4 Christian Doppler.
Auf eine vollständige und erschöpfende Erklärung sämmtlicher
bisher bekannter Lichterscheinungen nach diesem Principe, scheint
es, wolle man es ankommen lassen, diese wolle man abwarten und
sodann erst versuchen, ob man sich mit wahrhafter Ueberzeugung
dieser neuen Voraussetzung zuzuwenden vermögen wird.
Indessen giebt es bekanntlich sehr viele, die, wiewohl sie
den Werth analytischer Ergebnisse in vollem Masse zu würdigen
wissen, gleichwohl einen derartigen durchaus glücklichen Erfolg
noch sehr bezweifeln und geradezu auf die Schwierigkeiten auf-
merksam machen, [468] denen im steigenden Masse diese neuere
Theorie entgegen geht*), — Laplace und Poisson, welchem
Letzteren die Lichttheorie so viel verdanket, waren bekanntlich
bis zum letzten Augenblicke ganz entschieden gegen diese neue
Modification der Undulationstheorie, und haben diese ihre Ueber-
zeugung, wo sich nur immer die Gelegenheit hierzu. darbot,
mit Offenheit und ohne allen Rückhalt ausgesprochen. Auch
Herschel dA. J. hält diese Ansicht über die. Natur des Lichtes
(man sehe dessen Werk über das Licht, S. 540) durchaus noch
nicht für die richtige und wahre, und er scheint sie nur einst-
weilen, ihrer Erfolge wegen, mehr dulden als vertheidigen und
pflegen zu wollen. Dieser Meinung scheinen auch Brandes
und viele andere höchst achtbare Physiker der Jetztzeit zu sein,
und es ist überhaupt sehr die Frage, ob nicht selbst die eigent-
lichen Vertheidiger der transversalen Schwingungen, wenn sie
von den glücklichen Resultaten ihres Calcüls absehen, einge-
*) Das Aberrations-Phänomen als solches darf wohl heut zu
Tage, wo es bis auf die feinsten Details durchgeprüft erscheint,
für fast ebenso constatirt angesehen werden, wie irgend eine andere
Erscheinung in der Lehre vom Lichte. Unter Voraussetzung longi-
tudinaler Aetherschwingungen bietet die Erklärung desselben nicht
die geringste Schwierigkeit dar, ja folgt mit Nothwendigkeit aus
der Zusammensetzung der Aetherwellen mit. der eigenen fortschrei-
tenden Bewegung der Erde. Nicht aber lässt sich ein Gleiches
bei Annahme transversaler Schwingungen behaupten. Fresnel, der
Mitbegründer der neueren Undulationslehre, hat dieses bekanntlich
selbst anerkannt. Aber nicht nur nicht zu ‚erklären vermag man
dieses Phänomen nach dieser Voraussetzung; sondern es scheint
sogar mit der neuern Undulationslehre in einem offenbaren und
directen Widerspruche zu stehen. Sollte hierin für die eigentlichen
Vertreter dieser Lehre nicht eine sehr bestimmte Aufforderung
liegen, die, Zulänglichkeit ihres Principes vor Allem an der Er-
klärung dieser Erscheinung zu erproben? — Bis dahin aber, wo
dieses geschehen sein wird, dürfte wohl auch unserem gegenwärtigen
Erklärungsversuche die gleiche billige Beachtung und Prüfung
kaum versagt werden können. —