Abteilung V.
Sie zeigt einen Aufbau von mehreren Kegeln, die
in Stein ausgeführt, sich turmartig erheben.
Fig. 5—9. Neben den Tumulusgräbern werden
in felsigem Gelände auch Grabbauten in Form von
Häusern und Tempeln ausgehauen. Im Altertum war
es bei vielen Völkern üblich, das Haus der Toten dem
Haus der Lebendigen nachzubilden. DerTote wohnte
dann in seinem Grabe wie der Lebendige in seinem
Haus, in der ihm gewohnten Umgebung. Doch kamen
bei den Etruskern noch allerhand Traditionen aus
älteren und fremden Gebräuchen dazu und vermisch
ten sich mit den etruskischen Vorstellungen, so daß
eine Totenwohnung nirgends als eine reine Nachbil
dung der menschlichen Wohnungangesehen werden
darf, ln der Nähe von Orvieto und Viterbo stehen
viele Felsgräber in Form von Häusern an die Fels
wand gelehnt, aus der sie herausgehauen sind.
Fig. 10—12. Noch häufiger aber sind unter
irdische Wohnungen, oft große Komplexe von
Zimmern und Kammern, die durch einen langen,
schmalen Gang erreichbar sind. Ein besonders
interessantes Beispiel ist die Tomba deile sedie
bei Cervetri, so genannt wegen der darin aufge
stellten großen Steinsessel. Der Mittelraum zeigt
eine im Felsen nachgebildete Holzdecke, an den
Wänden hängen große Schilde. Drei Kammern
liegen dahinter, die mittlere ist die Ruhestatt des
»Hausherrn«. In dieser Raumanordnung steckt die
charakteristische Form des etruskischen Hauses.
Tafel 2. Etruskische Mauern und Ge
wölbe. Die etruskischen Ansiedler waren ge
nötigt, überall feste Städte zu bauen, um sich vor
Angriffen der älteren Einwohner und fremder Ein
dringlinge zu sichern. Ihre Städte lagen meist
auf Hügeln oder auf Bergen. Früh entwickelte
sich eine große Übung im Bau mächtiger Mauern;
dabei kommen erstaunlich gewaltige Blöcke zur Ver
wendung. Der Verband ist meist polygonal, d.h. nicht
regelmäßig wie bei richtiger Quaderfügung. Viel
mehr werden die Steine bei möglichst geringem
Materialverlust so verwendet, wie sie der Bruch ergab.
Auch die Etrusker mußten durch Versuche bis
zum fertigen Gewölbebau Vordringen. Den Ruhm,
diesen zuerst erfunden zu haben, läßt ihnen die
Wissenschaft nicht mehr, seitdem wir uralte Ge
wölbebauten in Ägypten kennen, und auch eine
ziemlich häufige Anwendung der Wölbetechnik bei
den Griechen feststellen können. Wohl aber haben
die Etrusker besonders häufigen Gebrauch von ge
wölbten Toren, Brücken und Kanälen gemacht und
sich damit als die praktischen Lehrmeister der Römer
erwiesen. In der eigentlichen Architektur, d. h. in
der idealen Bildung der Bauwerke, hatten sie nicht die
gleiche Bedeutung für ihre größeren Nachfolger.
Fig. 3 u. 4 zeigen durch Überkragung her
gestellte Deckenformen, wobei das Beispiel von
Orvieto bereits sorgfältiger gebildet ist und einen
Abschluß mit Keilsteinen besitzt. Die Brücke bei
Viterbo ist schon als Keilsteingewölbe mit rich
tigem Verband der Travertinquadern hergestellt;
Spannweite 2,1 m. Einen anderen Gewölbebau
zeigen die Fig. 6 u. 6 b. Es ist ein Tonnengewölbe
von 4,4 m Spannweite, dessen Tragwände beider
seits durch breite und tiefe gewölbte Nischen
durchbrochen sind. Die polygonale äußere Ab
schlußlinie der Keilsteine, und die nicht nach einem
Mittelpunkte gerichteten Fugen dieser kleinen Ge
wölbe zeigen noch eine gewisse Altertümlichkeit.
Fig. 7 stellt die Ausflußöffnung der Cloaca
maxima in Rom dar. Drei übereinanderliegende
Ringe kurzer Keilsteine haben den großen Druck
aufzunehmen. Fig. 8—10 geben Ansicht und Profil
einzelheiten eines Tores in Falerii. Auf weit aus
ladenden echinusförmigen Kämpfern (Fig. 10) wölbt
sichderaus schmalen Keilsteinen bestehende und mit
einer profilierten Bogenschicht (Fig. 9) umrahmte
Halbkreis. Oben ist ein ungeschickt gebildeter Kopf
angebracht, eine Reminiszenz an die uralte Sitte,
die Köpfe von Feinden außen am Tor aufzuhängen.
In Volterra waren Bogenanfänge und Schlußstein
eines Torbogens mit solchen Köpfen verziert.
Tafel 3. Fig. 1—5. Etruskischer Tempel
nach Vitruv. Der Tempel ist nach der Vor
stellung der Etrusker ursprünglich ein rechteckiger
Platz, innerhalb dessen die für den Kult wichtigen
Beobachtungen der Himmelszeichen vorgenommen
wurden. Er war das irdische Abbild eines am
Himmel fest umgrenzten Rechtecks, dessen Achsen
genau orientiert sein mußten. Dem eigentlichen
Tempelgebäude, wie wir es aus den Worten Vi-
truvs und nun auch aus aufgedeckten Bauresten
wieder ergänzen können, ist ein kurz rechteckiger
Grundriß eigen, dessen vordere südliche Hälfte
von einer tiefen Vorhalle, die zu jenen Himmels
beobachtungen diente, dessen nördliche Hälfte aber
von einer meist dreigeteilten Cella eingenommen
wurde. Den hinteren Abschluß bildete eine Mauer,
eine Hinterhalle war nicht vorhanden. Vitruv er
wähnt nichts davon, daß der Tempel auf hohem
Podium stehen müsse, doch scheint nach den bis
in das 6. Jahrhundert hinaufreichenden Ruinen der
erhöhte Standplatz bereits damals üblich gewesen
zu sein. Im Aufbau zeigt der etruskische Tempel
den vollen Holzstil: Säulen, Gebälk und Dach
gesims sind aus Holz. Nach der Beschreibung
des Vitruv ist die Anordnung des Dachgebälkes
so, daß die Deckenbalken in der Längsrichtung
laufen und aufruhen auf der Vorderwand der Cella
auf einem Unterzug über den Mittelsäulen und
auf dem vorderen Architrav, über den sie noch
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