Full text: Augsburg, Bd. 9 (1929 / 34)

44 
Weberchronik vori Clemens Jäger 
von diser schlacht, wie, wann, wo, von wem und aus was Ursachen die 
beschehen, laudt warer, alter beschreibungen zu dem treulichsten an- 
zuzaigen, zu beschreiben und zu verzaichnen.» 
a) Hdschi.: „anzaigen, berichten und vertzaichnen will". 
sollte, sind Prunkstücke, die man bei der im Jahre 1559 im Dom abgehaltenen „Be 
singnus" Kaiser Karls V. benützt hatte, und auch die anderen „Reliquien", die die 
Weber bei ihren Umzügen zur Schau zu stellen pflegten, würden bei näherer Unter 
suchung wohl ebenso schlecht bestanden haben. Inwieweit Jäger bei der schriftlichen 
Festlegung der Sage etwa in dem einen oder anderen Punkt über die Tradition hin 
aus zur Ausschmückung der Sache seine Phantasie hat spielen lassen, ist natürlich nicht 
festzustellen. Hat er es getan, so nahmen es ihm die Weber gewiß nicht übel; sie 
durften ja auch wohl annehmen, daß er als ihr Archivarius, der die „alten Schriften" 
vor sich gehabt, besser wissen mußte, „wie es gewesen", als sie.— Sehen wir uns 
nun Jägers Bericht über die ganze Lechfeldschlacht und über das, was ihr unmittel 
bar vorausging und nachfolgte, an, so ergibt sich sofort, daß er mit den von ihm 
hierfür benützten Quellen sehr sorglos, ungenau und willkürlich umgesprungen. Er 
hat sich anscheinend wenig bemüht, das ihm von seinen Vorlagen Gebotene geistig 
zu durchdringen, und dadurch verschuldet^ daß seine Darstellung vom Ansang bis 
zum Schluß von Verstößen gegen die zeitliche Folge der einzelnen Vorgänge und 
von sonstigen Unrichtigkeiten aller Art strotzt. So legt er, um nur einiges hier heraus 
zuheben, unbegreislicherweise die Hauptschlacht, die am 10. August, dem Tage des 
hl. Laurentius, stattgefunden, auf den 16. Juli, hat von dem Eingreifen des Arnul- 
singers Berchtold nur sehr unbestimmte Vorstellungen und erwähnt die Ansprache, 
die König Otto an seine Krieger richtete, nachdem der zur Rettung der rücklings 
vom Feinde angegriffenen Heeresteile ausgesandte Konrad von Franken siegreich 
zu ihm zurückgekehrt war, ein paarmal in falschem Zusammenhang, wie er auch 
sonst seine Erzählung mit Wiederholungen beschwert und dadurch den Faden ver 
wirrt. Auch läßt er die Ungarn, ihren Zug mit dem von 954 und früherer Jahre 
zusammenwerfend, vom Süden und Südosten her ins Reich einbrechen, während 
sie sich diesmal von den Ostmarken her über Bayern und von da über Schwaben 
bis an die Iller ergossen hatten. In formaler Beziehung stören die kirchengeschicht 
lichen Exkurse, die er einschiebt, weil er es auch hier nicht lassen kann, seiner 
Abneigung gegen das „Pfaffentum" und das „Papsttum" Luft zu machen. Um 
den aus so vielen Einzelmomenten bestehenden Stoff besser übersehen zu können, 
hat er ihn, wenn auch nicht fest bei der Stange bleibend, in der Art zu gliedern 
versucht, daß er seinen Blick zuerst auf den König und das in die Nähe der Stadt 
Augsburg heranrückende Reichsheer richtet, dann, die Person des Bischofs Ulrich 
in den Vordergrund stellend, zu dem übergeht, was sich inzwischen in und vor 
Augsburg ereignet hatte, und endlich wieder zum König zurückkehrt, um nun den 
Gang der Schlacht bis zum erfochtenen Siege zu verfolgen. Daran reiht sich dann 
noch ein Schlußkapitel und eine Episode. In ersterem berichtetJäger, seinenQuellen 
folgend, von der Einkehr Ottos in Augsburg am Abend der Schlacht, von der Dank 
sagung der Gott die Ehre gebenden Sieger, von ihrer Trauer über den Tod Könrads 
von Franken und zweier naher Verwandter des Bischofs Ulrich, von der am 11. August 
und den nächsten Tagen fortgesetzten Verfolgung und Vernichtung der geschlagenen 
Ungarn, von dem Wiederaufbau der beim ersten Ansturm derselben zerstörten 
St. Afrakirche durch den Bischof und von der Gründung des St. Stephanklosters, 
das nach der Absicht Ulrichs ein Asyl für die Töchter in der Schlacht gefallener 
schwäbischer Herren sein sollte. Die Episode aber ist der Anteil der Weber an der 
Lechfeldschlacht, von dem wir oben sprechen mußten. Der Wunsch, den Ruhm, den 
sie sich hierbei errungen, zu verewigen, war, wie Jäger selbst sagt, der Antrieb zu 
feiner Beschreibung der Schlacht, und von diesem Gesichtspunkt aus muß man 
diese, wenn sie richtig gewürdigt werden soll, beurteilen. Die Heldentat der Weber, 
die, wie er zeigt, ihre Tapferkeit auch später noch oft bewährten, war ihm der Kern
	        

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.