55
ausläufer grössere Erddämme aufgelegt wurden. Die Natur und die bedenkliche Seite dieser Ab
rutschungen war zu jener Zeit noch wenig bekannt, weshalb auch gar keine oder nur ungenügende
Vorkehrungen gegen dieselben getroffen wurden. Als dann ein Teil der Böschungsflächen während
des Baues, ein anderer während des Betriebs mit Übeln Folgen sich in Bewegung setzte, wurde
das Eingreifen der Betriebsbehörde notwendig, um die Wiederbefestigung der in Bewegung gekom
menen Erdmassen durch, in die Rutschfläche eingesetzte Gräben und Sickerdohlen, durch Vor- und
Unterlagen von Steinwerk oder durch Stützmauern zurückzuerlangen. Nachdem dies geschehen,
kamen keine Abrutschungen mehr vor.
Auch eines weiteren Vorkommnisses, der Schneewehen, ist hier zu gedenken, weil dieselben
den Betrieb der Ostbahn in sonst ganz ungewöhnlicher Weise auf Dämmen belästigten. Schnee
verwehungen gewöhnlicher Art riefen wegen zeitweiser Massenhaftigkeit der Niederschläge auf der
Alb schon während der Vorarbeiten viele Besorgnisse hervor, verursachten aber verhältnismässig
geringen Schaden, nachdem die gewöhnlichen Hilfsmittel, Erd- oder Bretterwände, mit entsprechen
dem Abstand von dem Rande minder tiefer Einschnitte an besonders exponierten Orten dagegen
angewendet worden waren. Seltsamer- und ungewöhnlicherweise aber wurden auf der Ostbahn durch,
über die Thalfelder getriebene,
grössere Mengen gefrorenen
Schnees an zwei Orten Missge
schick herbeigeführt. Es wurden
nicht etwa Terraineinsattelungen
oder Einschnitte, sondern bis
70 Fuss hohe Dämme im Eybach-
und Ulmerthale bei Westerstetten
zeitweise von den in rechtem
Winkel auf die Bahn gewehten
Schneemassen auf deren Planum
derart überflutet, dass die Bahn
für einige Zeit unfahrbar war,
und durch eine ausserordentlich
grosse Zahl von Arbeitern vom
Schnee befreit, über die Dauer
des Wehens frei erhalten wer
den musste.
Während sonst immer
nur kleinere Einschnitte, Dämme
durch Schneemassen nirgends überlagert werden, wurden hier gerade die, der herrschenden Wind
richtung im Wege stehenden Dämme überweht und unfahrbar gemacht, wo sie in beträchtlicher
Höhe angelegt sind.
Dieser Vorgang erklärt sich folgendermassen: Die durch heftige Winde im Thale zusam
mengewehten und gegen den Damm getriebenen Schneemassen, durch diesen Damm in ihrem Flug
gehindert, erstiegen nun dessen Böschungen und überflogen seine Oberfläche mit einer aus dem
Böschungswinkel, der Gewalt des Windes und ihrer eigenen Schwere zusammengesetzten Flug
richtung. Der grösste Teil der Schneemasse schlug sich an und hinter der jenseitigen Böschung
nieder, während ein anderer Teil, auf dem Bahnplanum und zwar unterhalb der Ueberführungskurve
— in dem sogen, toten Winkel Aufenthalt nahm, und sich dort — das Planum bis zu 0,50 Meter
überlagernd — niederlegte und dessen Befahrung verhinderte.
Durch Anlage einer dreireihigen, 5 Fuss von dem Bahnrand abstehenden Fichtenpflanzung
auf der Böschung wurde eine kräftige Schutzwehr geschaffen und der Ueberlagerung mit Schnee
für immer gewehrt. Andere nennenswerte Unterbrechungen oder Störungen hat der Betrieb nicht
erlitten und hat sich die Bahn überhaupt in allen ihren Teilen als ein solides Bauwerk bewährt.
Ihre Eröffnung geschah in Teilstrecken.
Esslingen—Plochingen wurde am 14. Dezember 1846,
Plochingen—Süssen am n. Oktober 1847,
Süssen—Geislingen am 14. Juni 1849,
Geislingen—Ulm am 1. Juni 1850 eröffnet.
Die hauptsächlichsten Bauten der Ostbahn einschliesslich der östlichen Hälfte der Zentral
bahn sind: