Full text: Erläuternder Text (Textband) (1905)

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Abteilung IV. 
krönung erhalten, die ähnlich wie in der Früh 
renaissance für das obere Stockwerk zu groß, daher 
auf das Ganze bezogen werden muß. Interessant 
sind die Verhältnisse dieser Torfassade: Die Höhen 
der beiden Geschosse verhalten sich zueinander 
wie 3:2; die untere Säulenhöhe ist mit 17 Fuß 
gleich dem doppelten Achsabstand der seitlichen 
Interkolumnien. Die Gesamtachsweite ist 21 Fuß 
und gleich der Höhe des unteren Stockwerks. 
Tafel 65. Theater zu Segesta (nach 
H. Strack). Die Rekonstruktion der griechischen 
Theater, im besonderen des Bühnengebäudes, ge 
hört zu den allerschwierigsten Problemen der 
Altertumskunde. Was hier gezeichnet ist, ent 
spricht einer Ansicht über das Theatergebäude, die 
durch Ausgrabungen und Forschungen überholt 
worden ist. 
Die Teile des griechischen Theatergebäudes 
(vgl. auch Tafel 68) sind 1. die Orchestra: in 
ältester Zeit der alleinige Mittelpunkt des Spieles, 
ein kreisrunder Tanzplatz, 2. der Zuschauer 
raum (Koilon oder Theatron), welcher die Orche 
stra über den Halbkreis hinaus umfaßt und der 
stark ansteigt. Die Sitze sind meist aus Stein, sie 
werden durch aufsteigende Treppen in Keile (Ker- 
kides) und durch einen oder mehrere Umgänge 
in Ränge (Diazomata) geteilt. 3. Ein Bühnen 
haus (Skene), das ist ein langgestrecktes schmales 
Gebäude, frühestens seit der ersten Hälfte des 
5. Jahrhunderts in Athen üblich, doch erst durch 
Ruinen aus dem 4. Jahrhundert überliefert. Der 
Spielplatz rückt schon bei Aischylos an diese 
Skene heran und von der Mitte der Orchestra 
weg. Er bleibt im attischen Theater vermutlich 
bis gegen das 2. Jahrhundert am gleichen Platz, 
während im Westen ein Bühnentheater üblich wird, 
das sich mit dem Theatron und der Orchestra des 
attischen zu einem neuen Typus, dem hellenisti 
schen Theater, vereinigt. Aus diesem Bühnen 
theater entwickelt sich im 1. Jahrhundert v. Chr. 
unter Einbeziehung von italischen Einrichtungen 
die Gestalt des römischen Theaters. 
Tafel 66 u. 67. Olympia. Das weit ausge 
dehnte Gelände der Bauwerke des Heiligtums des 
olympischen Zeus liegt am Fuß eines waldigen 
Hügels in der oft überschwemmten Niederung 
zweier Flußläufe, des Alpheios und Kladeos. Ihre 
Ablagerungen haben die Reste der durch Erdbeben 
beschädigten und rohe Zerstörung zugrunde ge 
richteten Bauten zugedeckt, bis diese durch deut 
sche Ausgrabungen wieder freigelegt und nach 
anderthalbtausendjähriger Verborgenheit in das Licht 
der Gegenwart gerückt worden sind. Der älteste 
heilige Platz ist das Pelopion, das Heldengrab 
des Pelops, das an den sagenhaften Gründer der 
olympischen Spiele erinnert. Nach ihm hat auch 
die griechische Halbinsel: Peloponnes ihren Namen. 
Der älteste Tempel ist das Heraion, ein 
dorischer Peripteros aus dem 6. Jahrhundert, dessen 
Säulen in verschiedenen Zeiten ersetzt worden 
sind und ein hölzernes Gebälk trugen. Die Wände 
der Cella waren aus Lehmziegeln erbaut über 
einem Steinsockel, und an den Ecken und an der 
Türe mit mächtigen Holzverkleidungen eingefaßt. 
Das größte Bauwerk war der gewaltige Zeus 
tempel. Trotz seiner Sechssäulenfront so breit 
wie der achtsäulige Parthenon, ein schwerer, wuch 
tiger dorischer Peripteros aus Kalkstein. Er barg 
im Innern das berühmte Goldelfenbeinbild des 
olympischen Zeus, ein Werk des Phidias, das die 
Athena des Parthenon noch weit übertroffen haben 
soll. Der Bau wurde 456 v. Chr. von Libonvon Elis 
vollendet. Berühmt sind die beiden Giebelgruppen, 
von denen die östliche den Wettkampf des Pelops 
mit Oinomaos darstellte. Vom großen Altar, der 
zum Tempel gehörte, ist keine sichere Vorstellung 
zu erlangen, da man seinen Platz nicht mit Sicher 
heit kennt. An Altären war sonst kein Mangel. 
Der Berichterstatter und Reisende Pausanias (2. Jahr 
hundert n. Chr.) zählt allein 69 auf. 
Ein dritter Kultbau ist der kleine spätdorische 
Peripteros vor der Schatzhausterrasse des Me- 
troon, in dem die Göttermutter — Meter — ver 
ehrt wurde. 
Unmittelbar dahinter standen auf erhöhter Ter 
rasse, angelehnt an die Halde des Kronoshügels, 
die kleinen Schatzhäuser, die als Weihgeschenke 
von verschiedenen Griechenstädten aufgestellt und 
zur Aufbewahrung kleinerer Geschenke an die 
olympischen Gottheiten dienten. Sie hatten meist 
die Form kleiner Antentempel (vgl. Tafel 2, Fig. 1). 
Östlich davon lag hinter einer reizvollen Tor 
architektur aus hellenistischer Zeit der überwölbte 
Eingang zum olympischen Stadion, dem Platz 
der Wettläufe. An beiden Enden sind Ablauf- und 
Zielschranken noch erhalten, ihr Abstand beträgt 
192,25 m = 600 antiken Fuß. Die Zuschauer saßen 
an den Abhängen. 
Die Al tis im Osten wird durch die sog. Echo 
halle, die, 98 m lang, gegen Westen offen und 
in ihrem westlichen Teil vor eine ältere Halle im 
4. Jahrhundert vorgebaut wurde, eingefaßt. Außer 
halb der Südmauer der Altis lag der dreiteilige Bau, 
der als Buleuterion bezeichnet wird, aus un 
gleich alten Teilen bestehend, die durch eine Säulen 
halle zu einer Einheit verbunden wurden. Im 
mittleren Raum war vermutlich der Sitzungssaal. 
Südlich davon erstreckt sich eine zweischiffige, 
nach Süden geöffnete Stoa aus dem 2. Jahrhundert, 
vielleicht ein Aufenthaltsraum für Kranke. 
Weiter folgt nahe der Südwestecke der Altis
	        
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