das Festland geht in der Linie des schwächsten Widerstandes, richtet
sich gegen das zur Zeit schwache China. Die zeitweilige Besetzung
der Gebiete um Wladiwostok, also sowjetrussischen Landes, un
mittelbar nach dem Kriege, hat den Japanern wohl gezeigt, daß
hier in einem klimatisch für sich noch schwierigeren Gebiete auch
geistig, d. h. im Kommunismus, Gefahren und Schwierigkeiten lie
gen, mit denen man sich vorläufig lieber nicht auseinandersetzt.
Aber die Bedeutung der von den Japanern schon jetzt erstrebten
mongolisch-mandschurischen Randgebiete für die Russen und vor
allem der Nordmandschurei mit ihrem ostchinesischen Bahnnetz
— das bislang mit seiner russisch-chinesischen gemeinschaftlichen
Verwaltung die wichtigste Verbindung aus Innerrußland nach dem
wertvollen und unentbehrlichen Außenbesitz am Gelben Meere,
nach Wladiwostok bildete — läßt erkennen, daß hinter dem Kon
flikt mit China für Japan gewaltige Fragen eines erneuten Zu
sammenstoßes mit dem weißen Manne liegen, mit dem man aller
dings 1904/1905 sich schon einmal erfolgreich schlug, aber zu Zeiten,
da die Bedingungen für Rußland sehr ungünstig und für Japan
verhältnismäßig günstig lagen. Sie liegen auch zur Zeit für Rußland
zweifellos nicht günstig, und das ist der einzige Grund, warum
Japan bei seinem heutigen Festlandsvorgehen noch nicht auf den
Gegner Rußland stößt. Aber alle Anzeichen deuten darauf hin, daß
sich sowohl Japan wie auch Rußland über die kommenden Gegen
sätze im klaren sind und schon heute sich ernstlich darauf vorbe
reiten.
Der heutige Gegner Japans auf dem Festlande ist China, ein
Land von riesigen Ausmaßen, an dessen Einheitlichkeit innere Bür
gerkriege und äußere Feinde rütteln, dessen Übervölkerung nicht
minder groß ist, wie diejenige Japans, wenn man von seiner Ober
flächenausdehnung die unbesiedelbaren oder doch nur unter phan
tastischen Kapitalinvestierungen zu erschließenden Gebiete abzieht
und nur den ackerfähigen Boden rechnet. Sicherlich kann in künf
tigen Zeiten die Industrialisierung, vor allem auch im Anschluß an
die in nahezu unbegrenztem Maße zur Verfügung stehenden Boden
schätze und Arbeiterreservoire, Millionen von Menschen beschäf
tigen, selbst wenn China nur für seinen eigenen Heimatbedarf
arbeiten wollte! Aber auch dazu fehlte bislang und fehlt heute das
Kapital und es wird auch in übersehbarer Zukunft fehlen. So sah
auch China in den letzten Jahrzehnten sein Heil in einer groß
zügigen Auswanderungspolitik nach Süden und nach Norden hin.
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