Full text: Augsburg, Bd. 8 (1928 / 33)

Einleitung 
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Erzeugnissen seines Geistes weiteste Verbreitung wünschte, betrachteten 
diese Chronisten ihre Werke meist als ihr oder der damit Beschenkten 
„Eigenes", als „Geheimbücher", die sie, wenn sie sie überhaupt aus 
der Hand gaben, nur Verwandten oder ganz zuverlässigen Freunden 
zum Lesen oder Abschreiben liehen und ihrem Kloster oder, soweit 
sie Weltliche waren, den Kindern und Enkeln als kostbares Erbstück 
hinterließen 1 . 
Die „Neuen" hingegen ließen sich an der Freude zur Sache, die 
allerdings auch sie beseelte, und an dem Bewußtsein, ein nützliches 
Werk geschaffen zu haben, nicht genügen, sondern wollten für ihre 
Arbeit auch einen klingenden Lohn, und betrieben, um diesen zu ge 
winnen, die Anfertigung von Chroniken und anderen „Histori- 
büchern" zum Teil gewerbsmäßig, arbeiteten auf Bestellung oder 
vervielfältigten die von ihnen hergestellten Handschriften und ver 
kauften die Kopien an Liebhaber. Ja, am liebsten hätten sie als echte 
Augsburger, die „auf jedem Weg" Geld zu machen versuchten, wenn 
zu hoffen gewesen wäre, daß der Rat es gestatte, alles in den Druck 
gegeben, worin ihnen anderwärts ja viele, die hierin freiere Hand 
hatten, vorausgegangen. 
Im übrigen aber stehen die genannten „neuen" Chronisten in 
dem, was sie als solche geleistet, durchaus nicht auf gleicher Höhe. 
Mail erscheint zumeist als Sammler, Schieß als Abschreiber und 
Bearbeiter der Werke anderer, während Jäger, der neben seinen 
übrigen Dienstleistungen auch vorübergehend als städtischer Archivar 
„gebraucht" wurde, sich vor allem verdient machte als „Forscher", in 
dem er mehr als irgendeiner seiner Vorgänger bei seinen Arbeiten 
meist auf archivalische Quellen — Urkunden, Akten, Rechnungen, alte 
Steuer-, Ungeld-, Leibgedingbücher, Missive, Ratsdekrete u. dgl. — 
zurückgriff. Auch in der Darstellungsweise ging er über die überlieferte 
Form öfter hinaus, indem er, angeregt von den alten Historikern — 
römischen und griechischen —, die er in Übersetzungen kennen gelernt 
hatte, an die Stelle rein chronikalischer Berichterstattung da und dort 
eine Art Pragmatischer Erzählung treten ließ; so in seinem Zunftehren 
buch und in dem Vogtbuch 1 2 . Überhaupt hat er als „Historicus" viel mit 
den Humanisten gemein, betont gern den moralischen und politischen 
1. Siehe z. B. die „Vorred" zur „Cronica alter vnd newer geschichten" von 
Wilhelm Rem im V. Bd. der Augsb. Chron. S. 1 f. 
2. S. zu diesen Arbeiten Dirr, I. c., S. 1 ff.
	        
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