Full text: Erläuternder Text (Textband)

Abteilung I. — Abteilung II. 
Reste von farbigen Steinen mit Spiralornamenten, 
Säulenschäfte und Kapitellfragmente gefunden. 
Fig. 5—6 verschiedene Mauerarten: die kyklo- 
pische Bauart gehört vornehmlich der mykeni- 
schen Zeit in Griechenland an; sie wird durch 
große, meist völlig unbehauene schwere aufein- 
andergetürmte Blöcke gekennzeichnet. Geschich 
tete Mauern treten schon früh daneben auf, 
werden in Griechenland nach dem Verfall der 
mykenischen Kultur aber erst vom 8. Jahrhundert 
an häufiger. 
Fig. 7 — 9. Die Oberdeckung von Maueröffnungen 
durch Vorkragung der Schichten ist in jeder primi 
tiven Baukunst üblich. 
Abteilung II. Ägyptische Baukunst. 
Perioden der ägyptischen Kunst: 
Frühzeit vor 3500 v. Chr. 
Altes Reich vor 3000. (A. R.) 
Mittleres Reich nach 2800. (M. R.) 
Neues Reich 1580—1090. (N. R.) 
Libysche, Saiten- und Ptolemäerzeit bis zur 
Unterwerfung Ägyptens unter das römische Im 
perium 30 v. Chr. 
Die ältesten Reste der großen Baukunst sind 
fast ausschließlich Grabbauten, darunter freilich 
die großartigsten der ganzen Erde: die Pyramiden 
der Pharaonen der 3.—6. Dynastie. Neben diesen 
haben aber auch die Gräber der Vornehmen große 
Bedeutung; man bezeichnet sie mit dem arabischen 
Wort: Mästaba (Bank). 
Tafel 1. Fig. 9—11. Diese Mastabas sind nie 
drige Stein- oder Ziegelbauten mit geböschten Wän 
den und flachem Dach. In tiefen Schächten werden 
die Verstorbenen darunter beigesetzt. Frühzeitig 
sind solche Schächte schon durch absteigende 
Gänge mit echten Ziegel- oder Steingewölben (also 
bereits vor 3300 v. Chr.) erreichbar. An der Ost 
wand des Steinkerns befand sich in einer Nische 
die Scheintür, den ewig verschlossenen Eingang 
ins Jenseits andeutend. Bei reicheren Gräbern wurde 
der Platz, wo man dem Toten vor der Scheintür 
Opfergaben niederlegte und für sein Weiterleben 
betete, zum eigentlichen Kultraum ausgebildet. Der 
Totenkult ist die treibende Kraft; aus seinen Vor 
stellungen erwachsen die Anregungen für die Bau 
kunst. Außer dem Kultraum werden bald Zimmer 
und Kammern für die Statuen des Verstorbenen 
und für den mitgegebenen Vorrat angefügt. Es 
entsteht ein Komplex von Räumen, deren Mittel 
punkt aber stets die Nische mit der Scheintür und 
dem Opferaltar davor bildet. 
Fig. 1—7. Die Pyramiden sind nichts anderes 
als eine weitere Entwicklungsform der ursprüng 
lichen Mastaba. Nach Borchardt war die Ent 
wicklung folgende: »Der Kern der Mastaba wurde 
außergewöhnlich hoch gebaut, der Schalenbau be 
hielt niedrige Dimensionen. Dies würde ein zwei 
stufiges Grab ergeben. Bei Umlegung weiterer 
Stufen entsteht daraus eine Stufenpyramide, wie 
wir sie in Sakkarah haben (Fig. ö), diese hat sogar 
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den oblongen Grundriß noch bewahrt.« Von da 
ging man zum quadratischen Bau über, ein Zwischen 
glied ist vermutlich die sog. Knickpyramide in Da 
schur (Fig. 5), bis um 3300 der erste Herrscher 
der 4. Dynastie den regelrechten Pyramidentypus 
schuf, womit die Umrißlinie auf die einfachste 
Form gebracht war. Nun stand einer Steigerung 
ins Übergroße nichts mehr im Wege. Dies war 
zunächst auch das Ziel der Könige der 4. Dynastie, 
deren Pyramiden in Gizeh (westlich von Kairo) 
die berühmtesten Monumente der Welt geworden 
sind. Die größte ist die des Cheops mit einer 
Höhe von rund 146 m. Ihre ungeheure Masse 
zeigt anschaulich Tafel 2, Fig. 1 u. 2. 
Die Pyramiden wurden zu Lebzeiten der Könige 
begonnen, der Stufenbau wuchs immer höher, je 
länger der König lebte. Umbauten, Veränderungen 
des ursprünglichen Planes kamen vor (Fig. 1). 
Starb der König, so überdeckte man den Stufen 
bau mit Quadern und gab ihm die fertige Pyra 
midenform. Glattgeschliffen und feingefügt um 
schlossen die Mantelsteine eine ungeheure unbelebte 
Masse, die für die Ewigkeit geschaffen war. Im 
Innern befand sich die Grabkammer, durch einen 
Stollen zugänglich, der Eingang wurde jedoch nach 
der Beisetzung völlig unter dem Quadermantel ver 
borgen. Zur Entlastung der Decken über Gängen 
und Kammern wurden allerhand Vorrichtungen 
getroffen (Tafel 2, Fig. 4 u. 5). 
Den Kultraum verlegte man vor die Pyramide 
auf die Ostseite in einen »Grabtempel« (Tafel 1, 
Fig. 6 u. 7). An einem Hof liegen Magazine, 
Statuenkammern und dicht vor der Pyramide der 
eigentliche Kultraum mit der Scheintür. Vom Hof 
führt ein langer bedeckter Gang hinunter nach 
einem sog. Talbau, dem Eingangstor zum ganzen 
Bezirk. Im Mittleren Reich haben die Pyramiden 
als ausschließliche Königsgräber ihre Bedeutung 
verloren. Sie wurden auch von Privaten nachge 
ahmt, in bescheideneren Abmessungen und ge 
ringem Material. Die Form lebt weiter bis in 
die Spätzeit, wird oft fast turmartig steil und 
auf einen Sockel gestellt (Tafel 1, Fig. 8). Dagegen 
lassen sich die Großen des M. R. in Felsgrä 
bern beisetzen, eine andere, Ewigkeitsdauer ge 
währende Grabform (Tafel 1, Fig. 13 — 16). Aus 
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