Das Gutachten des im Sommer 1842 berufenen österreichischen Ingenieurs Negrelli blieb
auf die Trace der Remsthalbahn ohne irgend einen Einfluss. Aus Gründen von nicht technischer
Natur von der Vorzüglichkeit der Filsthalbahn überzeugt, hatteer kein Interesse, auf die Einzelheiten
des konkurrierenden Entwurfes einzugehen, sondern legte denselben, wie er ihn fand, als einen
gegebenen seiner Vergleichung zu Grunde.
Nachdem, wie bereits oben erwähnt, die Linie durch das Rems-, Kocher- und Brenzthal von
Regierung und Ständen als für die Führung der Ostbahn weniger geeignet vorläufig beiseite gesetzt
worden war, entschlossen sich einige Bewohner dieser Thäler, zu besserer Begründung ihrer Ansprüche
einen zweiten auswärtigen Ingenieur zu berufen und wendeten sich zu diesem Ende an Herrn
A. W. Beyse, welcher sofort die beiden konkurrierenden Linien bereiste, und die Resultate seiner
Forschungen in einem später dem Druck übergebenen Gutachten kund gab. Beyse legte den
Schätzungen, durch welche er die Ansicht seiner Kommittenten zu unterstützen suchte, im allge
meinen den v. Seegerschen Plan zu Grunde, schlug jedoch verschiedene Abänderungen in den Einzel
heiten der Linie vor. Er erteilte, indem er auf die ursprünglichen v. Seegerschen Untersuchungen
zurückgrifF, den Rat, den Uebergang vom Neckar- in das Remsthal bei Kannstatt durch Uebersteigung
der Wasserscheide von Fellbach und Schmiden zu bewirken und zwar entweder in geraden Linien
mit einem Steigungsverhältnisse von 1:100 oder in Serpentinen mit einer Ansteigung von 1:130.
Ueber die Lage des Bahnhofes in Kannstatt, von welchem die so ansteigende Linie auslaufen solle,
spricht er sich nicht aus. Ferner schlägt Beyse vor, anstatt des Tunnels durch die Wasserscheide
der Rems bei dem sogen. Blümle 40 bis 45 Fuss tiefe Einschnitte und zu beiden Seiten etwas ver
stärkte Steigungsverhältnisse anzuwenden.
In vollkommener Uebereinstimmung mit Beyse sprach sich der im Sommer 1843 zur Begut
achtung der württembergischen Eisenbahnen berufene englische Ingenieur Vignoles über die Rems
thalbahn aus, indem er, die v. Seegersche Linie im allgemeinen beibehaltend, riet, die weniger bedeu
tenden Arbeiten, welche dieselbe zeigt, durch Annahme stärkerer Steigungen und schärferer Krüm
mungen vollends zu beseitigen.
Was insbesondere den Uebergang von Kannstatt nach Waiblingen betrifft, so sollte derselbe
durch Annahme einer Steigung von 1:80 in ziemlich gerader Linie zwischen der Waiblinger Strasse
und dem Dorf Fellbach bewerkstelligt werden, wobei sich ein starker Einschnitt und ein Tunnel
als notwendig zeigen würde, eine Angabe, die sich auf Höhenmessungen gründet, welche Herr
Vignoles angeordnet hatte.
Hinsichtlich der Strecke von Waiblingen bis Aalen enthält sich Vignoles aller bestimmten
Angaben, und beschränkt sich darauf, den Rat zu erteilen, die Linie hinsichtlich der Steigungen und
Krümmungen sorgfältig zu studieren, durchgehends über das Hochwasser zu legen etc. (!)
Die Untersuchungen, welche wir dem eingangs erwähnten Aufträge zufolge vornehmen
Hessen, wurden mit zahlreichen, durch die Ungunst der Witterung verursachten, Unterbrechungen
teils gegen Ende vorigen, teils im Anfang dieses Jahrs ausgeführt.
Was den Uebergang vom Neckarthale in das Remsthal bei Kannstatt betrifft, so müssen wir
vorausschicken, dass der gegenwärtig im Bau begriffene Bahnhof in Kannstatt der Stadt um etwa 1,600 Fuss
näher gerückt ist, als der von Vignoles in den Seelberg projektierte, ein Umstand, durch welchen für die
Ersteigung der Wasserscheide ebensoviel an Entwickelung der Linie gewonnen wird. Demungcachtct
konnte schon aus den Vignolesschen Höhenmessungen entnommen werden, und wurde durch eine
sofort vorgenommene Vervollständigung derselben zur Gewissheit erhoben, dass eine von dem Bahn
hof in Kannstatt in der von Vignoles bezeichneten Richtung mit 1:80 ansteigenden Linie nur mittelst
eines Tunnels von 9000 Fuss Länge durchgeführt werden könnte. Die Annahme einer starken
Serpentine und Verlegung der Linie westlich von der Waiblinger Strasse macht es möglich, das
Steigungsverhältnis von 1:100 mittelst eines Tunnels von 2500 Fuss Länge durchzuführen. Mit
denselben Gradienten senkt sich sofort die Bahn an Waiblingen vorbei, bis auf die Sohle des Rcms-
thales, und erhebt sich sofort, dem natürlichen Gefälle der Thalsohle folgend, bis zu der Wasser