Full text: Erläuternder Text (Textband) (1905)

Erster Band. 
Baustile des Altertums, hauptsächlich der Griechen und Römer. 
Abteilung I. Vorgeschichtliche Altertümer. 
Tafel 1. Lange waren Waffen und Werkzeuge 
der Steinzeit die einzigen Reste, die uns vom Be 
ginn menschlichen Daseins und Schaffens Kenntnis 
gaben. Jetzt besitzen wir durch Zufallsfunde und 
Ausgrabungen genaueste Vorstellungen von Wohn- 
und Befestigungsanlagen, von Gräbern, sogar von 
künstlerischer Tätigkeit und von der bereits ent 
wickelten Keramik. Man unterscheidet eine ältere 
und eine jüngere Steinzeitperiode. Der 
älteren gehören an die grob zugehauenen, etwa 
handförmigen Beile, meist aus Feuerstein, ferner 
Ritzsteine, dann langabgeschlagene Messer, Knochen 
nadeln und Pfeilspitzen in Lorbeerblattform, sowie 
Kratzer (Sägen); der jüngeren bereits die geschlif 
fenen Steinwerkzeuge. 
Die folgende Bronzezeit baut auf reicher 
Grundlage weiter, sie schließt an die ältere Kera 
mik an, deren Urformen wohl in den Kürbisschalen 
gesucht werden dürfen. Stich-, Band- und Flecht 
musterdekoration bezeichnen die drei großen Haupt 
gruppen in derSteinzeit. Schmucksachen, wie Gürtel, 
Halsringe (Fig. 28), sind aus vergänglichem Stoff 
in Bronze übertragene Zierstücke. Waffen und 
Werkzeuge, aber auch Gefäße werden in Bronze, 
z. T. auch Edelmetall hergestellt. 
Tafel 2. Fig. 1 u. 2 geben Durchschnitte durch 
die prähistorischen Schichten der Fundstellen bei 
Acheul und Moulin-Quignon. Man bezeichnet nach 
den Namen der französischen Fundorte die sechs 
Unterstufen, in welche man die ältere Stein 
zeit (Paläolithikum) einteilt: Chelleen, Acheuleen, 
Mousterien, Aurignacien, Solutreen, Magdalenien. 
Fig. 3. Die Aufschüttung eines Erdkegels über 
einer Grabkammer ist ein Tu mulusgrab; viel 
leicht darf man darin das gesteigerte Abbild einer 
Rundhütte, des primitivsten menschlichen Wohn 
haus, sehen. 
Fig. 6. Dolmen: ist eine von dem Erdhügel 
entblößte Grabkammer. 
Fig. 4 u. 5. Die Vorstufen zu den großen 
Rundbauten der späteren Zeit sind die Stein 
kreise oder Cromlechs, die in der Mitte oder 
l 
Egle, Baustil-u. Bauformenlehre. Text von Fiechter. 
am Rand ringsherum Gräber enthalten. Dazu führten 
oft eigens hergestellte, von Steinen eingefaßte 
Straßen. Die Menhirs sind besonders hohe, 
darin aufgestellte Steine am Kopfende irgendeiner 
auszuzeichnenden Grabstätte. Vermutlich waren 
die Cromlechs Stellen uralter Heroenverehrung. 
Fig. 7 u. 8. In Nord- und Süddeutschland 
herrscht von Anfang an ein rechteckiger Haus 
typus. Das waldreiche Land gab Langholz genug, 
ln Sümpfen und Seen wurden Pfahlbauten er 
richtet, von den Alpen bis nach Norddeutsch 
land. Das Haus war so geschützt vor Über 
fällen von Menschen und Tieren — es bestand 
in der Hauptsache aus einem Haupt- und einem 
Vorraum. Die Überreste der Pfahlbaukultur in 
unseren Seen enthalten Reste von Bronzeschwer 
tern, Pfeilspitzen und Messern, Keramik und 
Schmucksachen. 
Fig. 9—14 zeigen Reste, die bereits in die hi 
storische Zeit hineinreichen. Ihre Ursprungsformen 
gehen freilich auf uralte Anregungen zurück, die 
die Germanen aus Südrußland mitgebracht haben, 
und die in den skandinavischen Ländern bis in 
die romanische Zeit hinein wirksam geblieben sind. 
Tafel 3. Fig. 1—4. Keines der zahlreichen von 
den in den letzten Jahren bekannt gewordenen 
Kuppelgräbern erreicht die Bedeutung des sog. 
Atreus-Schatzhauses in Mykene. Es ist ein bienen 
korbähnlicher unterirdischer Rundbau, zu dem ein 
breiter, von Quadermauern eingefaßter Gang hin 
führt. Eine mächtige Tür mit einem ungeheuren 
Stein als Türsturz bildet den Eingang in den jetzt 
ganz schlichten Innenraum von 14,2 m Durch 
messer und 13,6 m lichter Höhe. Vom ursprüng 
lichen Schmuck aus Metall zeugen nur noch regel 
mäßig verteilte Nagellöcher auf den unteren Quader 
reihen. Die Wölbung ist nur eine scheinbare — 
lediglich durch Vorkragung der kreisförmigen Mauer 
ringe wird die Kuppelform erreicht. Neben die 
sem als Kultraum dienenden Kuppelraum liegt 
niedriger die rechteckige Grabkammer. Von der 
Ausstattung der Eingangswand haben sich einige 
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