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Einleitung
kurzerhand, Schieß habe „sein geschriben Chronica auf die Cantzley zu
liefern" 4 . Dort wurde sie von einem hierzu „Verordneten" durch
gesehen und für so gefährlich gehalten, daß der Rat nicht nur die
Erlaubnis zum Drucke verweigerte, sondern sie sogar zurückbehielt.
Als Pflaster für die Wunde, die den: Autor damit geschlagen wurde,
erhielt dieser nach ziemlich langer Zeit — erst am 27. Oktober 1589 —
auf Anweisung des Rates vom städtischen Baumeisteramt eine „Ver
ehrung" von 60 Gulden 2 . Das war, da ja die Herstellung des Werkes
mit verschiedenen Kosten verbunden gewesen, eine nicht gerade splen
dide Abfindung, an der der „Bedachte" um so weniger Freude haben
konnte, als ihm damit auch jede Aussicht, irgendeine andere seiner
Chroniken in den Druck zu bringen, abgeschnitten wurde. Im übrigen
verfuhr der Rat bekanntlich auch mit der Gasserschen Chronik nicht
anders. Auch diese hielt er vom Druck fern, und als 1593 doch damit
begonnen worden war, erwirkte er dessen Einstellung 2 .
Daß Schieß seine Chronik zum weitaus größten Teil aus anderen,
erst vor kurzem entstandenen Chroniken geschöpft, hat er, um ihren
Wert nicht herabzusetzen, in seinem Gesuch an den Rat nicht gesagt.
Was er in den Fortsetzungen zu Chronik2 beigebracht, sind, wie
schon erwähnt, meist nur zufällig erhaschte Neuigkeiten ohne besonderen
Wert und Schriftstücke, die ihm durch seinen Beruf als Schreiber zur
Hand gekommen. Immerhin erwies sich die vom Rate unter Ver
schluß genommene Chronik als ein nützliches historisches Nachschlag
buch, das mit der Zeit fast „kanonisches Ansehen" gewann. Wie sehr
man es schätzte, zeigt der Umstand, daß man amtlich ein ausführliches
alphabetisches Register der in ihm verzeichneten Begebenheiten an
legen ließ, das noch jetzt im Augsburger Stadtarchiv vorhanden ist 4 .
Die anderen Chroniken Schieß' erfreuten sich ähnlich wie die Mairs
1. Vermerk auf der Rückseite der Schießschen Eingabe.
2. BR. 1590, Bl. 119, 27. Oktober 1589: „60fl Abraham Schießen für aine
Augspurger Cronica, so er ainem e. rath überantwortet."
3. Siehe Stetten I lQuellenübersicht), I, 2, Frensdorfs <Einleitung zum
>. Bd. der Augsb. Chron.) S. XLV, Zapf S. 8. — Erst 1595 erschienen die Gasser«
schen Annales <zu Basel) in deutscher Übersetzung, erst 1728 in der originalen lateini«
schen Fassung im I. Bd. von Menckens 8cript rer. 0errn.
4. Alphabetisches Register über eine von Burckard Zencken ange-
fangene, von einem Anonymus aber und Abraham Schießen bis auf
das Jahr 1588 fortgesetzte und in gemeiner Stadt Archiv sich be
findende Augspurger Chronik in manuscripto. <Jm Konzept bis zum Buch
staben W, in der Reinschrift bis zum Buchstaben R reichend.) Schieß-Selekt.