39 Mittheilungen aus der Praxis. — Zur Frage der Buch- und Rechnungsführung im handwerksmäßigen Kleinbetrieb. 70
Antwort dafür zu finden. Die Brauchbarkeit ist genügend
erwiesen, die Preise sind keine hohen, wenigstens nicht im Hin—
blick auf den praktischen Werth und Nutzen des Asbestes, und
der Einwurf der Neuheit ist schließlich auch nicht stichhaltig,
denn die Benutzung von Asbeststoffen bei den alten Mittel—
neervölkern ist historisch. Die vielfachen Versuche, welche man
angestellt hat, um den Asbest als Schutzmittel vor des Feuers
»erzehrenden Gluthen zu erproben, haben doch überall zur
Benüge bewiesen, daß die Propaganda, die von einigen Inter—
essenten ausgeht, wohl berechtigt ist. Ich hatte Gelegenheit,
iner Brandprobe beizuwohnen, welche in Hamburg stattfand.
Die Hamburger Feuerwehr betheiligte sich durch mehrere Brand—
neister, unter deren sachverständiger Leitung ein kleines, be—
onders errichtetes Gebäude, dessen Dach, Thür und Fenster—
pfosten mit Asbest verkleidet waren, in Brand gesteckt wurde.
Durch fortwährend zugeführte Nahrung in Gestalt von Holz—
scheiten wurde das Feuer dermaaßen geschürt, daß die eisernen
Träger innerhalb des Gebäudes sich in Rothgluth durchbogen.
Hiernach könnte also eine Temperatur von 800 bis 900 Grad
aingenommen werden. Es ist dies eine Temperatur, die nur
dei ganz schweren Bränden erreicht wird, wenn von der Er—
cheinung der Stichflamme, Exrplosionen u. dergl. abgesehen
vird. Das Resultat, welches die Brandprobe nun zeitigte,
war, daß nach erfolgter Ablöschung die Thür und Fenster—
pfosten ihre volle Tragkraft bewahrt hatten und das Holzdach
interhalb der wohl erhaltenen Asbestpappen nur leicht verkohlt
war. Die obere Holzverschaalung war noch völlig intakt,
ebenso die Theerpappe daraus.
Aber auch in Gebäuden, in denen keine Holzbalken —
Dielen und Wände sind, die man mit Asbestpappe verkleiden
könnte, bietet Asbest eiuen guten Schutz, der nothwendig wird,
da eiserne Stützen und Träger bei großen Bränden den be—
treffenden Baulichkeiten sehr gefährlich werden können. Werden
die eisernen Konstruktionen rothwarm oder gar hellroth, sodaß
sie sich durchbiegen, so reißen sie die Gebäudemauern, in denen
ie fest verankert ꝛc. sind, einfach ein. Wo Pappe und Cement
nicht augewendet werden können, bietet Asbestfarbe einen guten
sicheren Schutz. Asbestfarbe schützt selbst vor der Einwirkung
einer Stichflamme und ist außerdem abwehrend, wirft keine
Blasen und ist überhaupt ein gutes Präservativ der damit
gestrichenen Holzwände, Decken ꝛc. Zum Ueberfluß noch will
sch den Asbest in seiner Gewebeform erwähnen, in welcher
Gestalt er gleichfalls gut zur feuersicheren Bekleidung Ver—
vendung finden kann.
Es zeigt sich also, daß Asbest vornehmlich berufen scheint,
ieci es nun in dieser oder jener Gestalt, — Pappe, Farbe,
Lement oder Gewebe — als Schutzmittel gegen Feuerschäden
zu dienen, zumal auch der wohlfeile Preis seiner allgemeinen
Finführung nicht im Wege steht. Aus diesem Grunde hat
die Baupolizei in einzelnen Städten Deutschlands bereits einen
Schutz der einzelnen Träger und Säulen vorgeschrieben. Um—
mauert man dieselben, so wird das Ganze zu theuer und der
Werth der eisernen Säulen, welche doch Platz ersparen sollen,
ein illusorischer. Auf Kosten der Hamburger Regierung wurden
nach den großen Speicherbränden Versuche angestellt, um den
zeeignetsten Schutz herauszufinden. In den darüber gemachten
amtlichen Veröffentlichungen lesen wir auch wieder, daß Asbest,
und zwar als Asbestcement oder Asbestkieselguhr, das sicherste
und beste Schutzmittel bietet. Leider vermissen wir nun auch
hier wieder die Nutzanwendung der gewonnenen Resultate
d. h. die praktische Verwendung des Asbestes.
C. H. Schilling, Ing.
(„Deutsche Bauhütte“, Hannover.)
Zur Frage der Buch- und Rechnungsführung
im handwerksmäßigen Kleinbetrieb.
Neben den zunächst berufenen Faktoren für die Heranbildung
eines leistungsfähigen Gewerbestandes, dem Staat und den Ge—
ueinden, sind auch die Gewerbevercine seit Jahren bestrebt, dem
Handwerk der Neuzeit eine sichere Grundlage für eine gedeihliche
FEntwickelung zu schaffen und sie haben auch auf verschiedenen
Hebieten beachtenswerthe Erfolge zu verzeichnen. Stets waren
dieselben bemüht, die Gewerbetreibenden auf der Hölhse der Zeit
ind dadurch konkurrenzfähig zu erhalten, sie zu befähigen, den
mimer heftiger entbrennenden Kampf um die Existenz mit Ehren
zu bestehen. Sie haben es daher nicht fehlen lassen, solche Ein—
ichtungen zu treffen und zu unterstützen, welche geeignet sind, dem
Zandwerker nicht nur eine möglichst vollkommene technische Aus—
»ildung zu geben, sondern ihm auch Gelegenheit zu bieten, sich
zie nöthige Gewandtheit in den sogenannten kaufmännischen
Fächern — Rechnen, Korrespondenz und Buchführung — zu er—
verben.
Schon ein oberflächlicher Blick in unser gewerbliches Leben
eigt zur Genüge, daß es heutzutage nicht mehr hinreicht, ein
dandwerk ordnungsmäßig erlernt und den Beweis dafür erbracht
u haben, wenn nicht noch andere Kenntnisse und Fertigkeiten
jinzukommen. Mit der technischen muß die kaufmännische, die
volkswirthschaftliche Bildung Hand in Hand gehen, und wer sein
geschäft nicht mit Geschick zu leiten versteht, kommt selten auf
inen grünen Zweig. Es kann jemand ein ganz guter Arbeiter
ein und ist noch nicht im stande, sein Geschäft in der richtigen
Weise selbstständig zu führen. Unser Erwerbsleben ist nun ein—
nal in wesentlichen Dingen verschieden von dem, wie es noch
zur Zeit unserer Großväter war. In heutiger Zeit gehört eben
ur erfolgreichen Leitung eines Gewerbebetriebes ein möglichst
eich bemessener Vorrath von kaufmännischen Kenntnissen, wie
ruch von Gesetzeskenntniß. Wer etwa glaubt, mit seiner tech—
nischen Bildung allein auszukommen, der zeigt zwar viel Selbst—
ertrauen, aber desto weniger Erfahrung in der Praxis des
veschäftslebens und er wird nur zu bald finden, wie sehr er sich
getäuscht hat.
Man kann nun entgegenhalten, daß es nur ausnahmsweise
vegabten Menschen möglich ist, sich neben einer sorgfältigen tech—
nischen auch eine genügende kaufmännische Bildung anzueignen,
ind die es auch fertig bringen, die eine Seite ihrer Ausbildung
ne Vernachlässigung der andern zu fördern und zu pflegen.
Dieser Einwand ist in seiner Allgemeinheit nicht stichhaltig, wie
ich an Hunderten von Beispielen nachweisen läßt. Es giebt
niele Gewerbetreibende, die gleichzeitig tüchtige Kaufleute sind,
ind ein Jeder, der mit unbefangenem Blick unsere gewerblichen
Gerhältnisse betrachtet, kann die Beobachtung machen, daß diese
— ihre Zahl ist erfreulicherweise in beständigem Steigen be—
griffen — auch in der Riegel geschäftlich vorwärts kommen,
vährend bei den übrigen vielfach Unzufriedenheit und Mangel
zerrscht. Anders verhält es sich mit dem Einwurf, welchen man
nachen könnte, daß es vielen Handwerkern an der Zeit oder an
der nöthigen Stimmung fehlt, die Korrespondenz zu besorgen
ind die Geschäftsvorfälle richtig und pünktlich zu buchen. Das
st vollkommen richtig; und es entsteht die wichtige Frage, auf
velche Weise im handwerksmäßigen Kleinbetrieb diesem unbe—
teitbaren Bedürfnisse genügt werden könnte. Dabei ist ein Mo—
nent von besonderer Wichtigkeit. Erfahrungsgemäß haben Frauen
ind Mädchen für derartige schriftliche Arbeiten viel Sinn und
BSeschick und es empfiehlt sich, weibliche Kräfte, besonders die
Frauen und Töchter der Handwerker, in der Buch- und Rech—
uungsführung zu unterweisen, damit sie dem Ehemann, dem
Later oder Bruder dieses Geschäft abnehmen können. Gerade
ür solche Gewerbe, deren Ausübung eine schwere, schwielige
dand verursacht, wäre dies von großem Vortheil. — Wenn ein
—„chlosser oder Schmied den ganzen Tag am Schraubstock oder
Imboß sich müde gearbeitet hat, dann entschließt er sich nur
chwer, nach Feierabend noch einmal die Feder in die Hand zu
sehmen und die nöthigen Einträge zu machen. Das könnte die
Zausfrau, die Tochter oder Schwester leicht besorgen. — Die
drauenfrage ist überhaupt in unserem Erwerbsleben von großer
Wichtigkeit. Mit langsamen aber sicheren Schritten dringt die
Frau in Berufe ein, die ihr noch vor wenigen Jahren so gut
vie verschlossen waren, und wir fangen an, uns an den Anblick
»on jungen Mädchen in den Schreibstuben der Kaufleute und
stechtsanwälte, au den Kassenschaltern der Eisenbahn ꝛc. zu ge—
zsewöhnen. Sie arbeiten an der Schreibmaschine, stenographiren,
führen die Bücher, und die Erfahrungen, welche mit den weib—
ichen Kräften gemacht werden, müssen als befriedigende bezeichnet
verden. Gleich den Telegraphistinnen und Telephonistinnen,
Fisenbahnbeamtinnen und Lehrerinnen haben sich auch die Hand—
ungsgehilfinnen in Branchen bewährt, welche ihnen ferner zu
iegen schienen, als die Damenkonfektion und das Modewaaren—
gjeschäft. So ist die Zahl der beispielsweise im Handelsgewerbe
jeschäftigten Frauen und Mädchen prozentual fortwährend im
Steigen begriffen. Sind dieselben aber irgendwo am rechten
Zlate, dann ist es an dem Schreibtische der Handwerker Aus