Full text: Neubauten und Concurrenzen in Österreich und Ungarn : Organ für d. Hochbaufach u. seine Interessenten, III. Band (1897)

Neubauten und Concurrenzen, 
Seite 75. 
  
  
  
Nr. 10. 
tung Wiens für die Gewinnung und den Absatz dieser 
Baumaterialien geschaffene günstige Marktlage dauerte in 
der Berichtsperiode (1896) fort, und waren infolgedessen 
die Bruchsteinbrüche sehr gut, die in ziemlich beschränktem 
Umfange betriebenen Werksteinbrüche genügend bescháf- 
tigt. Bei dieser Sachlage und der ihr entsprechenden reich- 
lichen Entlohnung der Arbeiter ruhte die Strikebewegung 
vollständig. Von den hier sich eng anschliessenden Stein- 
metzarbeiten hebt der Bericht hervor, dass die grósseren 
Steinmetzgescháfte in der Berichtsperiode quantitativ ziem- 
lich gut beschäftigt waren, da das rasche Fortschreiten der 
Stadtbahnbauten, der Canal-, wie auch der Kirchenbauten 
einen starken Bedarf an Steinmetzarbeiten hervorriefen. 
Dagegen blieb die Nachfrage von Seite der Privatbauten 
schwach. Stuccatur verdrängt den soliden Stein, so dass 
sich die Thitigkeit des Steinmetzes fast lediglich auf die 
Lieferung der nothwendigsten Stiegenstufen ‚beschränkt. 
Die für die Um- und 
  
auf dem hiesigen Platze wesentlich erhöhten communalen 
und privaten Bauthätigkeit rief einen sehr beträchtlichen 
Bedarf von Portland- und Romancement hervor. Da 
jedoch ein grosser Theil der einschlägigen. Lieferungen 
auf Grund von Sehlüssen aus dem Jahre 1895 und sogar 
1894 effectuirt wurde, konnte schon deshalb bei der 
Deckung derselben eine Preisbesserung nicht erzielt 
werden. Aber auch bei den in der Berichtsperiode zur 
Vergébung gelangten namhaften Cementlieferungen konnte 
nicht nur mit höheren Forderungen nicht durchgedrungen 
werden, sondern es mussten in manchen Fällen selbst 
neuerliche Preisnachlässe zugestanden werden. Denn 
mangels grösserer Bauten von Eisenbahnen und Wasser- 
strassen in den Provinzen bildete der Wiener Baumarkt 
nach wie vor den Gegenstand der Bewerbung der ge- 
sammten einheimischen Cementindustrie, so dass trotz 
des sehr bedeutenden Bedarfes des Wiener Platzes das 
Angebot den Begehr von 
  
Neubauten gewährte 
partielle ^ Steuerfreiheit 
hat dem Gewerbe inso- 
ferne nicht besonders 
ützt, als der grösste 
Pheil der couranten 
beiten von auswärts 
fert wurde. Wah- 
il in früheren Jahren 
einschliesslich 1880 
; für Bauten zu Stie- 
genstufen erforderliche 
Material aus den nieder- 
österreichischen und den 
ingrenzenden ungari- 
schen Brüchen beige- 
stellt und in Wien aus- 
gearbeitet wurde, erfolgt 
letzteres gegenwärtig 
nur ausnahmsweise in 
geringem Umfange, und 
hat die Platzarbeit fast 
nur das Versetzen fer- 
tiger Ornamente an Ort 
und Stelle zu besorgen. 
Schuld hieran tragen die 
Wiener Arbeitsverhält- 
nisse, da bei der fort- 
schreitend verkürzten 
Arbeitszeit und den 
hohen Arbeitslôhnen das 
Steinmetzgewerbe Wiens 
mit den Steinmetzen 
Ungarns, : Bóhmens, 
Schlesiens und des Karst- 
cebietes nicht concurriren kann.« 
»Das von den niederósterreichischen  Brüchen be- 
triebene Monumentgeschäft hat theils unter der Ein- 
fuhr fertiger Granite aus Bôhmen und Schlesien, theils 
aber durch capitalsschwache Abnehmer so gelitten, dass 
die Marmorbrüche über Unsicherheit des Absatzes klagen. 
Die Rentabilität des Gewerbes hat, nachdem die Preise 
der Rohstoffe gestiegen, jene der fertigen Waare aber 
der massenhaften Einfuhr aus anderen Kronländern wegen 
unverändert geblieben sind und die Abrechnung mit den 
Parteien selbst bei verabredeten Preisen vielfach mit 
Schwierigkeiten verbunden ist, trotz des grösseren Be- 
darfes sich jedenfalls verringert, und dadurch hat auch 
die gedeihliche Entwicklung der Branche gelitten.« 
»Gyps. Der Consum von Kern- und Dielengyps 
hat im vergangenen Jahre soweit zugenommen, dass die 
Mehrzahl der bestehenden Gypswerke bis zu drei Vier- 
theilen ihrer Leistungsfihigkeit beschiftigt war; dagegen 
zeigte sich für die feineren Sorten weniger Begehr.« 
»Hydraulische Bindemittel. Die im Berichts- 
jahre nahezu in vollem Umfange aufgenommene Aus- 
führung der Wiener Verkehrsanlagen im Verein mit der 
Fig. 4, 
  
hydraulischen Binde- 
mitteln stets überragte. 
Aber auch der Umstand 
beeinträchtigte die Preis- 
stellung, dass die Frage 
nach der Qualität des 
Cementes bei den Ab- 
nehmern bedauerlicher- 
weise vielfach in den 
Hintergrund tritt und bei 
Schlüssen nur die billig- 
sten Preise das Entschei- 
dende sind. Die nächst 
Wien gelegenen Fabri- 
ken wurden, von der 
ungemein scharfen Con- 
currenz abgesehen, noch 
dadurch benachtheiligt, 
dass sie, der Lohnten- 
denz des Wiener Bau- 
marktes folgend, auch 
ihren Arbeitern bessere 
Lôhne zugestehen 
mussten. Die Vertheue- 
rung der Arbeit in Ver- 
bindung mit den eben- 
falls aufwärtsstrebenden 
Anschaffungskosten für 
Holz und Reifen zur 
Emballage des Artikels 
verursachten eine nicht 
belanglose Erhóhung der 
Gestehungskosten. Im 
Ganzen waren daher die 
niederósterreichischen 
Cementwerke, obwohl die überaus ungünstige Sommer- 
witterung die Baufortschritte im Allgemeinen sehr hemmte, 
dennoch befriedigend. beschäftigt, und die seitens. der 
Cementindustriellen der in Wien inaugurirten Bauära ent- 
gegengebrachten Hoffnungen haben sich nur insofern nicht 
erfüllt, als sie über sehr gedrückte Verkaufspreise klagen. 
Die Ziegeleien Wiens waren im Berichtsjahre 
zwar voll besetzt, doch wird ein bedeutender Ausfall in 
der Jahresproduction verzeichnet, der theils auf. die häufigen 
Regen während der Ziegelschlagscampagne, theils auf die 
angeblich quantitativ immer geringer werdende Leistung 
der Arbeiterschaft zurückgeführt wird. Wenn man von 
den geringen Umsátzen absieht, welche in den Monaten 
Jänner und Februar deshalb gemacht wurden, weil die 
grösseren Fabriken in ihren Abgaben rückhültig blieben, 
um den Anforderungen ihrer Clientel zu Beginn der Bau- 
saison und vor Erhalt neuer Waare entsprechen zu konnen, 
hatten alle Fabriken für ihre Erzeugung flotten Absatz, 
ohne dass während des ganzen Jahres eine. nennens- 
werthe Preisveränderung eingetreten wäre, 
Der Preis für 1000 Stück Mauerziegel loco Baustelle 
Wien bewegte sich während. des Berichtsjahres zwischen 
10* 
  
  
  
  
  
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.