Full text: Erläuternder Text (Textband) (1905)

Abteilung VII. 
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gebundenem System, vier Doppeljoche mit genau 
durchgeführtem Gewölbequadrat,Ourtbögen trennen 
die Felder im Mittel- und in den Seitenschiffen. 
Querschiff, Vierung und Chorquadrat sind mit 
Hängekuppeln überdeckt; man sieht, wie stark die 
Motive des Zentralbaus am Rhein wirksam sind, 
vgl. Fig. 1. ln den Winkeln zwischen Querschiff 
und Ostchor, und über der Vierung Türme. Die 
Hauptpfeiler sind kreuzförmig mit vorgelegten Halb 
säulen, die Zwischenstützen sind Säulen. 
Fig. 4. Zisterzienserkirche in Eberbach. 
Die Zisterzienserkirchen besitzen infolge beson 
derer Bauvorschriften ausgeprägte Eigenart. Der 
Orden, 1098 aus dem von Cluny hervorgegangen, 
durch den h. Bernhard berühmt geworden, grün 
dete zu Beginn des 12. Jahrhunderts überall neue 
Klöster, für deren Bau er feste und durch rituelle 
Vorschriften bedingte Grundsätze einhielt. Mit 
der wachsenden Bedeutung und Zunahme ver 
loren sie wohl allmählich an Schärfe, hielten 
aber fest an einer dem Wesen des Ordens ent 
sprechenden Einfachheit und Schlichtheit des 
Baues. Jede reiche Ausstattung war verboten, pla 
stische und gemalte; Türme ebenfalls, nur ein 
Dachreiter war erlaubt. Durch den Kultus wurden 
kleine Kapellen neben und hinter dem Altarraum 
gefordert, was gegenüber den durch die Clunia- 
zenser-»Gewohnheiten« verlangten Seitenkapellen zu 
einsamem Gebet und ungesehener Kasteiung noch 
eine Steigerung bedeutet. Nicht selten häuften 
sich diese Gelasse so, daß trotz absichtlicher Spar 
samkeit reiche Raumgebilde entstanden, die den 
Winkel zwischen Chor und Querschiff voll aus 
füllten. Bei der üblichen geradlinigen Chorabschluß 
wand ergaben sich große rechtwinklig umschlos 
sene Ostpartieen, wie in Walkenried und Salem. 
Hier tritt der Chor noch über die östlich am Quer 
schiff angereihten Kapellen heraus. Für den Kult 
wird, wie bei den Cluniazensern, ein tiefer Chor 
und die Vierung benötigt, die auch meist sehr 
geräumig angelegt ist. Das Langhaus gehört aber 
den Laien, die Kirche ist nicht in erster Linie nur 
Mönchskirche wie dort, sondern auch Laienkirche. 
Das Langhaus ist eine Gewölbebasilika in streng 
gebundenem System, im Mittelschiff ö 1 /* Quadrate» 
in den Seitenschiffen 11. Die Pfeiler sind alle 
gleich, da die Gurtträger der Hauptgewölbe nicht 
bis zum Boden durchgeführt, sondern von Kon 
solen aufgenommen werden. 
Tafel 14—24. Rippenlose (grätige) Kreuz 
gewölbe. 
Tafel 14. Verschiedene Formen von »römi 
schen« Kreuzgewölben, d. h. von Durch 
dringungen zweier Tonnen. Fig. 7 zeigt die Ge 
fährlichkeit des horizontalen Scheitels. 
Tafel 15. Bei quadratischen Kreuzgewölben mit 
oder ohne Stich kann die Schalung in einer Rich 
tung durchgelegt werden. Die beiden anderen 
Kappenschalen stoßen daran an. Fig. 1 u. 2 zeigen 
jedoch mehr theoretische als praktische übliche 
Lösungen. 
Tafel 16. Hier sind zwei Lösungen möglich, 
je nachdem die breite oder die schmale Kappe als 
steigender Zylinder angenommen wird. Die Schild 
bögen sind Ellipsen, die Gratlinien ergeben sehr 
gedrückte Spitzbögen. 
Tafel 17. Bei den Kreuzgewölben mit geradem 
Stich auf quadratischem Grundriß sind die Kappen 
gleich, also auch die elliptischen Schildbögen, bei 
rechteckigem Grundriß werden die Kappen und 
Schildbögen ungleich. 
Tafel 18. Durch die Stelzung der schmalen 
Kappen wird die Schildbogenlinie hoch hinauf 
gedrückt und für das Auge eine der Halbkreis 
form der Gurten ähnliche Form erreicht. Schild 
bogen und Gewölbeansatz werden von der recht 
eckigen Pfeilervorlage, die Gurtbögen von der Vor 
gesetzten Halbsäule aufgenommen. 
Tafel 19. Hier ist jede Reminiszenz an die 
Tonne aufgegeben, die Gräte sind völlig durch 
geführt. 
Tafel 20. Das Wichtigste für die Standfestig 
keit des Kreuzgewölbes ist stets die Form der 
Gratlinie. Gedrückter Spitzbogen oder Halbkreis 
sind gut, Segmentbogen, wie Fig. 1 zeigt, schlecht. 
Tafel 21. Bei Spitzbogenkappen ist das Auf 
stellen verschieden weiter Schildbögen von gleicher 
Höhe auf gleicher Basis möglich. Darin liegt ein 
überragender Vorteil. Aber auch statisch ist die 
Spitzbogenform weit günstiger als der Halbkreis 
bogen. 
Tafel 2223. Die Gewölbe wurden in der roma 
nischen Zeit stets auf Schalung gemauert, die Rich 
tung der Lagerfugen wurde parallel den Kappen 
achsen gewählt. Dabei stoßen am Grat die Schichten 
ohne Verband, oder mit einschichtigem Verband 
zusammen. Besser ist die Verbindung, wenn die 
Lagerfugen am Grat genau Zusammentreffen, was 
nur mit gleichen Wölbsteinen erreicht werden kann; 
dann kann ein guter ein- oder zweischichtiger 
Verband gemacht werden. Der Kappenfuß wird 
bis zu einer Höhe, die durch eine 30°-Linie vom 
Krümmungsmittelpunkt bestimmt wird, in wag 
rechten Schichten gemauert.
	        

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