Full text: Erläuternder Text (Textband) (1905)

Abteilung V. 
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hinausragen und ein breites horizontales Gesims 
bilden, das beiderseits als Stütze für das vorsprin 
gende Dach, aber auch zur Anbringung von figür 
lichem Schmuck diente. Alles Holzgebälk war wie 
in Sizilien mit reich gegliederten und bemalten Ton 
platten bekleidet und verdeckt. Die vorliegende 
Ergänzung mit Stichbalken an der Giebelfront ist 
also nicht ganz zutreffend. 
Fig. 6—11. Etruskische Einzelformen, die zum 
Teil an Dorisches anklingen (Fig. 7 u. 9), sind 
häufig. Durchaus üblich war die Basis bei meist 
glattem Schaft. Die eigentliche Holzform des Ka 
pitells ist nicht bekannt, alle überlieferten Formen 
sind Steinbildungen. Fig. 11 erinnert an ein Pflanzen 
kapitell. Fast alle etruskischen Architekturformen 
sind nur rohe Nachbildungen griechischer Vor 
bilder und ohne innere Schönheit. 
Tafel 4. Fig. 1—6. Römisch-dorischer 
Tempel zu Cori. Dieser Bau ist ein Ergebnis 
der in Italien vom 3. Jahrhundert an allmählich 
eindringenden hellenistischen Kunst. Der Tempel 
von Cori steht am Ende jener Epoche griechischen 
Einflusses, der von Unteritalien herkam. Er ist zu ver 
gleichen mit den Bauten der Tuffperiode in Pompei. 
Die Einzelformen sind bei diesen Werken aus dem 
weichen Material meist sehr klein und verwischt, 
aber reich durch viele Zwischenglieder und tiefe 
Unterschneidungen. Der Stein wurde mit weißem 
Stuck überzogen und zart bemalt. Bei dem starken 
Vordringen griechischen Einflusses veränderte sich 
auch der italisch-etruskische Grundriß. Der Tem 
pel bekam eine mehr in die Länge gezogene Form, 
ln Cori steht noch die ganze Vorhalle mit Gebälk 
und Giebel und Türwand aufrecht. Beides, die tiefe 
Vorhalle und das Podium, sind noch altitalisch, aber 
die Formgebung, dieüberschlanken dorischen Säulen, 
das Triglyphengesims und die Türbildung sind 
hellenistisch. So zeigt dieser Bau zwar etwas ver 
wischt die Grundzüge italisch-etruskischer Gestal 
tung, in den Einzelheiten aber die unverstandenen 
und stark verwässerten griechischen Formen. 
Fig. 7. Am Sarkophag des Scipio Barbatus 
manifestierte sich bereits anderthalb Jahrhunderte 
früher der griechische Einfluß von Unteritalien her 
in der Verbindung von dorischen Triglyphen mit 
ionischem Zahnschnitt und in der Altarform mit 
den Polstern an beiden Seiten. 
Tafel 5. Tempel der Fortuna virilis in 
Rom. Noch etwas weiter vom altitalischen Typus 
entfernt als Cori, ihn aber doch noch in der tiefen 
Vorhalle und im Podium bewahrend, ist der ioni 
sche Pseudoperipteros am Forum boarium, der 
sog. Tempel der Fortuna virilis. Die Formenbildung 
verrät nichts mehr von jenem Tuffstil; sie erinnert 
vielmehr an den kleinasiatischen Hellenismus, wenn 
sie sich hier auch nur im bescheidenen Peperin, 
nicht in Marmor ausdrücken muß (man vgl. IV, 
Tafel 36). Die Profile sind in Stein vorgearbeitet, 
wurden aber mit einer ziemlich starken Stuckschicht 
verkleidet, ln der römischen Kaiserzeit machte der 
Bau noch einmal eine Veränderung durch, er wurde 
neu verputzt und dadurch entsprechend vergröbert. 
Tafel 6—8. Tempel des Vespasian in 
Rom (Marmor). Etwa 120 Jahre später als der 
kleine ionische Bau ist dieser Prachttempel zu 
Ehren des Göttlichen, d. h. des zu den Göttern 
erhobenen Kaisers Vespasian am Nordrand des 
Forum Romanum errichtet worden. Im Grundriß 
(Tafel 7) erkennen wir wieder die tiefe Vorhalle, 
die Cella aber ist wegen des beschränkten Platzes 
kurz. Von ihrer Ausstattung (Tafel 7 u. 8) wissen 
wir gar nichts; was hier gezeichnet ist, ist ledig 
lich Vermutung. Das Äußere (Tafel 6) zeigt die 
völlig auf griechisch-kleinasiatischer Grundlage er 
neuerte und ins Monumentale gesteigerte römische 
Baukunst, die nun natürlich hinter den Vorbildern 
nicht Zurückbleiben, sondern sie überbieten will. 
Die Säulen sind eng gestellt, nicht mehr weit wie 
die etruskischen; sie zeigen reiche Bildung mit 
korinthischen Kapitellen. Das dreiteilige Gebälk 
ist durch den Konsolenkranz noch bereichert. 
Auch die Konsole kommt aus dem hellenistischen 
Stil, und wird von der großen Architektur der 
Kaiserzeit als unentbehrliches Glied zur Erhöhung 
und Bereicherung des Kranzgesimses aufgenommen. 
Die Inschrifttafel auf der Vorderseite stammt erst 
aus der Zeit einer Wiederherstellung des Tempels 
unter Septimus Severus. Er ließ die Architravfaszien 
und die Friesdekoration (vgl. Tafel 8) abarbeiten, 
nicht zum Vorteil der Gesamterscheinung. 
Von großem Reiz und ein charakteristisch römi 
sches Motiv ist bei allen Tempeln die mächtige 
Freitreppe, die vor der Front in ganzer Breite an 
geordnet wird. Bei älteren Tempeln hatte man sich 
mit schmaler Treppe in der Mitte begnügt. Oft steht 
hier auf einem Zwischenpodest der Brandopferaltar. 
Tafel 9—13. Colosseum in Rom (Material 
der Außenwände: Travertin). Der berühmteste 
Bau des alten Rom, das riesige Amphitheater, 
schlechtweg das Kolossale — Colosseum — ge 
nannt, wurde von den Kaisern aus dem flavischen 
Hause errichtet. Es hatte wie seine Vorläufer in 
Pompei und Capua die Grundform einer Ellipse 
und war, alle früheren Anlagen an Größe über 
treffend, für etwa 50000 Zuschauer berechnet. 
Seine große Achse wird zu 187,7 m, die kleine zu 
155,6 m angegeben. Die Anordnung der Treppen 
und Korridore erreicht hier einen hohen Grad der 
Vollkommenheit in der möglichst zweckmäßigen 
Führung, die zur Füllung und Entleerung eines
	        
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