Die bauliche Cntwicklung 'S»
wurde auch dieses durch Hnbauten verunstaltet, 1845 und 46 verwandelte König Wilhelm I.
den einstigen Prachtbau mit Vernichtung seiner formen in das Cbeater, das im Januar 1902
abbrannte. Herzog Wilhelm von Qrach hatte einen großen Ceil der Bildbauerarbeiten auf den
Lichtenstein gerettet, anderes kam in die Villa Berg. Hls die Brandruinen abgeräumt wurden,
fand man im Gemäuer die nördliche freitreppe größtenteils erhalten: sie hat im Grün der unteren
Anlagen eine malerische Aufstellung gefunden. — Georg Beers Wohnhaus stand an der Stelle
des Hauses der Württembergischen Bankanstalt, 6<ke der Calwer- und Lindenstraße, und trug
an einer Konsole sein Brustbild mit einer gereimten Jnfcbrift und der Jahreszahl 1586.
Dem Andenken seiner Vorfahren widmete Herzog Ludwig die Reibe jener elf Standbilder
an der Dordwand des Chors der Stiftskirche, die er von Sem Schlörs kunstfertigem Meißel
herstellen ließ: lebendig aufgefaßte Gestalten in fein behandelter (Umrahmung. 1580 begann er
den Bau des Landschaftshauses, das, feit 1876 neu hergestellt, jetzt den Sitzungen der Kammer
der Standesherren dient. Der Stadt gab er 1578 das neue Pfründnerspital hinter der Hospital-
kirche, das schon oben genannte Schießhaus beim Sebastians- oder Büchsentor; das letztere hatte
er für feinen Einzug nach feiner Vermählung 1575 neu aufbauen lassen. Der künstlerische
Schmuck, den das Rathaus, wie oben erwähnt, im Jahr 1582 erhielt, wird ebenfalls auf ihn
zurückzuführen fein.
Die prachtliebe, die fierzog fiuediucb I (1593—1608) an seinem Hof entfaltete, kommt
auch in den Kunstbauten zum Ausdruck, die er in der Umgebung des Schlosses errichtete, nach
dem er 1596 die Häuser auf dem Alten Schloßplatz, darunter „viele heillose und unansehenliche"
entfernt hatte, schmückte er ihn mit einem köstlichen Brunnen, gab der Brücke, die von hier
aus zum nördlichen Gingang des Schlosses über den Graben führte, ein mit „amerikanischen"
figuren und (Kappen reich verziertes Portal, fügte 1599 an die Südoftecke der Kanzlei das
schlanke Uürmcben in Gestalt einer Säule, das für ein Wasserwerk zur Speisung der verschiedenen
Brunnen im Schloß bestimmt war. Sein von dem oben genannten Maler Dietterlin entworfenes
Kapitell trägt feit der Erneuerung der Säule durch 6gle (1862) die Erzfigur des Merkur von
Giovanni da Bologna. — Von 1598—1609 ließ friedrieb, etwa auf der Stelle der jetzigen Ge
müsehalle, durch Heinrich Schickhardt, den ebenbürtigen Schüler und einstigen Gehilfen Georg
Beers, den sogenannten ßeuen Bau als flßarftall und Rüstkammer aufführen. Eine Reife,
die Schickhardt 1598 nach Jtalien machte und im Winter 1599—1600 mit seinem fürsten wieder
holte, gab ihm Anregung, die formen der italienischen Renaissance mit denen der deutschen zu
verbinden. Der in den edelsten Verhältnissen gehaltene, länglich viereckige Bau zeigte reiche
fensterarchitektur, an den Ecken vier das Dach überragende Cürme — die vorderen viereckig,
die an der Rückseite gegen den Schloßgarten sechseckig —, in welchen die Kreppen angeordnet
waren. Das Erdgeschoß enthielt den gewölbten, verschwenderisch eingerichteten Marstall, das
erste Stockwerk einen reich ausgemalten festsaal mit umlaufender, von Säulen getragener Galerie,
in den beiden oberen waren die Schätze der Kunst- und Rüstkammer, denkwürdige Waffen und
allerlei Seltenheiten, untergebracht. Jm Jahre 1711 wohnte die Grävenitz darin, 1757 brannte
der herrliche Bau aus und blieb Ruine, bis er 1782 abgetragen wurde.
Km das „Schloß“, wie der von Herzog Christoph begonnene fürftenfitj seit feiner Voll
endung unter Herzog Ludwig (1570) hieß, reihten sich noch weitere, zur Hofhaltung gehörige
Bauten, die wir — auch die erst später entstandenen — der Keberfichtlichkeit halber hier auf
führen. Südöstlich vom Schloß stand das Harnischhaus: die dort „zu Schimpf und Ernst"
verwahrten Rüstungen konnte man rasch erreichen durch einen Gang, der über die anstoßende
Stadtmauer lief. Südwestlich lag der alte Marstall, den Herzog Christoph durch einen neuen