Erster Band.
Baustile des Altertums, hauptsächlich der Griechen und Römer.
Abteilung I. Vorgeschichtliche Altertümer.
Tafel 1. Lange waren Waffen und Werkzeuge
der Steinzeit die einzigen Reste, die uns vom Be
ginn menschlichen Daseins und Schaffens Kenntnis
gaben. Jetzt besitzen wir durch Zufallsfunde und
Ausgrabungen genaueste Vorstellungen von Wohn-
und Befestigungsanlagen, von Gräbern, sogar von
künstlerischer Tätigkeit und von der bereits ent
wickelten Keramik. Man unterscheidet eine ältere
und eine jüngere Steinzeitperiode. Der
älteren gehören an die grob zugehauenen, etwa
handförmigen Beile, meist aus Feuerstein, ferner
Ritzsteine, dann langabgeschlagene Messer, Knochen
nadeln und Pfeilspitzen in Lorbeerblattform, sowie
Kratzer (Sägen); der jüngeren bereits die geschlif
fenen Steinwerkzeuge.
Die folgende Bronzezeit baut auf reicher
Grundlage weiter, sie schließt an die ältere Kera
mik an, deren Urformen wohl in den Kürbisschalen
gesucht werden dürfen. Stich-, Band- und Flecht
musterdekoration bezeichnen die drei großen Haupt
gruppen in derSteinzeit. Schmucksachen, wie Gürtel,
Halsringe (Fig. 28), sind aus vergänglichem Stoff
in Bronze übertragene Zierstücke. Waffen und
Werkzeuge, aber auch Gefäße werden in Bronze,
z. T. auch Edelmetall hergestellt.
Tafel 2. Fig. 1 u. 2 geben Durchschnitte durch
die prähistorischen Schichten der Fundstellen bei
Acheul und Moulin-Quignon. Man bezeichnet nach
den Namen der französischen Fundorte die sechs
Unterstufen, in welche man die ältere Stein
zeit (Paläolithikum) einteilt: Chelleen, Acheuleen,
Mousterien, Aurignacien, Solutreen, Magdalenien.
Fig. 3. Die Aufschüttung eines Erdkegels über
einer Grabkammer ist ein Tu mulusgrab; viel
leicht darf man darin das gesteigerte Abbild einer
Rundhütte, des primitivsten menschlichen Wohn
haus, sehen.
Fig. 6. Dolmen: ist eine von dem Erdhügel
entblößte Grabkammer.
Fig. 4 u. 5. Die Vorstufen zu den großen
Rundbauten der späteren Zeit sind die Stein
kreise oder Cromlechs, die in der Mitte oder
l
Egle, Baustil-u. Bauformenlehre. Text von Fiechter.
am Rand ringsherum Gräber enthalten. Dazu führten
oft eigens hergestellte, von Steinen eingefaßte
Straßen. Die Menhirs sind besonders hohe,
darin aufgestellte Steine am Kopfende irgendeiner
auszuzeichnenden Grabstätte. Vermutlich waren
die Cromlechs Stellen uralter Heroenverehrung.
Fig. 7 u. 8. In Nord- und Süddeutschland
herrscht von Anfang an ein rechteckiger Haus
typus. Das waldreiche Land gab Langholz genug,
ln Sümpfen und Seen wurden Pfahlbauten er
richtet, von den Alpen bis nach Norddeutsch
land. Das Haus war so geschützt vor Über
fällen von Menschen und Tieren — es bestand
in der Hauptsache aus einem Haupt- und einem
Vorraum. Die Überreste der Pfahlbaukultur in
unseren Seen enthalten Reste von Bronzeschwer
tern, Pfeilspitzen und Messern, Keramik und
Schmucksachen.
Fig. 9—14 zeigen Reste, die bereits in die hi
storische Zeit hineinreichen. Ihre Ursprungsformen
gehen freilich auf uralte Anregungen zurück, die
die Germanen aus Südrußland mitgebracht haben,
und die in den skandinavischen Ländern bis in
die romanische Zeit hinein wirksam geblieben sind.
Tafel 3. Fig. 1—4. Keines der zahlreichen von
den in den letzten Jahren bekannt gewordenen
Kuppelgräbern erreicht die Bedeutung des sog.
Atreus-Schatzhauses in Mykene. Es ist ein bienen
korbähnlicher unterirdischer Rundbau, zu dem ein
breiter, von Quadermauern eingefaßter Gang hin
führt. Eine mächtige Tür mit einem ungeheuren
Stein als Türsturz bildet den Eingang in den jetzt
ganz schlichten Innenraum von 14,2 m Durch
messer und 13,6 m lichter Höhe. Vom ursprüng
lichen Schmuck aus Metall zeugen nur noch regel
mäßig verteilte Nagellöcher auf den unteren Quader
reihen. Die Wölbung ist nur eine scheinbare —
lediglich durch Vorkragung der kreisförmigen Mauer
ringe wird die Kuppelform erreicht. Neben die
sem als Kultraum dienenden Kuppelraum liegt
niedriger die rechteckige Grabkammer. Von der
Ausstattung der Eingangswand haben sich einige
2
1