Die Aufrichtung des Augsburger Zunftregiments
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dem montag nach Galli [23. Oktobers bis aufs Nicolai [6. Dezembers
tut 45 tag, gantz hefftig, mit großem ernst gehandlet hat, do hat am
gantze erbere gmaind ire erste und höchste freihait und Wahlen aufs
den aubent Nicolai zu halten fürgenomen, und an bemeltem tag
b haben alle zünften die zunftmaister und zwölfer getröstet 1 , und
volgens aufs den [57b] nechsten tag nach Nicolai s7. Dezember] habend
die erwölten zunftmaister die fünftzehen Herren von den bürgern zu
niemants wider se sein dürfen, sonder alles, was denselben gefallen, als für recht
und billich gehalten werden mueßt. so entstuende under den zünften am solcher
geprauch: welicher nicht vor Weihnächten am schwein zwai [70b] oder drei in seim
Haus schlachten ließ und seine geliepten zu gast hielte oder mit Würsten und pratten
verehret, sich auch sunst gegen seinen zünftigen fraintlich und dienstlich hielte, der
trueg nicht größere sorg, dann daß er zu weihennächten an der wähl durch die reittern
fallen und am zinlautterer mensch werden und bleiben mueßt, on was sonst mit
anlehen des geltz und anderem, so man sie mit malzeiten und gelt zu den Wahlen
locken und bringen mueßte, beschehen ist. hilf Gott, was ist dann durch die zunft
knechte und gefrainten beschehen, welche den armen maistern und insonders den
jenigen, so die äußere zünften gehapt, auch das handtwerck nicht getriben, sonder
im jar allain zu der wähl komen seind, durch allerlai Wege, welchen man wählen
soll, eingepildet worden und inen dieselben, so inen lieb und angenem gewesen,
als frontme, dienstlich emenner gelobet worden, damit jederzeit arme leute, so etwan,
<wie man sagt), weder gatzen noch air legen künden, auch weder gewandert noch
erfaren, zudem weder lesen noch schreiben gelernet, zu zunftmaistern erwölet
worden, die alsdann an dem rat gar bald verarmet und von dem rat mit ämptern
begehen worden seind, darauff es darin von inen erstlich angesehen worden ist.
mit diser gestalt ist es [71 a] bei den gemeinen handtwerckern zuletzt dahin komen,
daß man mer die Personen dann den rat, [onangesehen, daß solches alles laut der
aidsform vom rat schwerlich verpotten gewesen), in den wählen bedacht und ver
sehen hat. vast solcher gestalt ist under denen handtwerckern, so stattliche und ver-
mügliche Personen under inen gehapt, auch beschehen, welche in den wählen allain
dahin gesehen haben, wie sie harte und rauhe Personen [hineinbringenj, welche inen
ire handtwercksordnungen, [es bescheche dem gemainen nutz genueg oder nicht),
mit gemalt verbessern, erhalten und hinausbringen mögen."—Besonders heftig
waren natürlich die Kämpfe in Zeiten wichtiger Entscheidungen; vor allem im
Zeitalter der Reformation, in dem es natürlich von höchster Bedeutung war, welche
Männer an der Spitze der Zünfte und des Rates standen. Die Prädikanten der
Stadt, namentlich die Zwinglischen, und unter diesen wieder besonders Michael
Keller und Wolfgang Musculus, verstanden es trefflich, für die „Ihrigen" Stim
mung zu machen, und wußten, wenn sie vor der Bürgermeisterwahl bei St. Peter
die Predigt zu halten hatten, den Bürgermeister „nach dem Herzen Gottes", ohne
Namen zu nennen, so genau zu beschreiben, daß niemand im Zweifel sein konnte,
wen sie meinten. S. hierzu etwa: Germann, v. Johann Förster <1894), S. 240f.,
244 f.
t. Daß die Zunftwahlen am Nikolausabend stattfanden, sagt außer Jäger keine
andere Quelle; doch steht nichts im Wege, was die Richtigkeit dieser Angabe zweifel
haft machen könnte. Was die gewählten „Herren" bekifft, so werden 13 dem alten
Herrenrate entnommen, 2— Johann Hangenor, KarlGolnhofer— kamen neu dazu.
Bon den Zunftmeistern finden sich 14 unter denen, die den ersten Zunftbrief als
Vertrauensleute der Gemeinde unterschrieben haben; vier Neue: Hans Fideler und
Hans Wessisbrunner, Konrad Straßgut und Marquart Kobolt. Da die
Bürgermeister und Baumeister von 1368 auch die von 1369 waren, wird anzu
nehmen sein, daß der ganze Rat von 1368 im folgenden Jahre geblieben ist.