Full text: China

Die Grenzen 
II 
ablagerung des Yangtsekiang, neuerlich keine Verlandung beobachtet 
wird. 1 ) 
Die Insel Hongkong vor der Mündung des Sikiang, die die Engländer 
1842 China politisch entrissen haben, ist mit ihrem prachtvollen, von 
steilen Granitfelsen umgebenen Hafen Victoria, als zu weit vom Fest 
lande entfernt, von der Verschlammung noch nicht so gefährdet. 
Malerisch von hoher Schönheit wie Hongkong sind auch die Inseln 
des genannten TscAwsaw-Archipels am Nordende des südchinesischen 
Küstenbogens, der eine besonders weit in das Meer vorspringende 
Fortsetzung der südchinesischen Gebirgsketten, ja sogar eines be 
sonders bemerkenswerten Teiles darunter (vgl. S. 49), ist. 
Nordwärts von hier beginnt der zweite Teil der chinesischen Küste, 
der bis zur Nordgrenze reicht. Er hat einen völlig anderen Charakter 
als der vorhergehende. Die Gebirge verschwinden, der Strand wird 
ganz flach. Einzig in der Halbinsel Schantung, der größten, die Chinas 
Küste besitzt, treten noch einmal Steilküsten auf. Mit Ausnahme 
dieses Halbinselvorsprungs verläuft die Küste ziemlich geradlinig. 
Größere Einbuchtungen besitzt sie nur sogleich im Süden in der Bucht 
von Hangtschou und im Norden in der Einbuchtung an der Mündung 
des Paiho. 
Im Süden wird diese Küste gebildet von dem Schwemmland des 
Yangtse-Deltas. Der Riesenstrom führt so gewaltige Massen gelb 
braunen Schlamms mit sich, daß die See weithinaus davon gefärbt 
wird. Ähnlich wirken auch die weiter nördlich mündenden Flüsse. 
Deshalb heißt das östliche Meer von hier ab nordwärts Hwanghai, das 
„Gelbe Meer“. Und zwar nennt man den südlichen Teil bis zur Ver 
engerung zwischen der Ostecke der Halbinsel Schantung und der West 
küste von Korea das äußere, den nördlichen das innere Gelbe Meer. 
Letzteres greift als ein geschlossener Meerbusen mit drei Buchten, den 
Golfen von Petschili, Liautung und Korea, in das umgebende Festland 
ein. Im inneren Gelben Meere stammt die Hauptmenge des gelblichen 
Schlammes von dem ganz besonders sedimentreichen und ebenfalls 
danach genannten Hwangho, dem „Gelben Flusse“. Möglicherweise 
ist einmal die ganze Ausdehnung des nordchinesischen Flachlandes, 
die Große Chinesische Ebene, ebenso wie das Deltaland des Yangtse 
kiang eine Meeresbucht gewesen, in der dann das Bergland von 
Schantung als Insel lag, und durch die Aufschüttungen dieser Flüsse 
erst in Land verwandelt worden, ähnlich wie das Pogebiet Italiens 
1) v. Richthofen, Geomorphologische Studien aus Ostasien. Sitzber. d. 
Ak. d. Wiss. Berlin, Bd. XXXIV (1901), S. 796. Reclus, Geogr. Univ. VII, 
S. 406. Vgl. dazu Tiessen, China I, S. 175.
	        
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