Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 58, Bd. 17, 1898)

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Der Lehrvertrag. — Torgament. 
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welcher den Lehrling zum Verlassen der Lehre verleitet 
oder einen kontraktbüchigen Lehrling wissentlich angenommen hat. 
In allen Fällen, in welchen ein Anspruch auf Entschädigung 
geltend gemacht werden will, muß dies binnen vier Wochen 
nach Auflösung des durch schriftlichen Vertrag begründeten 
Lehrverhältnisses geschehen. Zuständig für Streitigkeiten zwischen 
dem Lehrherrn und dem Lehrling über Entschädigungsansprüche 
aus dem Lehrverhältniß sind ohne Rücksicht auf den Werth 
des Streitgegenstandes die Gewerbegerichte. Ist ein Gewerbe— 
gericht nicht vorhanden, so ist die Klage bei dem ordentlichen 
Gericht zu erheben, also beim Gemeindegericht (Bürgermeister), falls 
der Streitwerth die Summe von 60 Mk. nicht übersteigt und 
beide Parteien in der gleichen Gemeinde den Wohnsitz haben, 
sonst beim Amtsgericht, bezw. Landgericht; für die Klagen 
gegen den Vater und den neuen Arbeitgeber des Lehrlings 
sind nur die ordentlichen Gerichte zuständig. 
Die Schriftlichkeit des Lehrvertrages soll aber auch einer 
wirksamen Kontrolle des Lehrverhältnisses dienen. Deshalb ist 
der Ortspolizeibehörde die Befugniß eingeräumt, vom Lehrherrn 
die Vorlage des Lehrvertrags zu verlangen. Der Lehrherr, 
welcher den Lehrvertrag nicht ordnungsmäßig, d. h. unter Be— 
obachtung der vom Gesetz vorgeschriebenen schriftlichen Form 
und mit dem in 8 1266 vorgesehenen Inhalt abschließt, wird 
mit Geldstrafe bis zu 20 Mk. und im Unvermögensfalle mit 
Haft bis zu drei Tagen bestraft. Dagegen ist wegen der bloßen 
Nichtbeachtung der Schriftform die Entziehung der Befugniß 
zum Halten von Lehrlingen nicht angedroht; diese empfindliche 
Maaßregel kann nur bei wiederholter grober Verletzung der 
dem Lehrherrn gegenüber den ihm anvertrauten Lehrlingen 
obliegenden Pflichten herbeigeführt werden. Lehrherr ist jeder 
Gewerbetreibende, der einen gewerblichen Arbeiter zu dem 
Zwecke einstellt, um ihn in den Arbeiten seines Gewerbes zu 
unterweisen oder unterweisen zu lassen. Die die öffentlich 
rechtliche Verantwortlichkeit des Lehrherrn firirenden Be— 
stimmungen der 88 126 bis 128 der Gewerbeordnung gelten 
für alle unter die Gewerbeordnung fallenden Gewerbetreibenden 
im Groß- wie im Kleinbetriebe. Daneben sind in den 
z8 129 bis 1324 der Gewerbeordnung besondere Vorschriften 
für die Handwerker erlassen worden; doch steht die Inkraft— 
setzung dieses Abschnittes des Gesetzes noch aus. 
(Bad. Gewerbe⸗-Ztg.) 
helägen in Küchen, Bädern und Klosetts, es elbst bei unvor— 
sichtigster Hantirung ausgeschlossen ist, daß Wasser aus den 
höheren Stockwerken in die unter denselben gelegenen dRäume 
dringt, namentlich wenn zur Vorsorge gegen lleberlaufen von 
Wasser das Torgament auch an den Wänden in die Hohe geführt 
und dadurch verhindert wird, daß Wasser durch die Seitenwände 
sickert. Ebenso verhindert der Torgamentbelag, daß etwaige 
Gerüche aus dem Erdboden in den Keller oder in die Erdgeschöß— 
räume emporsteigen, ein Vortheil, der in hygienischer Beziehuug 
nicht hoch genug angeschlagen werden kann. 
Ein weiterer großer Vorzug des Belages ist seine absolute 
Feuersicherheit. Das Torgament fängt nie Feuer und wird selbst 
im stärksten Brande nicht von den Flammen ergriffen. Es ver— 
hindert daher, da es selbst keinen Brandherd abgiebt, daß sich 
bei einem etwaigen Brande das Feuer anderen Räumen mittheilt, 
sodaß sich eine Lokalisirung des Brandes leicht erreichen läßt 
Diese Eigenschaft macht es zu einem vorzüglichen Mittel, auch 
bei nicht massihen Deckenkonstruktionen aunähernd die Feuersicher— 
heit der letzteren zu erreichen. Das Torgament kann nämlich, 
ebenso wie auf massive Decken, auch auf hölzerne Unterboden 
— Blendboden, alte Dielungen — verlegt werden. Es wird 
durch eine Verlegung von Torgament auf hölzerne Boden ein— 
mal die Feuersgefahr auf ein ganz geringes Maaß verringert, 
andererseitis aber auch infolge der oben besprochenen Undurch— 
lässigkeit des Torgamentes gegen Wasser die hölzerne Konstruktion 
gegen Faulen des Holzes oder Schwammbildung in Räumen, in 
welchen die Hantirung mit Wasser nicht zu vermeiden ist, in 
eminenter Weise geschützt. 
Ein weiterer großer Vorzug des Torgamentbelages ist seine 
Elasticität und, in Verbindung hiermit, ‚der Umstand, daß es sich 
auf demselben ähnlich wie auf Linoleum außerordentlich augenehm 
geht. Namentlich bei Verwendung massiver Decken tritt dieser Vor— 
zug des Torgamentes in den Vordergrund, denn gerade für diese 
ist ein schalldämpfender und bei aller Festigkeit doch elastische 
Belag von ganz hervorragender Wichtigkeit. 
In Verbindung mit Torgament gewährt die Massiodecke ber 
allen ihren sonstigen Vortheilen gleichzeitig die Annehmlichkeiten 
des Holzbelages und des Linolenms, und endlich — last not 
least — bildet das Torgament infolge der überwiegenden Ver— 
wendung von Holzstoffen und der isolirenden Eigenschaft der bei 
gemischten Mineralien gleichzeitig einen fußwarmen Belag. 
Bei diesen außerordentlichen Vorzügen des Belages ist es 
natürlich, daß das Torgament in fast beispielsloser Weise, trot 
der scharfen Konkurrenz und trotzdem natürlich die Ungeübtheit 
der Arbeiter und das Nichtsvertrautsein mit dem Stoffe hier und 
da auch eine weniger gelungene Ausführung verschuldet hat, 
den Markt erobert hat. — Nachdem Ende 1896 die Vaiserliche 
Werftverwaltung zu Kiel aus S. M. S. „Ersatz Aeolus“ aus 
dem Deck zunächst eine kleine Probe von Torgauentbelag an— 
bringen ließ, hat sie dann im Jahre 1897 S. M. S. „Gefion“, 
„Hagen“ und „Grille“ mit Torgament belegen lassen. In diesem 
Jahre sind nicht nur sämmtliche neuen gepanzerten Kreuzer 
HV. Klasse, als S. M. S. „Baiern“, „Baden“, „Pelikan“, 
„Hertha“ 'und „Gazelle“, mit Torgament belegt worden, sonderr 
duch für die neuen Panzerschiffe J. Klasse, als S. M. S 
„Sachsen“ usw., ist Torgament als Decke und Zwischendecksbelag 
bestimmt worden. 
Ebenso hat das Torgament in trankenhäusern und 
öffentlichen Gebäuden schnell Einführung gefunden. Zunächst im 
Januar 1897 von der Königl. Sächs. Ministerialbaudirektion in 
der Landesirrenanstalt zu Zschadraß bei Colditz in Sachsen ver— 
suchsweise verlegt, hat es infolge der dort und anderweit ge— 
fundenen, ungemein günstigen Beurtheilung auch bei vielen anderen 
großen Krankenhausbauten und öffentlichen Gebäuden Eingans 
gefunden. Beispielsweise erfolgt die Verlegung von Torgament 
mit ca. 2500 4 in sämmtlichen Krankenzimmern des Sana— 
toriums zu Sülzhain, ebenso mit ca. 1100 471 in säuimtlicher 
Räumen des Genesungsheims Sophienheim zu München bei Berka 
a. Ilm, mit ca. 1000 4724 in dem Krankenhaus zu Geesthach: 
bei Hamburg, mit ca. 2500 4 in dem Gefängnißbau der 
Großh. Weim. Regierung zu Eisenach, Irrenanstalt der Großh 
Regierung in Jena, Kreiskrankenhaus Brisz bei Berlin usw 
Auch in Fabrikneubauten hat das Torgament schnell Auf— 
nahme gefunden. Die optischen Werkstätten von Carl Zeiß ir 
Jena verlegten im Frühjahre 1897 zunächst probeweise ca 
200 qm in verschiedenen Räumen ihrer Fabrik und haben dann 
im Frühjahre dieses Jahres ihren ganzen Neubau, ca. 2100 4 
ebenfalls mit Torgament belegt. In gleicher Weise haben auch 
die Falkensteiner Gardinen-Weberei und Bleicherei A.“G. in 
Falkeustein i. S., nachdem sich ein Probebelag des Torgamentes 
Torgament. 
Bei der immer mehr und mehr sich steigernden Anwendung 
massiver Deckenkonstruktionen ist auch der von der Firma Franz 
Lehmann u. Co. in Leipzig fabrizirte Torgamentbelag immer 
mehr in Aufnahme gekommen, welcher in Verbindung mit 
Massivdecken den denkbar besten Fußbodenbelag für alle Arten 
von Gebäuden abgiebt. 
Das Torgameut, eine Komposition von Holzstoffen und 
Mineralien, theilt mit den Massivpdecken den Vorzug vollständiger 
Schwammsicherheit, da es infolge einer besonderen Präparirung 
gegen Einwirkung von Nässe unempfindlich gemacht ist. Während 
daher bei Verlegung von jeder Art Holzboden auf Masfiodecken 
mehr oder weniger ein Faulen des Holzes oder ein Werfen 
desselben zu befürchten ist, sind diese Uebelstände bei Torgament 
abfolut ausgeschlossen. Andererseits kommen aber auch die Nach— 
theile bei Anwendung des Torgamentbelages nicht vor, welche 
infolge des Schwindens des Holzes entstehen, denn Torgament 
wird überhaupt nicht in einzelnen Stücken verlegt, sondern ähn— 
lich wie Cementestrich oder Asphalt aufgetragen, sodaß der Fuß— 
boden aus Torgament eine einzige einheitliche, von Wand zu 
Wand durchlaufende Fläche bildet. 
Das Torgament bildet ein einziges, untrennbares Ganze 
mit der massiven Deckenkonstruktion, mit welcher es ohne An— 
wendung mechanischer Hilfsmittel eine unlösliche Verbindung 
eingeht. Es fallen daher auch alle Fugen fort, die bei Ver— 
wendung von Holz oder Linoleumbelägen bei der großen Be— 
schleunigung der Bauten sich trotz sauberster Ausführung nie 
gänz vermeiden lassen. Damit aber gewinnt eine andere Eigen— 
schaft des Torgamentbelages, seine Undurchlässigkeit, noch mehr 
an Bedeutung. Das Torgament läßt weder Wasser noch Ge— 
rüche durchdringen. Es schützt daher die Decken gegen das Durch 
dringen von Feuchtigkeit, sodaß bei Verwendung von Torgament—
	        
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