 
heizung hat, vor allen Tingen sind es jedoch auch zwingende 
Hründe, welche dadurch hervorgerufen sind, daß in neuerer 
Zeit besonders öffentliche Bauten, wie: Krankenhäuser, Ver— 
waltungsgebäude, Theater, Schulen u. s. w. derartige Di— 
mensionen angenommen haben, daß eine sachgemäße Erwärmung 
und besonders auch eine gute Ventilation nur mit Hilfe einer 
Centralheizung ermöglicht werden kann. In großen Gebäuden 
würde die Bedienung der einzelnen Oefen, sowie die Erhaltung 
einer gleichmäßigen entsprechenden Temperatur eine derart 
schwierige sein, daß dieselbe selbst mit Aufwand eines größeren 
Bedienungspersonales nur unvollkommen zu erreichen wäre. 
Ferner wird durch den Transport der Brennmaterialien nach 
den einzelnen Oefen einerseits eine Verunreinigung des ganzen 
Gebäudes hervorgerufen, andererseits aber auch eine Ver— 
schwendung an Brennmaterial bewirkt, welche durch die Un— 
pollkommenheit der Feuerungen der einzelnen Oefen, sowie 
ferner der nicht sachgemäßen Bedienung gegenüber einer Central— 
heizungsanlage noch bedeutend vermehrt wird. 
Alle diese Uebelstände können bei einer Centralheizung 
vermieden werden und haben besonders in den letzten Jahren 
dazu geführt, die Centralheizungen mehr und mehr einzuführen 
und zu vervollkommnen; es sind verschiedene Systeme ent— 
standen, von denen jedes eine gewisse begrenzte Anwendung 
findet, welche abhängig ist von der Art und der Benutzung 
der zu beheizenden Räume. 
Gerade in der richtigen Wahl des Heizsystems wird in 
bielen Fällen gefehlt, wodurch alsdann die an eine Heizanlage 
gestellten Anforderungen nicht immer voll erreicht werden. Die 
verschiedenen Centralheizungs-Systeme, welche zur Ausführung 
tommen, sind 
ẽ 
1. Luftheizung, 
2. Wasserheizung, 
3. Dampfheizung, 
Außerdem kommen zur Anwendung: 
4. Dampfluftheizung, 
5. Dampfwasserheizung, 
6. durch Dampf erzeugte Warmwasserheizung, auch 
Dampfwarmwasserheizung genaunt, welch' letztere drer, wie schon 
ihre Bezeichnungen andeuten, aus der Vereinigung der zuerst 
erwähnten Luft-, Wasser- und Dampfheizungen entstanden sind 
Wasserluftheizungen, welche nur äußerst felten ausgeführt 
worden sind, finden heute kaum noch Verwendung. Bei den 
Wasser- und Dampfheizungen werden ferner noch, je nach 
den Temperaturen, bezw. Drucken, welche in den wärmeführenden 
Kanälen vorhanden sind: Warmwasser- und Heißwasserheizungen, 
sowie Dampfniederdruck: und Dampfhochdruckheizungen unter— 
schieden. 
Wird der Abdampf von einer Maschine zur Heizung be— 
uutzt, so nennt man eine solche Heizung „Abdampfheizung“. 
Wir beginnen zunächst mit der Feuerluftheizung 
mit Ventilation. Bei dieser befinden sich an geeigneten 
Stellen im Keller die Heizapparate (Calorifère), welche in 
eine Heizkammer möglichst isolirt eingebaut sind. Von den 
höchsten Stellen der Kammer führen Warmluftkanäle in den 
vertikalen Mauern nach den zu heizenden Räumen, wo sie eine 
entsprechende Ausströmungsöffnung haben. Zur Ableitung der 
verbrauchten Luft sind in den vertikalen Mauern Abzugskanäle 
angebracht, welche über Dach führen. Letztere haben in den 
Räumen je eine Ausmündung dicht über dem Fußboden und 
eine zweite dicht unter der Secke. Erstere dient für die Ab— 
führung der Luft während der eigentlichen Heizperiode, letztere 
ist für die Sommerventilation beftimmt, daher in der Heiz— 
periode nur ausnahmsweise dann geöffnet. wenn die Räume 
durch irgend welche Unachtsamkeit zu warm geworden sein 
sein sollten. Die durch den Heizapparat zu erwärmende Luft 
wird der Heizkammer von außen durch Frischluftkanäle im 
Keller zugeführt. 
Die Funktion dieses Heizungssystems ist nun folgende: 
Sobald man die Calorifère heizt, wird die den Apparat in 
der Heizkammer umgebende Luft spezifisch leichter, und da sie 
durch den Frischluftkanal mit der Außenluft, welche spezifisch 
chwerer ist, in Verbindung steht, von dieser verdrängt. Die 
warme Luft gelangt durch die Warmluftkanäle in die Räume, 
ziebt hier ihre Wärme ab und wird als abgekühlte Luft von 
den untersten Luftschichten durch die Abzugskanäle über Dach 
in's Freie geleitet. Es wird also stets frische Außenluft in 
den Apparat geführt, dort erwärmt, gelangt sodann in die zu 
beheizenden Räume, wo sie ihre Wärme abgiebt, sich ver— 
unreinigt und alsdann über Dach abgeleitet wird. 
Aus dieser Auseinandersetzung geht zur Genüge hervor, 
daß mit diesem System ein äußerst reichlicher Luftwechsel und 
demnächst eine äußerst ergiebige Ventilation verbunden ist. 
Da es nun nicht möglich ist, mittels des Calorifere-Apparates 
die Temperatur der Luft derart zu bemessen, daß sie nur den 
Brad der Erwärmung erhält, welche dem jeweiligen Wärme— 
erfordernisse entspricht. so wird bei einer guten, sachgemäß 
ausgeführten Luftheizungganlage die Anordnung derart ge— 
roffen, daß die Temperatur der Luft in den Warmluftkanälen 
durch Mischung von warmer und kalter Luft derart regulirt 
werden kann, daß eine Ueberheizung der Räume nicht statt— 
indet, dagegen auch dann, wenn eine Erwärmung der Zimmer 
zicht mehr erforderlich ist, eine Ventilation weiter stattfindet. 
Diese Luftmischung wird dadurch erreicht, daß direkt aus dem 
Frischluftkanal ein Kanal hochgeführt wird, welcher mit dem 
Warmluftkanal sich vereinigt, ohne daß die Luft durch die 
Heizkammer geführt wird; an der Stelle, wo sich die beiden 
Kanäle vereinigen, wo also erwärmte und kalte Luft zusammen— 
treffen, wird eine Drosselwechselklappe angebracht, wodurch es 
nun möglich ist, je nach Bedarf mehr oder weniger erwärmte 
Luft in die Räume gelangen zu lassen. 
Selbstverständlich hat diese Mischung der Luft nur dann 
zinen Zweck, wenn es möglich ist, demjenigen, welcher die 
Wechselklappe einzustellen hat, also in den meisten Fällen der 
deizer, in die Lage zu setzen, sich jeder Zeit von der Temperatur 
iu überzeugen, welche in den Räumen herrscht. In neuerer 
Zeit sind nun viele mehr oder weniger gute Apparate konstruirt 
vorden, durch welche man in die Lage gesetzt wird, im Keller 
dort, wo sich die Mischklappen befinden, abzulesen, welche 
Temperatur in den einzelnen Zimmern herrscht. Besonders 
nit Hilfe der Elektrizität sind einzelne sehr gute Apparate 
onstruirt, welche seit einiger Zeit auch bei den hiesigen 
tädtischen Schulen Verwendung gefunden und in jeder Beziehung 
»en gestellten Anforderungen entsprochen haben. 
Das System der Luftheizung mit Cirkulation weicht 
oon dem vorher beschriebenen insofern ab, als die verbrauchte 
abgekühlte Luft nicht über Dach in's Freie geführt, sondern 
durch sog. Cirkulationskanäle wieder unter die Calorifèreé geleitet 
wird, um dort von neuem erwärmt zu werden. Es cirkulirt 
also bei diesem Systeme stets dieselbe Luft und ist die Ventilation 
»aher eine äußerst ungenügende. Vom gesundheitlichen Stand— 
punkte ist also letzteres System jedenfalls zu verwerfen, dagegen 
hat es den großen Vorzug, daß es sowohl in der Anlage, 
vie im Betriebe sparsamer ist. 
Die Luftheizung mit Ventilation also wird stets dann 
enzuwenden sein, wenn es sich um die Beheizung von Lokalitäten 
handelt, welche mit vielen Menschen angefüllt und jedesmal 
längere Zeit benutzt sind. 
Dagegen wird für verhältnißmäßig große und hohe 
Räume, welche nur kurze Zeit besucht sind, eine Luftheizung 
mit Cirkulation genügen. Aus vorstehend angeführten 
Gründen versieht man die Kirchen meistens mit einer 
Sirkulationsheizung. 
Bei allen Sälen, welche nur zeitweilig benutzt werden, 
ist die Heizung am besten so einzurichten, daß mittels Cirkulation 
geheizt wird, so lange darin noch kein Publikum vorhanden
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.