Full text: Deutsches Baugewerks-Blatt : Wochenschr. für d. Interessen d. prakt. Baugewerks (Jg. 58, Bd. 17, 1898)

Entwurf eines Gesebes über die Sicherung der Bauforderungen. 
Entwurf eines Gesetzes über die Sichernna 
der Bauforderungen. 
Der von der Kommission des preußischen Staatsministeriums 
ausgearbeitete Entwurf des Gesetzes über die Sicherung der 
Bauforderungen und der Entwurf des preußischen Einführungs— 
geseßes füllen über neun Seiten des „RNeichsanz“ Der Entwurf 
des Reichsgesetzes lautet wie folgt: 
1. Durch landesherrliche Verordnung kann angeordnet 
werden, daß für einzelne Gemeinden oder Theile von Gemeinden, 
in welchen die Errichtung von Neubauten in größerm Umfange 
zu erwarten ist (Neubaubezirke), eine Sicherung der Bauforde— 
rungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes stattzufinden hat. 
8 2. Soll in einem Neubaubezirke ein zu Wohn⸗ oder ge— 
werblichen Zwecken bestimmtes Gebäude auf einem Grundstück 
errichtet werden, welches in den letzten fünf Kalenderjahren un— 
bebaut oder nur mit Gebäuden untergeordneter Art besetzt war, 
so darf die Bauerlaubniß nur unter der Bedingung ertheilt 
werden, daß auf dem Grundbuchblatte der Baustelle ein Bau— 
dermerk eingetragen wird. Der Bauvermerk enthält die Angabe, 
daß das Grundstück bebaut werden soll, und die Höhe des Bau— 
stellenwertihs. Mit der Ausführung des Baues darf nicht be— 
gonnen werden, bevor der Baupolizeibehörde die Eintragung des 
Bauvermerks nachgewiesen ist. 
8 3. Die Grundsätze für die Bemessung des Baustellen— 
werths und das Feststellungsverfahren werden, sofern sie nicht 
landesgesetzlich geregelt sind, durch landesherrliche Verordnung 
bestimmt. 
8 4. Die Eintragung des Bauvermerks erfolgt auf Antrag 
des Eigenthümers auf Grund der Bauerlaubniß und einer Be— 
scheinigung der zuständigen Behörde über die Höhe des Bau— 
stellenwerths. Bildet die Baustelle nur einen Theil eines Grund— 
stücks, so ist der Theil von dem Grundstück abzuschreiben und 
als selbständiges Grundstück einzutragen. 
8 5. Der Bauvermerk wird gelöscht, wenn dem Grundbuch— 
amt eine Bescheinigung der Baupolizeibehörde vorgelegt wird, 
daß vor dem Beginne des Baues die Bauerlaubniß erloschen 
oder von dem Bau Abstand genommen ist. 
8 6. Sobald nach der Vollendung des Baues festgestellt 
worden ist, daß baupolizeiliche Bedenken, das Gebäude in Ge— 
brauch zu nehmen, nicht bestehen, hat die Baupolizeibehörde hier— 
von dem Grundbuchamte Mittheilung zu machen. Binnen einer 
Frist von sechs Monaten, die mit dem Eingange dieser Mit— 
theilung beginnt, können die Bangläubiger ihre Bauforderungen 
bei dem Grundbuchamt anmelden. Erlischt die Bauerlaubniß 
nach dem Beginne des Baues, so hat die Baupolizeibehörde 
hiervon dem Grundbuchamte Mittheilung zu machen. In diesem 
Falle beginnt die im Abs. 1 bestimmte Anmeldungsfrist mit 
dem Eingange dieser Mittheilung. Die Einsicht der Mittheilungen 
der Baupolizeibehörde ist jedem gestattet. 
*87. Als Baugläubiger gelten: 1) die Unternehmer des Bau—⸗ 
werks oder eines einzelnen Theiles des Bauwerks, 2) die an der 
Herstellung des Bauwerks auf Grund eines Dienstvertrages Be— 
theiligten wegen ihrer Ansprüche auf die in Geld vereinbarte 
Vergütung, sofern die Werk- oder Dienstverträge von dem Eigen— 
thümer der Baustelle oder für dessen Rechnung geschlossen sind 
Bauforderungen). Durch eine nachträgliche Veräußerung der 
Baustelle werden die Rechte der Baugläubiger nicht berührt. 
Zinsen der vereinbarten Verqütung gehören nicht zu den Bau— 
forderungen. 
8 8. Die Anmeldung einer Bauforderung ist nur wirksam, 
wenn bis zum Ablaufe der Anmeldungsfrist(8 6) eine schrift— 
liche Zustimmung des Eigenthümers zur Anmeldung oder eine 
gegen den Eigenthümer ergangene, die Zulässigkeit der Anmeldung 
anordnende einstweilige Verfugung zu den Akten des Grund— 
buchamts eingereicht wird. Zur Erlassung der einstweiligen Ver— 
fügung genügt die Glaubhaftmachung der Bauforderung. 
8. 9. Sind, bis zum Ablaufe der Anmeldungefrist (8 6) 
wirksame Anmeldungen nicht erfolgt oder die erfoigien Anmel— 
dungen in der für Eintragungsbewilligungen in der Grundbuch— 
ordnung vorgeschriebenen Form zurückgenommen, so wird der 
Bauvermerk von Amts wegen gelöscht. 
8 10. Liegen beim Ablaufe der Frist wirksame Anmeldungen 
vor, so wird von Amts wegen eine als Bauhypothek zu bezeich⸗ 
nende Sicherungshypothek in Höhe des Gesammtbetrages der an— 
gemeldeten Bauforderungen eingetragen. Mit der Eintragung 
entsteht die Hypothek. Jedem Baugläubiger, dessen Bauforderung 
bei der Eintragung der Bauhypothek berücksichtigt ist, steht diese 
in Höhe des berücksichtigten Betrages zu. Einer Eintragung der 
einzelnen Baugläubiger in das Grundbuch bedarf es zur Ent— 
stehung der Hypothek nicht. 
8 11. Hat der Bauglänbiger den Werk- oder Dienstvertrag 
nicht vollständig erfüllt, so kann er die Bauforderung nur in— 
soweit geltend machen, als seine Leistungen in den Bau ver— 
wendet sind. Die vereinbarte Vergütung ist in dem Verhältnisse 
herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der 
Werth der vereinbarten Leistung zu dem Werthe der wirklichen 
Leistung gestanden haben würde. 
8 12 Uebersteigt die Höhe einer vereinbarten Vergütung die 
übliche um mehr als den fünften Theil, so kann jeder Betheiligte 
zerlangen, daß bei Berechnung der Ausprüche aus der Bau— 
yypothek der übliche Preis au Stelle des vereinbarten zu Grunde 
gelegt wird. 
8 13. Wird die Bauhypothek vollständig gelöscht, so hat das 
Brundbuchamt zugleich von Amts wegen den Bauvermerk zu 
öschen. Die Bauhypothek erlischt, wenn sie sich mit dem Eigen— 
hum an dem Grundstück in einer Person vereinigt; die 88 1164, 
1180, 1186, 1198 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden keine An— 
vendung. Im Falle des 86 Absatz 2 erlischt die Bauhypothek 
mit dem Ablaufe von drei Jiahren seit der Eintragung; sie wird 
von Amts wegen gelöscht. Ist die Zwangsversteigerung oder 
die Zwangsverwaltung vor dem Ablaufe der drei Jahre ange— 
ordnet worden, so gilt die Bauhypothek gleichwohl für dieses 
Verfahren als fortbestehend. Beruht die Wirksamkeit einer An— 
meldung auf einer einstweiligen Verfügung, so steht die Auf— 
hebung der Verfügung durch rechtskräftige Entscheidung einer 
Löschungsbewilligung gleich. 
8 14. Mehrere bei Eintragung der Bauhypothek berücksichtigte 
Bauforderungen haben unter sich gleichen Rang. 
8 15. Der Rang der Bauhypothek gegenüber anderen Rechten 
hestimmt sich nach der Eintragung des Bauvermerks. Die Bau⸗ 
yypothek geht jedoch im Falle der Zwangsversteigerung vor ein— 
Jetragenen Rechten in Ansehung des den eingetragenen Bau— 
ttellenwerth übersteigenden Theiles des Meistgebotes vor. Im 
Falle der Zwangsverwaltung begründet die Bauhypothek in An— 
ehung desjenigen Theiles der Ueberschüsse, welcher den mit vier 
»om Hundert berechneten Jahreszins einer dem Baustellenwerth 
zleichkommenden Geldschuld übersteigt, ein Recht auf Befriedi— 
zung mit dem Range vor dem im 8 10 Nr. 4 des Gesetzes über 
die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung bezeichneten 
Anspruche. 
8 16. Ist vor der Eintragung des Bauvermerks eine Hypothek 
zu Gunsten eines Gläubigers eingetragen, welcher die Gewährung 
»on Baugeldern übernommen hat, und ist die Hypothek bei der 
Fintragung als Baugelderhypothek bezeichnet, so finden in An⸗ 
sehung des Ranges dieser Hypothek die Vorschriften des 8 15 
nit der Maaßgabe Anwendung, daß der Baustellenwerth sich um 
den Betrag derjenigen Zahlungen erhöht, welche von dem Bau—⸗ 
geldgeber in Anrechnung auf die Baugelder zum Zwecke der 
Tilgung einer Bauforderung geleistet sind. Die Erhöhung ist 
uusgeschlossen, soweit dem Baugeldgeber zur Zeit der Zahlung 
ekannt war, daß die Bauforderung nicht bestehe; der Kenntniß 
steht eine auf grober Fahrlässigkeit beruhende Unkenntniß gleich. 
8 17. Ist im Falle der Zwangsversteigerung oder der Zwangs— 
berwaltung zur Zeit der Eintragung des Vollstreckungsvermerks 
die Eintragung der Bauhypothek noch nicht erfolgt, so können 
die Baugläubiger auf Grund des Bauvermerks Befriedigung aus 
dem Grundstücke verlangen; die Vorschriften der 88 11, 12, 14 
bis 16 finden entsprechende Anwendung. 
8 18. Das Grundbuchamt hat nach der Eintragung des Voll⸗ 
treckungsvermerks dem Vollstreckungsgericht eine beglaubigte Ab⸗ 
ichrift der wirksamen Anmeldungen zu ertheilen. Baugläubiger, 
ür die nach der Mittheilung des Grundbuchamts zur Zeit der 
Fintragung des Vollstreckungsvermerks eine wirksame Anmeldung 
yorlag, stehen für das Vollstreckungsverfahren Gläubigern, die 
zu dieser Zeit im Grundbuch eingetragen waren, gleich. Liegen 
päter wirksame Anmeldungen vor, so hat das Grundbuchamt 
don diesen nachträglich Mittheilung zu machen; die Mittheilung 
ersetzt die Anmeldung und Glaubhaftigkeit der Forderung im 
Vollstreckungsverfahren. 
8 19. Hatte zur Zeit der Eintragung des Vollstreckungsver— 
nerks die Anmeldungsfrist (9 6) bereits begonnen, so darf der 
Versteigerungstermin nicht auf einen früheren Zeitpunkt als zwei 
Wochen nach dem Ablaufe der Frist bestimmt werden. Ist diese 
Vorschrift verletzt, so ist der Zuschlag zu versagen. Beginnt die 
Anmeldungsfrist im Laufe des Vollstreckungsverfahrens, so kann 
jeder an dem Verfahren Betheiligte die Aufhebung des Termins 
und Bestimmung eines anderen Termins verlangen, wenn der 
Termin auf einen früheren als nach Absatz 1 zulässigen Zeit—
	        

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