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Einleitung
frevle Rebellion" in den Besitz des Stadtregiments gekommen und
habe die von ihr erlangten Vorteile den „Herren" gegenüber in ge
walttätiger, unzulässiger Weise ausgebeutet, als ganz oder fast ganz falsch
und unberechtigt zu erweisen. Um dieser Apologie aber eine feste Grund
lage zu geben und darzutun, daß die durch den „Aufstand" der „Ge
meinde" in Augsburg zur Einführung gelangte demokratische Ver
fassung die beste sei und anderswo schon in den ältesten Zeiten bestanden
habe, macht Jäger einleitend einen flüchtigen Rundgang durch die Ge
schichte der wichtigsten Völker des Altertums, wobei er zeigt, daß sich
diese unter einer solchen Regierung immer wohl befunden hätten,
aber bei Veränderung derselben in aristokratischer und monarchischer
Richtung früher oder später auf abschüssige Bahnen geraten wären.
Zuletzt kommt er an die Römer, bei denen er länger verweilt. An
fangend mit der Zeit der Könige, berichtet er ausführlich die Vor
gänge, die die Beseitigung der Königsherrschaft herbeigeführt, in der
von ihm breit vorgetragenen „Historie" der keuschen Lukrezia, die
gerade damals Erzählern, Dichtern und Künstlern einen außerordent
lich willkommenen Stoff darbot. Von da geht er dann über auf die
nach der Vertreibung des Tarquinius erfolgte Aufrichtung „des freien
Standes" bei den „werden" und „edlen" Römern — so nennt er dies
von ihm hochgeschätzte Volk fast ständig — und gestattet sich im An
schluß daran einen auf den ersten Blick seltsamen Exkurs. Um nämlich
darzutun, wie sehr die Augsburger Stadt- und Ratsverfassung
mit den Verhältnissen der „herrlichen" römischen Republik zusammen
stimme, bespricht er an der Hand des Livius, Fenestella, Pom-
ponius Laetus und anderer die Aufgaben der einzelnen hohen
römischen Magistraturen, zeigt dann, meist aus Livius und Valerius
Maximus schöpfend, mit welcher Gewissenhaftigkeit die römischen
Ämterträger sich ihren Pflichten unterzogen, um dann in einer „Ab
gleichung" genannten Gegenüberstellung zu erweisen, daß die Ämter,
durch die seit 1368 das Augsburger Staatswesen regiert wurde, im
wesentlichen ganz den römischen entsprochen. Solche „Abgleichungen"
lagen im Geiste der Zeit, in der man sich die Zustände des Altertums mit
leidenschaftlichem Eifer zu veranschaulichen suchte und dabei auch auf
manche Spielerei verfiel. Die Übersetzer römischer Historiker nahmen
nicht den mindesten Anstand, das Wort „Consul" mit „Bürgermeister",
„Prätor" mit „Schultheiß" usw. wiederzugeben, und stellten zuweilen,
um ihre Leser mit dieser Terminologie bekannt zu machen, in den