Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 58, Bd. 17, 1898)

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Schornstein-Anlagenn — Ueber Gestaltung der Fassaden des Tandhauses. 
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Abkühlung, und je weniger Abkühlung, umso größer die Auf— 
triebsgeschwindigkeit (Geschwindigkeit mal Querschnitt gleich Gas— 
abführung gleich Luftzuführung für die Feuerung), also um so 
befser der Zug. VMian wird stets die Erfahrung, machen, je 
enger die Rohre, umso besser brennt das Feuer, natürlich bis zu 
Jewissen minimalen Grenzen, denn mit der Auftriebsgeschwindigkeit 
fteigt auch die Reibung bei engen Rohren. welche sie wieder 
vermindert. 
Was nun die Einführung der Ofe rohre verschiedener Etagen 
in ein gemeinsames Schornsteinrohr anbetrifft, so liegt eine sehr 
große Gefahr bierin, da bei verschiedenen Umständen die Rauch— 
Fase anf diese Weise direkt in die oberen Räume gelangen können, 
Has besondeis bei Schlafzimmern der Gesundheit höchst schädlich 
werden, ja Ersticken im Gefolge haben kann; man sollte also nur Ofen— 
ohre einer Etage in ein gemeinsames Rohr eintreten lassen, aber 
dann natürlich bei gegenüberliegenden Oefen in etwas verschiedener 
Höhe, um direktes Aufeittandertreffen zweier Luftströme zu 
vermeiden. 
Zum Schluß noch ein Wort über Schornsteinaufsätze. Wie 
bereits oben angedeutet, ist der Winddruck in der Lage, den 
Schornsteinzug zu behindern. Es kommt also für solche Fälle 
darauf an, diesen zu verhindern oder, was noch besser, nutz— 
hringend, d. h. saugend, zu verwerthen. Der Winddruck ist nur 
schädlich wenn er mit großer Geschwindigkeit die Schornstein— 
oͤffnung rechtwinklig abschneidet, oder von oben nach unten stößt, 
deh das Ausströmen der Rauchgase verhindert oder solche gar 
sach unten preßt. Alle sogenannten Aufsätze sind daher bestrebt, 
solch ungünftigen Winddruck unmöglich zu machen. Die wenigsten 
davon sind in der Lage, solches radikal zu thun. Am wenigsten 
tauglich sind die Drehkoöpfe, die, wenn sie nicht in sehr kostspieligen 
Kugellagern laufen, sehr bald einrosten und dann mehr Schaden 
als Nuben bringen, ganz abgesehen von dem unangenehmen Ge— 
räusch, welches sie verursachen. Die rationellsten Schornstein— 
aufsätze sind die, welche den Winddruck auf schiefe Flächen treffen 
lassen und so eine saugende Wirkung, also eine Unterstützung des 
Auftriebs erzielen, allerdings muß die schiefe Fläche lang genug 
und steil genug sein, um den vollen Querschnitt etwas mehr als 
dessen Höhe von der Wirkung des Luftdruckes frei zu halten, 
und außerdem muß die ganze Luftsäule über dem diohr offen 
bleiben, sodaß der freie Abzug der Gase für gewöhnlich nicht 
behindert wird. Auf der Grundlage des Ebengesagten sind nach 
unserer unmaaßgeblichen Meinung die gemauerten Schornstein— 
köpfe die rationellsten, welche die Schrägflächen am besten in 
einer parabelförmigen Ausschweifung an ihrer Peripherie vorsehen. 
wie z. B. diejenigen aus gebranntem Thon einer süddentschen 
Firma, die sich außerdem nicht allein erheblich billiger stellen, 
als die den Baumarkt überfluthenden eisernen Aufsätze, sondern 
auch architektonisch wirksamer, um nicht zu sagen allein architek— 
tonisch brauchbar. Oberösterr. Bauztg.) 
Fels herauswachsen dürfen. Die Silhouette mag ebenso zer— 
rissen und zerklüftet sein, wie der Fels selbst. Steile Dächer, 
siebel und Thürme werden die Felsumrißlinien in den blauen 
Dimmel fortsetzen müssen. Anders in der Ebene mit gradlinigem 
Horizont; hier wird der Bau lagerhaft, vielleicht im einfachen 
lachen Viereck mit langem First der Landschaft sich am besten 
mlehnen, muß aber, um sich in der weiten Fläche der großen 
Landschaft zu markiren, geschlossene Massen zeigen von möglichst 
tonträren Farben, um nicht in der Umgebung verloren zu gehen; 
ein einfacher weißer Putzbau mit niederem rothen Dach und 
zurchgehendem Hauptgesims vielleicht mit grünen Läden, ohne 
onstige Zierrate wird hier das Geeignetste sein, während im 
velligen Hügel- oder Bergland ein Mittelding zwischen diesen 
»eiden Extremen am besten am Platze ist, nämlich ein gruppirter 
Bau von mittelhohem Dach mit reichlicher Zerschneidung, theil— 
weise herabgezogenen Dachflächen, Risaliten und Vorbanten von 
gemischten Materiglien, wobei das Fachwerk mit weißen Putz- 
dächen im oberen Geschoß oder den Giebeln auf die Verwandtschaft 
zun Walde hinweist. Daß möglichst das lokale Baumaterial 
zur Verwendung kommt, ist nicht nur ein Gebot der Oekonomie, 
sondern wird auch die Verwandtschaft mit der Umgebung erhöhen 
und den Bau quasi aus derselben herauswachsen lassen, 
wenigstens soweit es sich um charakteristische Farbentöne handelt. 
Es würde jedenfalls unökonomisch sein, wollte man in felsiger 
BHegend von rothem Gestein, sagen wir z. B. im Solling, wo 
berall die rothen Felshänge, bekrönt mit grünen Wäldern, den 
Weserstrom einschließen, einen weißen Sandstein oder Granit von 
weit her für theures Geld kommen lassen, um den Bau als 
hellen Punkt mehr herauszuheben. Den Zweck des weithin 
Sichtbaren und Auffallenden würde man zwar erreichen, aber 
der Bau würde eine Pflanze auf fremdem Boden sein, die sich 
nicht dem Gesammtbild harmonisch einfügte. 
Wenn sich beim eigentlichen Landhaus diese Rücksichtnahme 
auf die landschaftliche Umgebung von selbst versteht und es 
in erster Linie Sache des Baumeisters sein sollte, das Charakte— 
ristische der Landschaft zu erfassen und diesem sich anzuschmiegen, 
oder solches zum Ausdruck zu bringen, so lieat die Sache 
wesentlich anders beim Vorstadthaus. 
Die unmittelbare Nähe der Hochbauzonen der Stadt ver— 
langen ein Hinüberneigen zu städtischem Charakter, um so mehr, 
je näher das Häusermeer und je dichter die Bebauung. Der 
heure Grund und Boden beschränkt die Ausdehnung und treibt 
den Bau in die Höhe, sodaß zweigeschossige Anlagen zu den 
Seltenheiten gehören werden; trotzdem soll auch dem Namen 
Landhausviertel Rechnung getragen werden und ist es in der 
Hauptsache das zweite Obergeschoß, welchem die Aufgabe zufällt, 
diesen Charakter zum Ausdruck zu bringen, indem dasselbe möglichst 
schon in das Dach hineingezogen wird, sei es durch Ausbildung 
einiger Schrägräume, oder durch Erkerfenster zwischen Wand— 
schräänken, um den Zimmern die gerade Decke zu erhalten und 
eiczeius malerisch und behaglich im Innern durch Erkerplätze 
zu wirken. 
Die Aufgabe, entsprechende Städte- und Landschaftsbilder 
zu schaffen, ist wie gesagt hier wesentlich schwieriger, weil in 
den meisten Fällen die Anlehnung an charakteristische Anhalts⸗ 
„unkte fehlt. Die nur in hügeligen Städten, wie: Wiesbaden, 
Elberfeld, Karlsruhe ꝛc., oder durch Bach- und Flußläufe oder 
Strombildung, wie: Dresden, Braunschweig. Hamburg, Nürn— 
verg ꝛc., erleichtert wird. 
Auch ließe sich ein Gesammtbild nur schaffen, wenn ein 
janzer Straßenzug durch einen Baumeister im Ganzen geplant 
und ausgeführt wird und ihm so gestattet ist, je nach der Form 
der Straße, ob gerade oder geschweift, von allen Hauptstand— 
»unkten aus ein abgeschlossenes harmonisches Ganze zu schaffen, 
ei es im strengen Zusammenhange, wie die Köhlerschen Villen 
am Schiffaraben zu Hannover, oder eine freiere Behandlung 
nit lose aneinandergehängten Gruppen, die sich einer Gesammt— 
dee unterordnen und ein abgeschlossenes Ganze bilden. Wir 
nöchten hierbei darauf aufmerksam machen, daß bei Anlagen mit 
Vorgärten, wo die einzelnen Gruppen nicht in gleicher Bauflucht 
liegen, sondern absichtlich durch Vor- und Rückwärtsrücken die 
Mitte oder der Flügel betont sind, diese Zusaumiengehörigkeit 
der Gesanmtgruppe wesentlich unterstützt werden kann, wenn auch 
das System sich auf die Straßeneinfriedigung bezieht. Nicht daß 
die ganze Gruppe deshalb mit dem gleichen Gitter eingeschlossen 
zu werden brauchte, im Gegen.heil, solches würde nur langweilig 
ein, sondern es sollte eine Gruppirung auch in dieser Ein— 
friedigung zum Ausdruck kommen. Betonung der Flügel und 
der Mitte, Gruppirung nach der Symmetrieachse; ein solche aus— 
Jesprochene Umschliekßung wird selbst bei sehr freier Behandlung 
Weber Gestaltung der Fassaden des 
Landhauses. 
Unter Landhaus im engeren und weiteren Sinne verstehen 
wir im allgemeinen alle freistehenden Einfamilienhäuser, wie solche 
Auffassung ja bei der Bezeichnung „Landhausviertel“ bei Bau— 
verordnungen zum Ausdruck kommt; korrekter wäre es allerdings, 
eine Trennung nach „Vorstadtvillen“ und „eigentlichen Landhänsern“ 
einzuführen. Entsprechend dieser Trennung, muß auch der 
Charakter, der den Häusern in ihrer Gesammterscheinung zu 
geben ist, verschieden sein, da diese abhängig sein sollte 
von der Umgebung und von den Nachbargebäuden, d. h. 
das Haus muß in Beziehung zur Landschaft stehen oder mit 
anderen Häusern zusammen ein Landschafts- oder Städtebild 
geben. Hierin kiegt scharf die Grenze ausgesprochen, welche diese 
beiden Häusergruppen trennt. Das Landhaus, das beim billigen 
Bodenwerth von selbst sich in die Breite dehnt, wird meist nur 
zweigeschossig und mehr lagerhafter Natur sein, bei ihm kann 
iedes Material Verwendung finden vom rauhen Felsgeröll bis 
zur glatten Putzfassade, wie eben die jeweilige Gegend es am 
bequemsten und billigsten liefert. Es wird im welligen Hügelland 
auf waldigem Hintergrund anders gestaltet sein, als auf kühnem 
Felsvorsprung, anders in der flachen lachenden Ebene zwischen 
wogenden dRornfeldern oder Wiesenflächen. 
Der Bau auf kühner Felsennase wird sich naturgemäß 
nicht nur der Felsform im Gruudriß, also gruppirt an— 
schmiegen, sondern er wird am sympathischsten im wilden 
GHestein womöalich aleichen Materials aleichsan ans dem
	        
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